Bild für Beitrag: Fröhliche Menschen, ausgelassene Stimmung | Elbjazz 2012
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Fröhliche Menschen, ausgelassene Stimmung

Elbjazz 2012

Hamburg, 31.05.2012
TEXT: Sven Breidenbach | FOTO: Sven Breidenbach

Fröhliche Menschen und eine ausgelassene Stimmung sind das Fazit für das junge Elbjazz-Festival in Hamburg. Bereits im dritten Jahr wird Lust gemacht auf mehr, viele werden wiederkehren, neue Gäste hinzukommen.

Für Freitag abend werden die beiden Pianobattle-Kontrahenten wie folgt im Porgramm kurz vorgestellt:

HELGE SCHNEIDER: "Nach der Tour mit dem Holzkopp Trio ist erstmal Schluss", hat Helge Schneider für Ende Mai angedroht. Schon deshalb gilt für die beiden Auftritte des als Jazzpianist durchaus Ernst zu nehmenden Entertainers mit Chilli Gonzales (siehe dort) und Michael Wollny: "Ein absolutes Muss für alle, die da hin wollen." Zwei einzigartige Abendvergnügungen unter dem Motto "Wenn schon Improvisation, dann ganz spontan".

MICHAEL WOLLNY: 2010 mit Saxophonist Heinz Sauer bei ELBJAZZ; 2011 mit Recht Echo-Preisträger; 2012 mit Mut zum Risiko Duopartner von Helge Schneider: Dass er dem Konventionellen abgeneigt ist stellt Pianist Michael Wollny schon seit 2005 mit seinem Trio [em] klar. In dieser Hinsicht könnte das ungleiche Paar Wollny/Schneider neue Dimensionen eröffnen. Ein Drahtseilakt auf den man gespannt sein darf b.z.w. muss, denn keiner weiß nix Genaues.

So war der Gig zu den einzelnen Künstlern zum Auftakt des Elbjazz-Festival im Programm angekündigt.

Michael Wollny durfte ich schon mit Nils Landgren zweimal hören, für den aus dem Ruhrgebiet, Helge Schneider, war es meine Premiere. Doch als beide mit frivolen Sonnengläsern die Bühne betreten ist das erste Eis gebrochen. Musikalisch ist es ein wirklich erstes Aufeinandertreffen. Vorher traf man sich lediglich auf einen schnellen Kaffee. Helge Schneider beginnt und trällert Läufe in die Tasten, Wollny dagegen wartet auf seinen Einsatz und nimmt weiter Fahrt auf. Ein kurzer Blick auf die Pedale zeigt,, Lila gegen Schwarz, und Socken gegen Barfuß.
Gegenseitig ist der Respekt zu hören. So bieten beide gute Einlagen, die zwar nicht spektakulär sind, dennoch scheinen sich die beiden Kontrahenten zu befruchten. Dieses Ritual gipfelt in einer "Ich nehm ein Blatt Papier zwischen die Flügelseiten" (Wollny) zum "Dann nehm ich meine Brillenbügel und werf die ganze Brille hinterher" (Schneider) Zeremonie. Leider etwas zu kurz, dennoch abwechslungsreich und blumig spielen die beiden miteinander. Der ganz grosse Showdwon bleibt aus. Dennoch sind die Fans hingerissen und geifern nach Steigerungen. Auch hier bleibt leider zu wenig Zeit, diesem Spiel seinen Lauf zu lassen. Mit dem Zitat "Schön ist nicht schön. Gefallen macht schön." könnte man es auf den Punkt bringen. Ein ausgesprochen schönmachender Auftakt. Wobei diese Floskelei zu wenig Kanten bietet, die beide in ihrem klasse Wettstreit gezeigt haben. Auf der Barkassenüberfahrt zum nächsten Spielort ist in den späten Abendstunden dann die Band Julesmusic für die Bordunterhaltung zuständig.

Dank der dunklen Nacht und der kühleren Temperaturen gesellt sich das Publikum erst verhalten ins Unterdeck. Die Band ist froh, dass Sie endlich Zuhörer und -schauer haben, so geht also erst unter Deck und dann die Post ab. Schwungvoll, groovig und pointiert wird das Publikum mitgerissen. Es ist schon fast Partystimmung. Und das nur, weil die Leute kurz übersetzen wollen und zum nächsten offiziellen Programm "reisen" wollen. Genau das macht für mich dieses Festival aus. Zum einen bieten die "langen" Wege zwischen den Spielorten und Veranstaltungsbühnen genügend Freiraum um auch "wieder runter" zu kommen, zum anderen beschwingt solch ein Wassertaxi die free-and-easy-listening-we-have-a-good-time-Stimmung der Besucher. Also, auf, nicht zur Jazzkantine, sondern zur Unileverkantine, einem weiteren Spielort.

BUTTERSCOTCH - zwei Finger breit zerlassen.

Wer erlebt hat, wie die bei Wettbewerben regelmäßig preisgekrönte Beatboxerin von der Westküste das Trio von Chick Corea aufmischt, wer sie als die Sensation der NBC-Show "America's Got Talent" erlebt hat oder auf der Bühne mit Stevie Wonder, der traut ihr zu, auch bei ELBJAZZ zum Tagesgespräch zu werden. Und wenn nicht schon Chick Corea am Klavier sitzt, nimmt Butterscotch dort Platz für ihre Version von "My Funny Valentine".

Auf dem Heimweg des ersten Tages muss ich diese Künstlerin noch hören. So vielversprechend angekündigt wollte ich wissen was da auf mich zukommt. Butterweich. Nein, to scotch bedeutet in der Übersetzung zum Beispiel "zwei Finger breit"- eingiessen. Bei der Einführung will die Amerikanerin gern was Deutsches lernen und fastwitzige Hamburger rufen dann "nicht lang schnacken" in den Raum. Dennoch gekonnt und professionell geht die Künstlerin darüber hinweg.

Melodisch und fast an butterweich melodisch anmutende Spielweisen erinnert, wird dieses Spie prompt und präzise durch das beatboxen untermalt. Erst als dann eine vermeintliche Trompete einsetzt muss ich mich kneifen. Es ist eine Künstlerin mit Gitarre. Die Drums und auch die Trompete sind eine fast illusorische Sinnestäuschung. Mit Spielkunst und absoluter Bodenhaftung spielt Butterscotch zuerst an der Gitarre und später am Flügel. Nun kann ich mir saghaftig und real vorstellen wie Altmeistern wie Chick Corea und Stevie Wonder das Hören und Sehen vergehn, bei dieser kunstvollen Darbietung.

GRAND ELYSEE-JAZZBARIO

Dieses Jahr ist es den Sponsoren und Veranstaltern erstmalig gelungen, den überwiegenden Teil der Musiker in einem Hotel unterzubringen. Nach dem gelungenen ersten Abend, entschließe ich mich das inoffizielle Jazzfestival zu besuchen. In der Hoffnung an Bar und Tresen die Musiker miteinander spiele, variieren und kombinieren zu sehen (und auch zu hören), radel ich auf dem Heimweg noch einen kleinen Umweg. Und dieser lohnt sich. So sind jung und alt, erfahren und ausprobierend die verschiedenen Bandbreiten an Darbietungsvielfalt in der Bar versammelt. Erst hier merkt man real wie international dieses Elbjazzfestival ist. Alle verständigen sich hauptsächlich auf Englisch. Egal ob aus Skandinavien, den Niederlanden, Deutschland oder aus Übersee. Fröhlich werden miteinander Eindrücke ausgetauscht und über die gemeinsamen Erfahrungen philosophiert.

Auch am zweiten Abend kann ich diesen Umweg leider nicht lassen. Und so ist dieses, mein erstes Elbjazzfestival mit fröhlichen Vogelgezwitscher an Pfingstsonntag bei aufgehender Sonne erst zu Ende!
Fazit: Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an!

JBBG - Jazz Big Band Graz
Nach einem Zwischenbier spielt am 2. Festivaltag die JBBG, Jazzbigband Graz. Unter Leitung von Heinrich von Kalnein, der wie ich in Neuss am Rhein - also fast Ruhrgebiet- aufgewachsen ist. Die Tour widmet die Band Barbara Buchholz, die kürzlich verstorben ist. Dennoch ist sie eine Triebfeder und scheint ein quirliges Moment in dieser Truppe hinterlassen zu haben. "Hier hat sich eine Big Band Entwicklung ohne klassische Big Band Gehabe in Gang gesetzt", so führt von Heinrich von Kalnein zu Beginn des Gigs in der Halle am Südkai ein. "Wir verzichten bewusst auf Zwischenansagen oder dergleichen, freuen Sie sich auf eine volle Ladung an Hörkino", sind seine letzten Worte vor dem Start!
In Memoriam Barbara Buchholz.

So spielen sie auch inbrünstig und voller Freude das erste Stück. Die jüngsten Jazzfans -Kinder im Alter von 7 Jahren- sitzen mit Luftballons im Zwischengang und verfolgen begeistert die Band. Ein Luftballon nach dem Anderen platzt mit einem lauten Knall. Es ist als wäre es arrangiert für die Urban Folktales. Nach einem ersten Schreck wegen des Knalls, scheint die Band fats darauf zu warten, das unerwartet wieder ein lauter Knall den Sound bereichert. Wie eine Fehlzündung im Straßenverkehr. Bis auf einen Ballon sind auch alle hinüber am Ende des ersten Stückes.

Famos mit welcher Spielfreude diese Mannschaft das Publikum mitreißt. Die Zuschauer lechzen nach einem "Gebt uns mehr" und die Jungs aus Österreich scheinen heute einen wahren Hingabetag zu haben. Neben den Hauptakteuren zieht auch der Drummer Gregor Hilbe seine ganz eigene Faszination auf sich, weil er keck und frech sein spielwitziges Dasein trommelt. Frei und unterhaltsam ist das Publikum am Schluss enttäuscht, das dieses Spiel -festival-bedingt- nicht noch in eine Verlängerung geht. Hut ab und Bühne frei, suchen Sie sich einen Ort, wo diese fröhliche Mannschaft sich die Ehre gibt aufzutreten.

Oder aber nutzen Sie einen Flug der Lufthansa, denn dort sind seit Neuestem ihre URBAN FOLKTALES im Bordprogramm zu hören. Ja der Kranich.
und so stand es im Programm angekündigt: Als wahres "Erdbeben in der Bigbandszene" hat das keiner besonderen Nähe zum Jazz verdächtige Online-Musikportal laut.de das Groß-Ensemble aus Österreich um den Saxophonisten Heinrich von Kalnein bezeichnet. Kein Wunder, spielt doch elektronisch Programmiertes eine wichtige, in diesem Umfeld ungewohnte Rolle. Und statt des üblichen Wechsels aus Soli und orchestral losfetzenden Passagen steht der Gesamtband-Sound im Vordergrund.

Danach komme ich mit Hava und Mijke ins Gespräch. Es gesellen sich nette Hamburger Mädels aus Stuttgart und Ottensen hinzu. Auch das ist bezeichnend (für mich), weil alle Besucher so redlich aufgeschlossen sind, durch auch das gute Wetter couragiert. Von nun an bekommt für mich das Festival eine eigene Dimension, denn ich lasse ab vom "den und die und das muss ich sehen" und komme hin zum "mal schauen was das macht".

HOT JAZZ im Kühlschiff

Weil Chilly Gonzales für Samstag abend abgesagt hatte -so erfuhr ich es prompt via APP- lasse ich mich hinreißen mir die "Holänder auf dem Schiff" anzuhören. Im Programm steht es wie folgt:
"Weniger die neue Candy Dulfer, als eine junge Barbara Thompson" hört Jazzpodium bei Susanne Alt. Einst beim BuJazzo, lebt die junge Saxophonistin mittlerweile in Holland – und spielt ihren Funk-Jazz oft mit Gästen wie dem James-Brown-Posaunisten Fred Wesley. Bei ELBJAZZ stellt sie nicht nur ihr Album "How To Kiss" vor, sondern auch ein Sextett mit Gary Winters, dem Trompeter ihrer Funk-Idole Bootsy Collins und Pee Wee Ellis. Besetzung: Thijs Cuppen (p), Alex Bernath (dr), Sven Schuster (b), Eran Har Even (g), Gary Winters (tp), Susanne Alt (sax) So lautet die Einführung auf der App bzw. im Porgramm.

Der Spielort (MS Stubniz) -das sollten sie einmal "googlen"- ein ehemaliges Kühlschiff liegt verwegen festgemacht am Kai. Schon das kapern des Schiffes macht Laune und so platze ich in die Vorstellung der Band um Susanne Alt.
Zum eine die Kulisse und zum anderen die vielfältigen Arrangements und Spielereien der Band gefallen und nach meinem Empfinden steigt die Bordtemperatur stetig. So brodelt zum Schluss dieses Schiff, inszeniert und angetrieben von Susanne Alt. Mit ihrer Band bringt sie das Schiff nahe an den Siedepunkt. Im Nachgang des Konzertes ist es zum Dahin schmelzen. So kann auch mit Musik Stahl weichgekocht werden.

AM RANDE
Fröhliche Menschen und eine ausgelassene Stimmung sind das Fazit für dieses junge Festival. Bereits im dritten Jahr wird Lust gemacht auf mehr, viele werden wiederkehren. Beeindruckt bin ich unter anderem von der Initiative VIVA CON AGUA. So sammeln freiwillige Pfandbecher und -flaschen ein um diese für einen guten Zweck zu spenden. Rundum ein gelungenes Festival und ein lohnenswerter Besuch.

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