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Find your voice! Raise your voice!

Bericht von drei Tagen jazzahead

Bremen, 29.04.2025
TEXT: Stefan Pieper, Bernd Zimmmermann, Christoph Giese | FOTO: Stefan Pieper

Die jazzahead! in Bremen oszillierte bei ihrer 19. Ausgabe zwischen Euphorie und Verdrängung: Während auf den Bühnen künstlerische Brillanz zelebriert wird, bleiben existenzielle Fragen der Branche zumindest nach außen hin oft unausgesprochen. Auf jeden Fall synchronisiert dieses "weltweit größte Jazz-Meeting" mehrere Paralleluniversen miteinander – bei dem aber die vielen menschlichen Begegnungen sozusagen den informellen Pulsschlag hinter der offiziellen Fassade als das eigentliche Herzstück bilden.

In den Messehallen war ein auffallender Trend offensichtlich: Da sind immer weniger Stände unabhängiger Akteure, vor allem kleinere Labels fehlen, ebenso Festivals. Wer mit jedem letzten Euro kalkulieren muss, überlegt es sich wohl zweimal, Standgebühren in Bremen zu investieren. Warum auch? Man kennt sich, man begegnet sich und trifft sich wieder, und die essenziellen Deals und Verbindungen entstehen sowieso irgendwo anders – beim Absacker an der Bar, in den Hotelfoyers oder auf den Fluren, wenn der formelle Teil längst vorüber ist. Und auch in den zufälligen musikalischen Begegnungen, vor allem den spontanen Jamsessions oft spät nach Mitternacht schlägt unermüdlich der Puls dieses Branchentreffs. Auch wenn in der Kulturbranche alles immer digitaler wird - der physische Austausch und die unmittelbare Begegnung wird immer den Kern der Sache bilden und dafür braucht die Szene ihre jazzahead!.

Gefragt nach ihrem persönlichen Eindruck zur spezifischen Stimmung bei der diesjährigen Ausgabe, antworteten gleich mehrere, dass hier eine fast schon verdrängende positive Grundstimmung herrscht und viele Zeitumstände, vor allem so manche reale Bedrohungen für die Kultur kaum Thema seien. Dabei boten mehr als 50 Panels und Workshops zukunftsweisenden Diskursstoff wie Nachhaltigkeit, KI oder Green Touring. Aber nur im hermetischen Zirkel über Funkkopfhörer und nicht einmal die Website informierte im Vorfeld über das Was? Wo? Und Wann? Dem zahlenden Musikkonsumenten-Publikum wird auch hier eine Auseinandersetzung mit den schwierigen Überlebensrealitäten der Kultur kaum zugemutet.

Wofür die jazzahead! auf jeden Fall - in diesem Jahr noch durch neue Formate erweitert - ein Statement setzt: Für die Sinnhaftigkeit von Livekonzerten und Konzertkultur. Für die auftretenden Künstler sind die Showcases weit mehr als „normale" Konzerte – sie sind zugleich Bewerbungssituationen, um an zukünftige Auftritte heranzukommen. Zugleich werden sie – und das tut beiden Seiten gut – von einem begeisterungsfähigen Publikum meist mit stehenden Ovationen gefeiert. Die beeindruckenden Zuschauerzahlen, vor allem in den Messehallen, rangieren in Größenordnungen, die für Jazzveranstaltungen außergewöhnlich sind, wenn „Nischen-Kunst" in Formaten eines „Mainstream-Festivals" stattfindet. Positive Utopie?

Ein wundervoller Auftakt

Fulminant war der Auftakt: Das "Large Ensemble" des Schweizer Gitarristen Louis Matute hatte die diesjährige jazzahead! eindrücklich eröffnet! Und da es dieses Mal gleich drei Partnerländer bei der Messe gab – neben der Schweiz noch Spanien und Frankreich, die übrigens alle schon mal einzeln für sich Partnerländer waren in den vergangenen Jahren, ergänzte Matute sein formidables Sextett mit Gästen aus den Partnerländern. Aus Spanien waren das Trompeter Yelfris Valdés und Flötistin Marta Mansilla, aus Frankreich die beiden Sängerinnen Célia Kameni und Gabi Hartmann.

Natürlich hörte man bei den speziellen Stücken mit den Gästen, dass da keine total eingespielte Combo musiziert. Die Gast-Solisten sorgten jedoch für schöne Färbungen in der Musik. Aber die Klangwelten der Kernband zu Beginn des Konzertes, die Verquickungen von virtuosem Jazz mit südamerikanischen, folkloristischen Sounds, das Überschneiden eigentlich konträrer Kulturen, die Vermischung von akustischen und elektrischen Klängen, das zeigte einen reifen, eigenständigen Louis Matute, der seine Musik auf der Gitarre ausdrucksstark modellieren kann.

Kultur findet immer statt, wenn ein Publikum mal mit etwas anderem als nur mit Hype und Show zum Ausrasten gebracht wird. Wie sehr die Band Hilde dies mit ihrer sehr fragilen, kammermusikalisch-experimentellen Musik hinbekam und damit wirklich den Schlachthof zum Ausrasten brachte, das hatte am Freitag sogar die Kenner überrascht. Es geht also doch, Zuhörende mit komplexen, manchmal labyrinthischen und überraschenden Erlebnissen aus der Reserve zu locken.

Eine weitere Entdeckung aus dem Partnerland Spanien war ein Trio um Marco Mezquida (Piano), Martín Meléndez (Cello) und Aleix Tobias (Perkussion). Dies vereinte liedhafte Melodien, feinste Jazzdiktion und spanische Einflüsse zu einer organischen Einheit mit Seele, auch hier freut man sich auf baldige Fortsetzungen irgendwo im Lande, denn auch die anwesenden Veranstaltenden und Booker wird dieser Auftritt begeistert haben. Eine schwedisch-estnische Formation um Svante Söderqvist (Kontrabass, Cello, Vocals), Tuulikki Bartosik (Akkordeon, Elektronik), Adam Forkelid (Piano) und Fredrik Rundqvist (Drums) hatte sich auf die heilende Kraft von Musik eingeschworen, was manchmal aber auch zu viel Heile-Welt-Feeling erzeugte – wenn man dies mit genug Feinsinn wie diese Band ausgestaltet, lässt sich dennoch eine ganze Halle ins Träumen hinein versetzen.

Auch die melodische Musik vom norwegischen Trio Maridolen um Andreas Rødland Haga (Kontrabass), Anders Hefre (Saxophon) und Jonas Kilmork Vemøy (Trompete) hatte zunächst durchaus sedierende Qualitäten und dies durchaus im positiven Sinne. Die hohe Kunst liegt darin, hieraus etwas Tieferes zu schöpfen – in diesem Sinne vereinten sich hier kunstvoller Minimalismus und architektonische Präzision und auch die polyphonischen Reibungen zwischen Saxophon und Trompete möchte man gerne bald - vielleicht in einem etwas kammermusikalischeren Umfeld - wieder hören.

Klare Ansagen und eine megacoole Band zum Finale

Bei so vielen Bands, die sich dem seelenwärmenden Guten und Schönen verhaftet fühlten, brauchte es dann doch mal wieder etwas mit Ansage – und dies kam von dem brandneuen kollektiven Projekt "Stimme! rund um die Schlagzeugerin Eva Klesse, mit Evgeny Ring (Saxophon), Philip Frischkorn (Piano), Marc Muellbauer (Kontrabass) sowie den Gästen Zuza Jasinska (Vocals), Michael Schiefel (Vocals) und Philipp Rumsch (Elektronik, Sound Design). Da ging es kunstvoll, energetisch und zugleich emotional tief berührend in einen narrativen Strudel aus Poetik, Jazz-Oper, wilden Ausbrüchen und intimen Erkundungen hinein, variantenreich befeuert vom energetischen Schlagzeugspiel von Eva Klesse. Und das alles wurde zum souveränen Gefäß für geballten textlichen und politischen Überbau aufgrund diverser, aktivistischer Textrezitationen zu gesellschaftlichen und emanzipatorischen Themen. Gipfelnd in einer Botschaft, die sich eigentlich als wünschenswertes Leitmotiv für die gesamte jazzahead! noch viel mehr Gehör verschaffen könnte: "Find your voice, raise your voice!"

Eine der coolsten Bands des gesamten Festivals kam zum Abschluss aus Frankreich. Der französische Posaunist Robinson Khoury gab mit seinem Trio in hochkomprimierter Form alles zurück, was so mancher zu „schöne" Auftritt in Bremen vorher hatte vermissen lassen. Die energetisch überkochende, hypnotische Rhythmik der Perkussionistin, verstärkt durch Dubstep-Loops und analoge Synthesizer, schuf einen Klangraum, in dem Khourys Posaune, aber auch seine wilden Eskapaden auf einem oldschool Analogsynthesizer psychedelisch filterte und immer wieder neu zusammensetzte. Da lebte er wieder, jener Geist vieler belgischer und französischer Bands aus dem Progressive-Rock-Freejazz-Spektrum, wo Musikmachen auch immer mit Dreck unter den Fingernägeln zu tun hat. Weniger akademisch sein, dafür die physische Intensität maximieren – so etwas braucht man diesem Trio definitiv nicht mehr ins Hausaufgabenheft reinschreiben.

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