High Energy aus Europas Norden
Frode Gjerstad Trio + Steve Swell
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
Das norwegische Frode Gjerstad Trio und der amerikanische Posaunist Steve Swell sind zu Gast in den Dissonant Series in der In Situ Art Society Bonn.
Der Saxophonist und Klarinettist Frode Gjerstad und der Schlagzeuger Paal Nilsson-Love haben schon seit vielen Jahren in unterschiedlichen Projekten miteinander gearbeitet. Auf dem Blow Out Festival 2011 in Oslo haben sie das Trio gegründet. Jon Rune Strom ersetzte später den Bassisten Oyvind Storsund. In dieser Formation haben sie bereits einige Alben produziert.
Frode Gjerstad und Paal Nilsson-Love sind wichtige Musiker der norwegischen Free Jazz- und Improvisationsszene. Beide spielen in unterschiedlichen Formationen mit Peter Brötzmann zusammen.
Mit Steve Swell verbindet Gjerstad ebenfalls eine langjährige musikalische Freundschaft und Zusammenarbeit in vielen Projekten. Nun sind sie gemeinsam auf Tour und überlegen, ob sie nicht zukünftig als Quartett fest zusammenarbeiten.
Die Musik des Trios ist durch Steve Swells Posaune um neue Klangfarben und Spielweisen bereichert worden.
Auf dem Konzert im Dialograum Kreuzung an St. Helena ist dies deutlich zu spüren. Paal Nilsson-Love treibt mit seinem energetischen Schlagzeugspiel die Musik voran, unterstützt von Jon Rune Strom am Bass. Mit dieser Rhythmusgruppe im Rücken können die beiden Bläser zu immer neuen Höhenflügen ansetzen. Aber Schlagzeuger und Bassist spielen nicht als traditionelle Rhythmusgruppe, sondern sind eigenständige Partner in der Band.
Während des Konzerts ergeben sich immer neue Duos, Trios oder Soli der Musiker, die dann in ein hoch energetisches Spiel des ganzen Quartetts münden. Wie Wellenbewegungen auf dem Meer entwickelt sich die Musik der Gruppe. Stürmischer Wind, alle Instrumente spielen schnell auf hohem Energielevel. Der Wind legt sich, Saxophon und Drums spielen ein Duo, die beiden nehmen sich zurück und es entwickelt sich eine spannende Improvisation des Bassisten. Nach einiger Zeit wird der Wind stärker Steve Swell setzt mit seiner Posaune ein, erhöht die Intensität und ein Bass/Posaune Duo entspannt sich. Paal Nilssen-Love kommt mit dem Schlagzeug dazu und treibt die Musik voran. Frode Gjerstad setzt mit dem Saxophon ein, spielt hohe schrille Linien. Der Wind wird wieder stürmisch, alle Musiker gehen in wilder Free Jazz Manier in die Vollen. Dann zieht sich die Rhythmusgruppe zurück und gibt Swell und Gjerstad Raum für ein rasantes Posaune/Saxophon Duo. Nach einiger Zeit kommt Strom mit wilden Bogenstrichen hinzu und Nilssen-Love schlägt rhythmisch mit Klanghölzern dazu.
Frode Gjerstad spielt neben dem Altsaxophon auch auf der Klarinette. Das erste Set klingt mit einem langen lyrischen Klarinettensolo aus, in das Bass und Posaune am Ende mit einsteigen.
Auch im zweiten Set entstehen immer wieder großartige Konstellationen. Das Set beginnt mit einem ausgedehnten Basssolo, das zu einem Bass/Saxophon Duo erweitert wird, das zu einem wilden Tutti führt. Im zweiten Set spielt Paal Nilssen-Love ein Solo und entfesselt ein wahres Schlagzeuggewitter. Immer wieder entwickeln sich atemberaubende Improvisationen in unterschiedlichen Formationen. Besonders Paal Nilssen-Love sorgt dafür, dass immer ein hoher Level an Energie und Dynamik gehalten wird.
Freie Improvisation, die immer neue unvorhersehbare Klanglandschaften hervorbringt. Musik die erfüllt, aufwühlt und jenseits der Komfortzone stattfindet.