Frisch und lebendig
Gaume Jazz Festival 2012
TEXT: Bernd Zimmermann | FOTO: Bernd Zimmermann
Es ist ein nicht mehr junges Jazzfestival, aber es ist frisch und lebendig. Das "Gaume Jazz Festival" im Süden Belgiens, knapp 40 Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt, fand in diesem Jahr bereits zum 28. Male statt und zeigt erneut, welch aktive Jazzszene das kleine Land Belgien hat.
Der Festivalleiter Jean Pierre Bisso und die vielen Helfer feiern gemeinsam mit den bis spät in die Nacht des Sonntags gebliebenen Besuchern den letzten energiegeladenen Act. Das Ibrahim Electric Trio mit Jeppe Tuxen (Hammondorgel), Niclas Knudsen (E-Gitarre) und Stefan Pasborg (Drums) zelebrierten einen äußerst energiegeladenen Mix aus Jazz und Rock. Es dauert keine fünf Minuten, dann waren die ersten Tanzwütigen vor der Bühne und zum Ende des Konzert saß kaum ein Festivalbesucher noch ruhig auf seinem Platz.
Dieser Abschluss des "Gaume Jazz Festival" passte genau zu den vergangenen drei Tagen, an denen auf insgesamt fünf Bühnen in einem herrlichen Park, jung, ganz jung und alt sowohl auf, als auch vor der Bühne den Multikulti-Jazz des diesjährigen Programms leben. Hierzulande (leider) kaum bekannte Jazzmusiker präsentierten vom Avantgarde über klassisch-Bigband und WorldJazz bis hin zum Jazzrock die in beeindruckender Weise die schillerende Vielfalt des Jazz.
So hat die belgische Jazzjugend sogar eine eigene Bühne und so konnte der Besucher z.B. den erst 14-jährigen Hendrick Lasure aus Brügge erleben, der selbstbewußt und unter dem Beifall seiner Altersgenossen Jazzstandards präsentierte. Bunt und jung war es schon vor diesem Gig und bunt und jung ging es weiter, denn das "Gaume Jazz Festival" ist auch ein Festival der Jazzjugend Belgiens. Ob Les Petits Gaumais du Jazz, Jaune toujours oder le Brussel Youth Jazz Orchestra, alle wussten mit vor allem mit ihrem verspielt witzigen und lockeren Umgang mit dem Jazz zu überzeugen.
Wem der elektrisch verstärkte Jazz zu viel wurde, konnte zwischendurch in die nahe gelegene Kirche des kleinen Ortes gehen, in der u.a. der belgische Gitarrist Fabien Degryse mit verblüffend sparsam arrangierte Jazzstandards und der belgische Ausnahmegitarrist Myrddin seinen Flamenco in meditativer Umgebung abseits des "Trubels" Momente des Innehaltens schafften.
Wie bereits erwähnt, steht Multi-Kulti und Integration bei den Festivalmachern ganz oben auf der Liste, wenn es um die Programmierung des Festivals geht. Sowaren u.a. Musiker aus Brasilien, Bulgarien, Tunesien, Frankreich, Marokko, Argentinien, USA, Mali, Bosnien, Niederlande, Schweden, Armenien, Zaire, Congo, Burkina Faso und Dänemark vertreten. Die meisten von ihnen haben allerdings ihren Lebensmittelpunkt in Belgien. Deutsche Jazzmusiker waren, wie auch auf den vielen anderen von ruhrjazz.net in diesem Jahr besuchten internationalen Festivals, nicht vertreten.
Besonders bunt ging es bei der Formation "Mixtuur" zu. Nicht nur dass in dieser 13-köpfigen Formation allein Musiker mit fünf unterschiedlichen Nationalitäten spielten, auch die Instrumente waren eine außergewöhnliche Mixtur. So tummelten sich neben dem gewohnten Instrumentarium Akkordeon, Balafon, Cello, Tuba, und selten zu sehende Percussions auf der Bühne.
Besonders begeistern konnte die fünf Mannen aus fünf Ländern von Hijaz, die eine konsequent gekonnte Mischung aus arabisch-nordafrikanischen Musikelementen und Modern-Jazzspielten. Sicherlich wird von dieser Formation noch einiges zu hören sein.
Es ist schon beeindruckend mit welcher Leichtigkeit und Lockerheit die Festivalmacher dieses Festival planen und durchführen. Wir sehr die Förderung und Präsentation der eigenen Musiker im Vordergrund steht und wie konsequent der Gedanke der Integration verfolgt wird. Während, wie bereits erwähnt in den Nachbarländern sehr großer Wert darauf gelegt wird, dass bei den Festivals nationale Künstler zum Zuge kommen, ist bei den Festivals in Deutschland genau das Gegenteil zu beobachten. Auf deutschen Festivals dominieren die Jazzmusiker anderer Nationalitäten und die deutschen Jazzmusiker sind in der Minderheit. Ein Zustand, der von allen Verantwortlichen (Festivalmachern, kommunalen Verantwortlichen und Sponsoren einmal überdacht werden sollte.
Zum Schluss noch die obligatorischen Tipps zu Unterbringung und Verpflegung. Auf dem "Gaume Jazz Festival" steht die Verpflegung leider nicht so im Vordergrund. Auch die Unterbringung in Hotels ist eher bescheiden. Das nächstgelegene Hotel war 20 Minuten mit dem Auto vom Festivalgelände in dem kleinen Städtchen Florencine. Ein Besuch mit dem Wohnmobil oder Zelt kann allerdings sehr empfohlen werden. Auf dem Festivalgelände selbst kann gezeltet werden und in Rossingnol kann auch problemlos mit dem Wohnmobil geparkt und übernachtet werden.