Fantastischer Abend mit kongenialem Duo
Jens Thomas & Jürgen Spiegel auf Schloss Horst
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Stefan Pieper
Schon der Beginn dieses außerordentlichen Konzertabends sorgt für Staunen. Da kommen der Pianist Jens Thomas und der Schlagzeuger Jürgen Spiegel auf die Bühne der atmosphärisch ausgeleuchteten Glashalle im Schloss Horst, setzen sich an ihre Instrumente, und Thomas beginnt zu summen, steigert sich aber rasch in energievolles Schreien. Dann startet irgendwann der erste Song. „Cortez the Killer“, einer der großen Hits aus den 1970ern von Neil Young. Und natürlich klingt die Version von Thomas und Spiegel ganz anders als beim berühmten kanadischen Songwriter und Musiker. Keine markanten Gitarrensoli, dafür die Transformationen hin zu eigenwilliger, kraftstrotzender Jazzverwandlung.
Ein ganzes Album hat der gebürtige Braunschweiger Jens Thomas dem großen Neil Young gewidmet. Thomas mag es sich Musik aus anderen Genres zu eigen zu machen. So hat er es schon mit Filmmelodien von Ennio Morricone gemacht, mit Liedern von Sting oder AC/DC. Und auch an die Vertonung von Goethe-Texten hat sich der Pianist, der längst auch seine Gesangsstimme für sich entdeckt hat, gewagt.
Nun also Neil Young. Wo das solo eingespielte Album „Neil Young Collage“ vielfach sanft und fast zurückhaltend daherkommt, geht es live im Schloss Horst ordentlich zur Sache, kann Thomas, angetrieben vom Drummer, auch sein schauspielerisches Talent immer wieder unter Beweis stellen. Und auch dadurch dass die beiden auf der Bühne die Stücke von Neil Young gerne auch mal ineinander fließen lassen, die bekannten Themen von Songs wie „Sleeping in the eye of the storm“, „Like a hurricane“ oder „Heart of gold“ nur als grobe Richtlinie für ihre Kreativität betrachten und daraus ganz eigene Musk entwickeln, verspielt, mit eigenen Dynamiken, Überraschungen und Wendungen, erlebt der Zuhörer Neil Young-Musik völlig neu. Frei gedacht und interpretiert, mit stimmlich mitunter wilden Ausbrüchen von Jens Thomas, die aber wunderbar in diesen Kontext passen. Aber auch die lyrische Seite von Neil Young beleuchtet der singende Pianist. An einem fantastischen Abend der Reihe „FineArtJazz“ mit einem kongenialen Duo, in dem Drummer Jürgen Spiegel auf den ersten Blick vielleicht nicht so im Fokus stand, aber durch sein Schlagzeugspiel der Dramatik und Energie dieses Auftritts viel Leben einhauchte.