NEUES PROGRAMM, NEUE KLANGFARBEN
FUCHSTHONE ORCHSTRA FEAT. EVI FILIPPOU
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
Das Fuchsthone Orchestra ist auf Tour, diesmal mit der großartige Musikerin Evi Filippou an Vibraphon und Percussion. Mit neuen Kompositionen von Christina Fuchs und Caroline Thon begeisterte das Orchester das Publikum in der Düsseldorfer Jazzschmiede.
Das neue Programm Reloaded 7 setzt die Tradition des Orchesters fort, dass nur Originalwerke, die die Leiterinnen speziell für das Ensemble geschrieben haben, gespielt wurden. Für Caroline Thon ist es etwas Besonderes, für ein Orchester zu komponieren, deren Musiker*innen man so gut kenne. Die neuen Kompositionen waren ganz auf die Orchestermusiker*innen und die Schlagwerkerin Evi Filippou zugeschnitten.
Eröffnet wurde das Programm mit einem Stück von Caroline Thon mit dem Titel The Line. Musikalische Linien, die sich entwebten und dann wieder zusammenkamen. Das Intro spielte Evi Filippou auf dem Vibraphon. Die neue Klangfarbe des Vibraphons und einiger Zymbeln und Trommeln, die Evi Filippou besteuerte, waren eine wunderbare Erweiterung des Orchestersounds. Aber Evi Filippou steuerte nicht nur neue Töne bei, auch ihre temperamentvolle Freude ausstrahlende Präsens tat dem Orchester gut. Jens Böckamp spielte ein langes und bemerkenswertes Solo, das die großartige Rhythmusgruppe mit Jens Düppe am Schlagzeug, Alex Morsey am Kontrabass und Andreas Wahl an der E- Gitarre begleiteten. Das Stück The Line war ein rein akustisch, Eva Pöpplein die Elektronikerin des Orchesters kam erst ab dem zweiten Stück dazu und war von da an eine wichtige Klangquelle für die Band.
DER KLANG DER STEINE
Auf Carolines Werk folgte ein Stück von Christina Fuchs. Die beiden Leiterinnen wechselten sich in gewohnter Fuchsthone Orchestra Tradition mit ihren Stücken ab. Nach dem eher abstrakten Thema folgte nun ein Werk, das von der Natur der Schweizer Berge inspiriert war. Christina hatte zwei Steine mitgebracht, die gegeneinander geschlagen wurden und Eva Pöpplein spielte noch weitere Steinklänge ein. Der Titel des Werkes lautete Lai Nairs (Schwarzer See), ein Moorsee im Unterengardin. Mit einzelnen tastenden Tönen begann das Stück und kam dann zu einem groovigen Mittelteil. Es gab ein wildes Posaunensolo, Veit Lange spielte ein Saxofonsolo und Evi Filippou brachte Rhythmus in das Stück, begleitet vom Schlagzeuger Jens Düppe. Ein Höhepunkt war gegen Ende ein nahezu psychedelisches Gitarrensolo von Andreas Wahl .
DAS GRAUEN DES KRIEGES IN MUSIK UMGESETZT
Das nächste Stück Savita von Caroline Thon setzte sich mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine auseinander. Inspiriert von der Geschichte der deutschen Kriegsfreiwilligen Savita Diana Wagner, die erst Hilfsgüter in die Ukraine transportierte und dann als Sanitäterin an der Front wirkte, wo sie durch einen Granatsplitter getötet wurde. Caroline hat mit ihrer Musik das Grauen des Krieges eingefangen, aber es schimmerte auch Hoffnung auf Frieden durch. Hochdramatische Musik, ansteigende und abfallende Töne von Geige, Flöten und Sopransaxofon, ließen Autos und Menschen unter Beschuss, Sirenen und Gefahr handgreiflich werden. Dies wurde durch ein langes aufwühlendes Sopraninosolo von Roger Hanschel noch verstärkt. Eva Pöpplein spielte Geräusche ein, die wie Schüsse klangen. Elegischer Gesang von Filippa Goyo und die Geigenklänge von Zuzana Leharowa unterstrichen die dunkle Stimmung, die dann in ein dramatisches Tutti überging und von Kira Linn in einem herausragenden Baritonsaxofonsolo weitergeführt wurde. Aber es blieb nicht beim Grauen allein. Gegen Ende setzten klassische Bigband Bläsersätze ein mit Gesang von Filippa Goyo die Hoffnung auf ein Ende dieses Gräuels machten, aber es gab auch eine schrille Geige zum Abschluss. Das Publikum war sichtlich aufgewühlt durch dieses Werk. Ein Mann kam in der Pause zu Caroline Thon und sagte ihr, dass ihn diese Musik richtig erschüttert habe.
INSPIRATIONEN AUS ISTANBUL
Aber es gab natürlich auch ruhigere Stücke, wie die Capricorn & Aries von Christina Fuchs. Das Stück begann mit einem Intro von Evi Filippou am Vibraphon und Eva Pöpplein an der Elektronik. Das Werk hatte fast klassische Anklänge und einige orientalische Klänge schimmerten auch durch. Ein Vorgeschmack auf ein späteres Stück von Christina, das von ihrem dreimonatigen Aufenthalt in Istanbul angeregt wurde und den Titel Taksim trug, nach dem berühmten Platz in der Stadt. Hier kamen orientalische Melodien zum Tragen. Bemerkenswert war dabei ein Solo des Trompeters John-Dennis Renken, ein schönes Solo der Pianistin Laia Genc und ein kleines Schlagzeug – Schlagwerk Battle, von Jens Düppe mit Evi Filippou. Mit viel Spielfreude und Temperament lieferten sich die beiden ein wildes Battle. Dazu kamen noch Einspielungen von Feldaufnahmen aus Instanbul.
GET RHYTHM
Caroline Thon hatte neben dem Stück Savita über den Krieg in der Ukraine, noch ein weiteres politisches Stück geschrieben mit dem Titel Le Champ. In diesem Werk setzte sie sich mit der Dominanz des Kapitals in unserer Gesellschaft auseinander. Hier war Filippa Goyo noch einmal sehr gefordert und musste mit expressivem Gesang und Rufen, die Botschaft des Stückes, die Kapitalismuskritik, verbalisieren. Das Werk endete mit einem druckvollen Orchester Tutti.
Ein weiteres Stück von Caroline war die Bearbeitung einer Komposition von Evi Filippou. Reciprocity ist das einzige Stück, das nicht von den Leiterinnen des Orchesters komponiert wurde. Der Auftakt trug auch deutlich Evi Filippous Handschrift, ein perkussives Intro von ihr und Jens Düppe, mit Bass und Gitarre, dann kamen alle Bläser ins Spiel, samt der Tuba von Tobias Herzog. Andreas Wahl spielte ein rockiges Solo auf der Gitarre, bevor dann die ganze Rhythmusgruppe mit Jens Düppe, Alex Morsey und Evi Filippou dazukamen. Ein äußerst rhythmusbetontes Stück.
DON´T FORGET TO PAY YOUR BILL
Die Zugabe, die Christina Fuchs leitete mit dem Titel Don`t forget to pay your bill war kurz und wild, wie ein Janitscharen Orchester aus dem osmanischen Reich. Und natürlich gab es noch viele weitere glänzende Soli und Orchesterpassagen, die unerwähnt geblieben sind. Die Kompositionen waren ausgereift und sehr dicht und komprimiert, wenn das Fuchsthone Orchestra Anfang des Jahres mit diesem Programm ins Studio geht um eine neue CD aufzunehmen kann vieles so übernommen werden.
Ein eindrückliches Konzert mit Kompositionen, die soziale und politische Gegenwartsthemen ebenso wie Naturerfahrungen mit einschlossen. Musik die inhaltlich und ästhetisch relevant war. Das Fuchsthone Orchestra ist eines der wichtigsten Großensembles in der gegenwärtigen Jazzszene. Wobei die Musik weit über die Grenzen des klassischen Jazz und der klassischen Big Band Literatur hinausweist. Das Publikum in der Düsseldorfer Jazz Schmiede war von der Musik gerührt und ergriffen.
Fuchsthon Orchestra:
Christina Fuchs &
Caroline Thon
(Leitung, Komposition, Dirigat)
Roger Hanschel
, Julian Drach, Veit Lange, Jens Böckamp, Kira Linn (saxes)
Simon Eckert, Johannes Knoll, John-Dennis Renken,
Matthias Bergmann
(trumpets)
Lennard Stuenkel,
Matthias Schuller
, Moritz Wesp (trombones)
Tobias Herzog (basstrombone, tuba), Zuzana Leharovà (violin)
Filippa Gojo
(voice),
Laia Genc
(piano),
Andreas Wahl
(guitar), Alex Morsey (bass)
Jens Düppe (drums), Eva Pöpplein (electronics, live samples)
Evi Filippou (perc, vibraphon)
Nächste Konzerte:
20.11.2025, Singen, Jazzclub
21.11.2025, Unterfahrt, München
23.11.2025, Freiburg, Jazzhaus
06.12.2025, Köln, Stadtgarten
























