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Festival für alle Altersklassen

Trans4JAZZ

Ravensburg, 22.11.2024
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Hans Bürkle

Er ziert das Festivalplakat und auch das Programmheft. Theo Croker sieht aber auch zu cool aus auf diesem Foto! In der Hocke auf einem Hocker hockend, das Hemd geöffnet. Die Trompete hängt lässig von ein paar Fingern gehalten herunter. Man könnte ihn so glatt für einen HipHopper und nicht Jazzmusiker halten. Aber die Basis und der Ausgangspunkt der Kunst des US-Amerikaners ist immer der Jazz. Das ist beim Eröffnungskonzert des diesjährigen Trans4JAZZ-Festivals in jedem Moment spürbar. Und manchmal agiert sein Quartett auch völlig akustisch wie eine amtliche Jazzband. Zumeist aber servieren die vier auf der Bühne des ausverkauften Kulturzentrums Linse in Ravensburgs Nachbargemeinde Weingarten einen Mix, der gar nicht so leicht mit Worten definierbar ist. Croker ist ein Spiritualist und ein politisch denkender Künstler und hat den musikalischen Blick längst auf eine Crossover-Kultur gerichtet, wo sich Jazz, knallige Schlagzeugbeats, hallige, ätherische Trompetensounds, Elemente aus HipHop und Club-Elektronik, Afrofuturismus, gesampelte Stimmen und rituelle Stammesgesänge ganz organisch begegnen und zu einem packenden, von Visuals untermalten, spacigen Gebräu verbinden.

Untrügliches Gespür für eingängie, swingende Melodien

Musik ohne jeglichen Hipness-Faktor, die auch noch das schon ein wenig abgeschmackte Label Fusion-Jazz trägt, da hätte man bei den Yellowjackets, die es schon seit 1981 gibt, an einen eher farblosen Abend glauben können. Aber weit gefehlt. Das Quartett um Mitgründer und Tastenmann Russell Ferrante und dem auch schon seit 1990 mitwirkenden Saxofonisten Bob Mintzer versteht es auch nach dieser langen Zeit mit alten Hits und neuen Tracks und hochmusikalischem Zusammenspiel zu begeistern. Mit nach wie vor untrüglichem Gespür für singbare, eingängige, swingende Melodien, wohldosierte Improvisationslust, soulige Saxofonsoli oder melodiös groovende, funkige E-Bass-Läufe.

Das Trans4JAZZ pendelt zwischen diesen beiden Polen – Hipness und Retro. Die britische Band Nubiyan Twist, mit knackigen Bläsern, der charismatischen Frontfrau und Sängerin Aziza Jaye und ihrer tanzbaren Mischung aus Jazz, Soul, Funk und Highlife erweisen sich der perfekte Act für die Samstagnacht im coolen Club Kantine - und um junge Leute zum Festival zu locken. Auch Daniel Herskedal wäre so ein Künstler für junges Publikum, mit seinem Spiel auf Tuba und Basstrompete. Mit geloopten und wenigen vorprogrammierten Klängen reicherte der norwegische Klanggestalter in einer Kirche sein Live-Spiel an und komplettierte es zu sehr atmosphärischen, weiten und ruhigen, traumhaft schönen Klangbildern. Auch wenn mit zunehmender Konzertdauer nordisch anmutende Kälte die Beine langsam hochzog in der riesig großen und daher nur schwer vernünftig zu beheizenden Kirche.

Ein interessantes Projekt für jedes Alter hatte Stefanie Heinzmann mit nach Ravensburg gebracht. Die bekannte Schweizer Pop- und Soulsängerin hatte sich von Geiger, Komponist und Arrangeur Miki Kekenj Stücke und Hits ihres eigenen Repertoires neu arrangieren lassen, für klassisches Streichensemble plus Klarinette. Mikis Takeover! Ensemble spielt schon seit Jahren Popmusik auf klassischen Instrumenten mit verschiedenen großen Namen aus der Popwelt. Und auch mit der Musik von Heinzmann funktioniert das ziemlich gut, bekommen die Songs doch ganze neue Färbungen verpasst. Auch wenn Heinzmann und Kekenj ihre lockeren und auch humorigen Gespräche auf der Bühne dann und wann vielleicht ein wenig zu sehr ausdehnten, als ziemlich gute Pop-/Soulstimme konnte die Schweizerin auch in den ungewohnten klassischen Arrangements brillieren.

Der Sound strahlte wie norwegisches Fjordwasser

Jan Garbarek steht dagegen wieder für das Etablierte im Jazz. Der norwegische Altmeister und sein langjähriges Quartett mit Tastenmann Rainer Brüninghaus, Bassist Yuri Daniel und Schlagwerker Trilok Gurtu beschlossen das Festival im ausverkauften, wunderschönen neobarocken Saal des schon lange unter Denkmalschutz stehendem Konzerthaus von Ravensburg. Was soll man noch zu dem Klangästheten auf den Saxofonen sagen. Noch immer strahlt sein Sound klar wie norwegisches Fjordwasser. Keine Note spielt der 77-Jährige zu viel. Zugänglich ist seine Musik auch noch immer, seine nordische Seele klingt immer mit durch. Aber der zweistündige, pausenlose Auftritt des Quartetts blieb merkwürdig bruchstückhaft. Garbareks Begleiter bekommen ohne Ende Spielraum für lange Solodarbietungen. Vor allem Trilok Gurtu darf sich an Tablas, Cajón und anderem Instrumentarium seinen rhythmischen und auch soundgestalterischen Fantasien genüsslich und ewig lange hingeben. Aber dem Publikum gefiel das, nimmt man den nicht enden wollenden stürmischen Beifall am Konzertende zum Maßstab.

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