Heiße Temperaturen, viel erwärmende Musik
28. Malta Jazz Festival
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Joe Smith
Heiß ist der maltesische Sommer. Ziemlich heiß! Und trotzdem ist die Republic Street, die Hauptgeschäftsstraße in Maltas Hauptstadt Valletta zur Mittagszeit voll mit flanierenden Menschen. Und das hat nicht unbedingt damit zu tun, dass Valletta in diesem Jahr Kulturhauptstadt Europas ist. Malta boomt und ist beliebt, auch im heißen Sommer.
Wer großartigen Jazz auf der geschichtsträchtigen Mittelmeerinsel südlich von Sizilien hören möchte muss auch im heißen Juli kommen, denn dann findet das „Malta Jazz Festival“ statt. Als Appetithäppchen und um neues Publikum zum Festival zu locken gab es wieder einen Abend mit Gratis-Jazz entlang der Republic Street in Valletta. Und der konnte sich durchaus hören lassen. So verzauberte der israelische Gitarrist Yotam Silberstein mit seinem Quartett mit luftigen, gerne auch mal brasilianisch orientierten Stücken Musik ein zahlreiches Publikum, das die lange Treppe neben dem Parlamentsgebäude füllte. Ein wenig brav klang dagegen die „Kansas City Suite“ von Benny Carter, die das „Malta Concert Orchestra“ kurz darauf spielte im allerdings aufregenden Pjazza Teatru Rjal, dem ehemaligen, im Zweiten Weltkrieg von Bomben zerstörten Opernhaus, das vor ein paar Jahren nach den Plänen vom italienischen Stararchitekten Renzo Piano als Open Air-Theater wiedereröffnet wurde. Und richtig energievoll ging es dann weiter nur wenige Hundert Meter entfernt mit dem algerischen Schlagwerker Karim Ziad und seinem Projekt „Ifrikya“, bei dem Rhythmen, Sounds und Gesang aus Nordafrika auf Jazz treffen und sich zu einem mitreißendem Amalgam verbinden.
Anstrengender ist da schon „Christian McBride´s New Jawn“. Dieses neue Quartett des preisgekrönten Meisterbassisten aus Philadelphia verzichtet auf ein Harmonieinstrument, kommt neben Drummer Nasheet Waits dafür mit zwei exquisiten Bläsern um die Ecke. Bass und Drums legen auch mal verquer swingende Rhythmusteppiche, auf denen Trompeter Josh Evans und Saxofonist Marcus Strickland nach Herzenslust improvisieren dürfen. Was der Bandleader auf dem Kontrabass zwischendurch natürlich auch immer wieder mal tut. Das ist schon Jazz auf Spitzenniveau, aber auch Konzertdauer dann doch auch ein wenig fordernd.
Wie herrlich locker und leicht kommt dagegen der fulminante Brasil-Jazz von Sänger und GItarrist João Bosco daher! Mit seinem fantastisch aufeinander abgestimmten Quartett mit E-Bassist João Baptista, dem kreativen und expressiven Schlagzeuger Kiko Freitas und dem Boscos Gitarrenspiel so perfekt ergänzenden und kontrastierenden Spiel von Ricardo Silveira auf der E-Gitarre begeisterte die brasilianische Legende mit Biss, Energie, Spielwitz, aber auch sensibleren Momenten. Fantastische Brasil-Musik zu später Stunde bei immer noch tropischen Temperaturen am malerischen Ta´ Liesse-Hafen – Festivaldirektor Sandro Zerafa, selbst professioneller Jazzgitarrist, hätte sich keinen besseren Künstler aussuchen können, um sein wunderbares Festival zu beenden. Dass direkt vor João Bosco das „Chick Corea Trio“ das Publikum ebenfalls restlos begeisterte und zu stehenden Ovationen verleitete, machte den Abschlussabend des „Malta Jazz Festival“ perfekt.
Sandro Zerafa hat sein Festival auf ein sehr hohes Niveau gehoben. Und er hat Ideen, bietet Meisterklassen an, Gratis-Konzerte zur Mittagszeit und fördert auch den Austausch von heimischen Jazzern mit Musikern aus anderen Ländern. Diefranzösisch-maltesische Band „The Blue Tangerine“, die am ersten Abend auf der großen Bühne am Hafen auftreten durfte, ist dafür ein wohlklingendes Beispiel. Mit der offbeat music bar hat jetzt zudem ein Jazzclub geöffnet, der dieses Jahr mit einer Jam Session am Festival beteiligt war. Und der künftig hoffentlich das ganze Jahr über mehr Jazz auf der Mittelmeerinsel möglich macht.