Herrlich buntes Hörvergnügen
Trans4JAZZ-Festival 2014
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Hans Bürkle
Ziemlich cool steht sie da hinten auf der Bühne, zusammen mit ihrer dreiköpfigen Band. Und wartet mit stoischer Ruhe ab, bis vorne am Mikrofon die Danksagungen an die Sponsoren und der eine oder andere lockere Spruch des Ansagers endlich erledigt sind. Meshell Ndegeocello ist eben ein alter Hase auf den Konzertbühnen dieser Welt. Da kann man schon mal ein paar Minütchen gelassen warten, um dann loszulegen. Mit ihrer so furiosen Musikmischung, die sich aus Soul und Funk ebenso speist wie aus Reggae oder Rock. Wunderbar warm und doch zupackend groovend ihr E-Bass-Spiel, eigenwillig ihre Vocals, ein Mix aus Gesang und Rezitation. Dazu die starken Ideen ihres Gitarristen Chris Bruce und die zwischendurch ziemlich verrückten Sounds von Tastenmann Jebin Bruni. Fertig sind magische Stücke Musik, die sich nach wie vor geschickt einer strikten Kategorisierung erwehren. In der Linse, dem atmosphärischen, alten Kino und Kulturzentrum in Ravensburgs Nachbargemeinde Weingarten, sorgen sie jedenfalls für größte Begeisterung.
Vielumjubelt war ja schon der Auftakt des diesjährigen „Trans4JAZZ“-Festivals tags zuvor im historischen Konzerthaus von Ravensburg. Funkmeister Maceo Parker war zu Gast. Und auch wenn der inzwischen 71-Jährige Altsaxofonist aus North Carolina nicht mehr reihenweise zu seinen heißen und intensiven Saxsolos ansetzt wie früher, sondern stattdessen zwischendurch sich in der Rolle des Sängers und Entertainers gefällt, so ist seine mit zwei starken Backgroundstimmen bestückte Truppe doch immer noch eine gut eingeölte Funkmaschine, trotz aller Routine und Vorhersehbarkeit. Wesentlich gemütlicher ging es im Konzerthaus beim Auftritt von Gary Burton zu. Die für Maceo Parker entfernten Stühle standen wieder im Saal. Man machte es sich bequem und lauschte entspannt dem legendären Vibrafonisten und seinem Quartett mit dem jungen Gitarristen Julian Lage. Ein eleganter Mainstream-Abend wurde es, an dem Burton zeigte, wie geschmackvoll er bekannte Songs von Kollegen wie Keith Jarrett oder Mongo Santamaria zu interpretieren weiß oder Eigenes, wie eine Hommage an den Tango-Erneuerer Astor Piazzolla, einzustreuen versteht. Das war zwar Musik, die so überhaupt nicht aktuell klang, aber mit soviel Klasse gespielt, dass man sich für zwei Stunden gerne dieser Nostalgie hingab.
Der Verein Jazztime Ravensburg, der jetzt seinen 20. Geburtstag feierte, achtet als Veranstalter von „Trans4JAZZ“ immer auf eine erfreulich große Bandbreite während der fünf Festivaltage. So spielte bei dieser Ausgabe das African Trio von Leni Stern die traditionelle Matinee am Samstagmorgen in der über 600 Jahre alten Zehntscheuer. Und die Gitarristin und ihre beiden Musiker aus dem Senegal an E-Bass und Handtrommeln verwöhnten das zahlreiche Publikum mit einem wunderbar funktionierenden Amalgam aus afrikanischen Rhythmen und Melodien und westlichem Jazz. Musik, die so gar nicht nach Afro-Fusion-Klischee klang, sondern auf bezaubernde Weise zwei unterschiedliche Kulturkreise zusammenführte. Mit der Idee Geiger Gregor Hübner, seinen Bruder Veit Hübner am Kontrabass, Pianist Rainer Böhm, Posaunist Johannes Lauer und Multiinstrumentalist Andieh Merk zu einer Allstar-Band aus illustren Namen aus der Region extra für das Festival zusammenzuführen, ist Programmmacher Thomas Fuchs und seinem Team zudem ein echter Coup gelungen. Brachte doch jeder der Beteiligten spannende, überwiegend eigene Stücke Musik mit, die im Zusammenspiel vielfarbig funkelten und strahlten. Mit Spielfreude und Humor bot dieses Quintett einen erfrischenden Streifzug durch den modernen Jazz, der erst nach über zwei Stunden mit einer berührenden Version von Miles Davis´ „Blue In Green“ endete.
Das Festival selbst endete mit einem weiteren Höhepunkt, dargeboten von drei zauberhaften Stimmen und einem außergewöhnlichen Trompeter. Das norwegisch-schwedische „Trio Mediaeval“ und Arve Henriksen interpretierte in der Evangelischen Stadtkirche schwedische, norwegische und isländische Folksongs sowie mittelalterliche Lieder. Hinreißend die drei Frauenstimmen und ihre Arrangements. Und nicht minder packend, wie Arve Henriksen sich da mit seinem Spiel auf Trompeten und Flöte gefühlvoll einbrachte und zusätzlich mit punktuell eingesetzten Samples und elektronischen Sounds auch zwischen den Liedern Verbindungspunkte knüpfte.