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Furioses Release-Konzert

‚Kapelsky und Marina‘ im Schauspielhaus Bochum

Bochum, 11.03.2014
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker

Weltmusik kommt allmählich, dafür umso mächtiger aus der Nische: Clubkultur, eine stärkere öffentliche Förderung und eine zunehmend selbstbewusster auftretende multikulturelle Musikerszene bestärken insgesamt einen Trend zu neuen Weltmusik-Formationen und damit eine deutliche Zunahme von musikalischen Crossover-Projekten - das Kulturmagazin K.West weist in seiner aktuellen Ausgabe zu Recht darauf hin. In diesem Zusammenhang taucht eine Gruppe mit „Ostperanto-Folkjazz“ auf. Hinter diesem vielleicht merkwürdig klingenden Kompositum verbirgt sich ein besonderer Musikstil, den die Gruppe ‚Kapelksy und Marina‘ pflegt. Am letzten Samstag hatte man anlässlich des Erscheinens ihrer CD ‚absoluti, absoluti!‘ des Quartetts im Schauspielhaus Bochum Gelegenheit, eine intensive Kostprobe ihres Sounds und ihrer Performance zu erleben.

Der Ort des Geschehens ist kein Zufall: Quartett-Mitglied Marina Frenk war, bevor sie über Leipzig und Köln ans Gorki-Theater nach Berlin wechselte, in Bochum als Schauspielerin engagiert, die Musiker des Trios Kapelsky - Gregor Hengesbach an der Gitarre, Jan-Sebastian Weichsel (Geige, Bratsche, Mandoline) und Michael Ashauer am Kontrabass - ebenfalls. Vor fünf Jahren spielte man beim Liederabend „A Tribute To Quentin Tarantino“ zum ersten Mal zusammen, daraus folgte eine kontinuierliche Zusammenarbeit – trotz der schwieriger werdenden Terminierung mit der umtriebigen Marina Frenk. Die Idee der türkischstämmigen Intendantin des Gorki-Theaters, Shermin Langhoff, von einem "postmigrantischen Theater" lässt sich übrigens auf das Konzept von ‚Kapelsky und Marina‘ übertragen: Man spielt ein musikalisches Esperanto von osteuropäisch geprägten Idiomen, ein buntes Konglomerat aus vielen An-Klängen aus Balkan, Gypsy und Klezmer.

Der Opener im Bochumer Schauspielhaus gibt schon einen Vorgeschmack auf das, was in dem zweistündigen Konzert folgt: „Zarathustric“ greift das „Also sprach Zarathustra“-Motiv auf und bringt es in einer wüsten Polka in einen „balkanisierten“ Modus. Es folgen russische Volks- und traditionelle Roma-Lieder, Eigenkompositionen und Cover-Versionen: der Beatles-Song „Girl“ auf Russisch als erklärter Beitrag zum Weltfrauentag, Miles Davis‘ „Nardis“ und Britney Spears‘ „Bang Bang“ im ¾-Takt mit mehrstimmigem Backing der drei Musiker und einem virtuosen Mandolinen-Solo von Jan-Sebastian Weichsel. DiesesCrossovervon Gypsy-Swing, Fado-Melancholie, von Erweitern des russischen Volksliedguts um eine kubanisch-karibische (!) Variante („Metelitsa“), der Rückgriff auf jiddische Musiktraditionen („Griene Kusine“, „Klezmer A-moll“) und Balkan-Polka sprühen vor ironisch-distanzierendem Geist. Im teilweisen Verballhornen durchs Über-Klischieren (v.a. in der wunderbaren Parodie „Molvania“) liegt allerdings auch eine Würdigung der Balkan-Gypsy-Klezmer-Musik, deren Affinitäten in den Traditionslinien man übrigens damit durchaus offenlegt.

Das erinnert an Straßenmusik

Die Umsetzung gelingt den Musikern in hervorragender Weise. Die – drumlose – Musik der gut gelaunten Saiten-Virtuosen hat den Charme und die Chuzpe von lebendiger Straßenmusik. Die Performance von Marina Frenk ist einfach umwerfend: Die vieltalentierte Künstlerin (Schauspielerin, Sängerin, Malerin, Tänzerin, …) zeigt eine hohe und enorm vielseitige und wandlungsfähige Gesangskunst, in jedem Song trifft ihr Timbre immer genau die passende Stilebene. Ihr Gesang ist dabei mit einer großen Portion Witz und Humor gepaart, ebenfalls ihr unerschöpfliches Repertoire an Mimik und energiegeladenen Bewegungen – all das zeigt ihr hohes Talent als perfekte Performerin. Man ahnt, wie sie dieses Talent auch in ihrer Improvisationsgruppe THE REAL BABA DUNYAH unter sicherlich anderen Umständen als mit dem Kapelsky-Trio einzusetzen versteht.

In der Zugabe gibt Marina Frenk ein ergreifendes Solo mit dem traditionellen Gypsy-Lied „Le Shavore“, anschließend entlässt das Quartett dann gemeinsam mit dem Gitarristen Volker Wendland, der schon eine launige Einführung in das Release-Konzert gab, mit dem „Klassiker“ „Schwarze Augen“ in Gypsy Swing-Manier das begeisterte Publikum.

‚Kapelsky und Marina‘ haben 2013 den NRW-Entscheid des "Creole"-Musikwettbewerbs für Weltmusik aus Deutschland gewonnen. Für das bundesweite Finale im Mai 2014 vertreten sie damit NRW. Die standing ovations in Bochum mögen dem Quartett dafür genug Rückenwind geben. Wir drücken die Daumen, absoluti!

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