Fuchsthone Orchestra in der Düsseldorfer Jazzschmiede
„Morgen klingen wir schon wieder ganz anders!“
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
Das Fuchsthone Orchestra zeichnet sich durch einen beständigen Work in Progress aus, der auf regelmäßig vielbeachtete Produktionen hinausläuft, die vor allem live ihre Wirkung nicht verfehlen und im Zeichen eines deutlich ausformulierten Themas stehen. Einblick in den augenblicklichen künstlerischen Stand dieses kreativen Kollektivs aus der NRW-Jazzszene gab ein Konzert in Düsseldorfs Jazzschmiede...
Fast ein Jahr ist es nun her, dass das Fuchsthone Orchestra zum letzten Mal in der Jazzschmiede in Düsseldorf gespielt hat. Für Christina Fuchs ist die Jazzschmiede einer der Lieblingsspielorte des Fuchsthone Orchestra. Das Orchester ist auf seiner “structures and beauty“ Album Release Tour. Das Doppelalbum ist bei Enja erschienen. Das Album ist eine Momentaufnahme dieser sehr besonderen Großformation. Die beiden Leiterinnen Christina Fuchs und Caroline Thon arbeiten längst an neuen Kompositionen. Jedes Konzert, so auch das Konzert in der Jazz Schmiede ist ebenfalls eine Momentaufnahme. Jens Düppe, der Schlagzeuger des Fuchsthone Orchestra sagt in der Pause zu mir: “Morgen (im Stadtgarten Köln) klingen wir schon wieder etwas anders, natürlich nicht völlig anders, aber doch nicht so wie heute.“
Das Konzert in der Jazzschmiede beginnt mit dem 2. Teil von Caroline Thon s Suite “Beauty“. Das Intro wird von Eva Pöpplein an der Elektronik gespielt. Der Einsatz von Elektronik ist eine der Besonderheiten dieses Orchesters. Zu den Einspielungen gehören auch tibetische Mönchsgesänge. Dann setzt das ganze Orchester mit dichtem Klang ein. Filippa Gojo beginnt mit Gesang und es folgen zwei spannende Soli von Roger Hanschel am Altsaxophon und Matthias Schuller an der Posaune. Filippa Gojo s Gesangsparts ziehen sich durch das ganze Konzert, eine erstaunliche, allein schon physische Leistung. Dabei wechselt sie von hohen in tiefe Lagen und singt ruhige und exaltierte Passagen, die auch in Schreien übergehen können. Sie ist ununterbrochen mit ihrer Stimme gefordert und verliert nie ihr Lächeln dabei.
Die beiden Leiterinnen wechseln sich mit ihren Kompositionen ab und dirigieren diese auch selbst. Nach Caroline Thon s Stück “Beauty“ folgt Christina Fuchs mit “Thermal Winds“, ein Stück, das von einem Paraglider Flug angeregt wurde und sich nicht auf dem neuen Album befindet. Christina Fuchs drückt ihre Gefühle die bei ihrem Flug entstanden mit ihrer Musik aus, von Ängstlichkeit bis zum Hochgefühl in der Luft zu schweben. Offensichtlich eine großartige Erfahrung, denn Christina empfehlt dem Publikum wärmstens es selbst einmal zu versuchen.
Bis zu dieser Erfahrung müssen wir mit der spannenden Musik vorlieb nehmen. Das Stück
Beginnt mit Windgeräuschen der Bläser und Geräuschen mittels einer Plastiktüte von Schlagzeuger Jens Düppe. Nach diesem Aufwind geht es dann über die Lüfte in die Weite der Landschaft. Mit Soli am Sopransaxophon von Julius van Rhee und am Flügelhorn von Matthias Bergmann werden die Hochgefühle des Fliegens wachgerufen.
Im nächsten Stück spielt Kira Linn ein schönes Solo auf dem Baritonsaxophon. Kira ist neu im Ensemble und ersetzt Susanne Weidinger, die ausgeschieden ist. Aber Kira leitet auch eine eigene Band, das Linntett, mit dem sie bereits drei Alben veröffentlicht hat. Die meisten MusikerInnen des Orchesters haben eigene Bands und/oder spielen noch in anderen Formationen. Nur mit solch einem Solisten Ensemble ist es möglich diese anspruchsvolle und komplexe Musik von Christina Fuchs und Caroline Thon umzusetzen.
Jens Düppe begleitet Kira Linn bei ihrem Solo mit rockigem Schlagzeug. Jens Düppe am Schlagzeug und Alex Morsey am Bass bilden die großartige Rhythmusgruppe, die durch alle Stücke hindurch ihre Ideen einbringt und Solisten wie Ensemble stützt. Das letzte Stück vor der Pause, von Christina Fuchs, gehört zum Titel des neuen Albums
“structures and beauty“. Während der zweite Teil des Titels, “Beauty“, das Konzert eröffnet hat, bildet der erste Teil “Structures“ den Abschluss des ersten Sets. Aus der Suite “Structures“ spielt das Ensemble zwei Teile. Hier stehen drei Musikerinnen im Mittelpunkt: Laia Genj am Klavier, Zuzanna Leharova an der Geige un Eva Pöpplein an der Elektronik. Zu Beginn des Stücks spielt Laia Genj auf den Saiten des Flügels, Jens Düppe begleitet sie mit Geräuschen von Kugeln und Scheiben und Eva Pöpplein schafft mit der Elektronik dazu einen Soundteppich, dann setzen alle Bläser rhythmisch ein und es folgt ein langes großartiges Violinsolo von Zuzanna Leharova intensiv begleitet von der Rhythmusgruppe.
Nach der Pause geht es mit dem Christina Fuchs Stück “Iceland“ weiter, eine Art Signatur Stück des Ensembles, das mit den markanten Geräuschen eines kalbenden Gletschers einsetzt. Auch hier spielt die Sängerin Filippa Gojo wieder eine zentrale Rolle. Ihr eindringlicher Gesang, der auch formal die Dringlichkeit des Handelns angesichts des Klimawandels heraushebt, wird noch verstärkt und dramatisiert durch das Schlagzeug von Jens Düppe. Erwähnenswert ist auch das Gitarrensolo von Andreas Wahl , der die Gitarre singen lässt.
Das Konzert ist so reich an eindrucksvollen Momenten, dass ich nur einige herausgreifen kann. Wenn John-Dennis Renken in den hohen Registern die Trompete voller Inbrunst spielt und Jens Düppe ihn begleitet, wenn in Caroline Thon s Stück “The Truth J.P.S.?“ Roger Hanschel lyrisch gespieltes Altsaxophon von Eva Pöppleins Elektronik getragen wird und Roger dann in ein wildes Solo übergeht, dann sind das Gänsehaut Momente. “The Truth of J.P.S.?“ ist während der Lockdown Zeit entstanden und knüpft an Jean Paul Satres Werk “Die geschlossene Gesellschaft“ an.
Das Stück “Mamoiada“ bildet den Abschluss des bunten und vielfältigen Konzerts. Musik, von Christina Fuchs, die von sardischer Volksmusik inspiriert ist. Matthias Muche an der Posaune und Francois de Ribaupierre an der Klarinette spielen darin herausragende Soli.
„Strucures and beauty“ heißt das Doppelalbum, auf dem die großartige Musik nachgehört werden kann. Musikalische Strukturen werden erkundet, manchmal entsteht dabei verstörende und aufrüttelnde Musik, aber auch die Schönheit hat ihren Platz. Das Fuchsthone Orchestra bietet ein Kaleidoskop an musikalischen Ideen, mit überraschenden Wendungen und Brüchen, Lyrisches wechselt mit rockigen Rhythmen. “Wir hören uns ganz oft nicht wie eine Big Band an, manchmal aber doch“, kommentiert Caroline Thon die Musik des Orchesters.
Das Publikum in der Düsseldorfer Jazzschmiede ist begeistert und spendet reichlich Beifall und umlagert nach dem Konzert den CD Stand.
Weitere Termine: