Expressivität und Ideenreichtum
David Murray bei DinJazz
TEXT: Hans-Bernd Kittlaus | FOTO: Thomas Termath
Schon im Herbst 2007 hatte der Saxofonist und Bassklarinettist David Murray ein umjubeltes Konzert in Dinslaken gegeben. Jetzt war es der regen Dinslakener Jazz Initiative wieder gelungen, den in Paris lebenden Amerikaner für einen seiner seltener gewordenen Auftritte in Deutschland zu verpflichten, den einzigen in NRW auf dieser Tour. 2007 stellte Murray’s Konzert mit seinem Black Saint Quartet eine Sternstunde inspirierter spiritueller Black Music dar (vergleiche CD + DVD „Live in Berlin“, jazzwerkstatt jw 2002). Dementsprechend hoch waren die Erwartungen jetzt – vermutlich zu hoch, denn solche Sternstunden sind dann doch rar.
Murray war mit seinem neuen Infinity Quartet angekündigt, d.h. mit Marc Cary am Klavier, Jaribu Shahid am Bass und Nasheet Waits am Schlagzeug, die auch auf Murray’s neuester sehr gelungener CD „Be My Monster Love“, Motema 233724) dabei sind. Doch leider kamen weder Cary noch Waits nach Dinslaken. Stattdessen spielte der langjährige Archie Shepp Begleiter Steve McCraven das Schlagzeug, und am Klavier saß der wenig bekannte Detroiter Pianist Rod Williams. Beide wirkten nicht gut vertraut mit den Arrangements. Trotzdem wurde das Ganze ein ordentliches Konzert mit exzellenten langen Solos von Murray, meist am Tenorsaxofon, aber auch an der Bassklarinette, und einem furios aufspielenden Jaribu Shahid am Bass. Auch Rod Williams hatte solistisch gute Momente. Die Musik bestand aus verschiedenen Stücken der neuen CD, dem einen oder anderen Standard und einer Homage an den kürzlich verstorbenen Schlagzeuger Ronald Shannon Jackson. Murray näherte sich mitunter dem Mainstream, um dann doch immer wieder auszubrechen in wilde freie Passagen. Es gibt wenig Saxofonisten, die ihm im Hinblick auf Expressivität und Ideenreichtum das Wasser reichen können. Auch sein Sound auf der Bassklarinette war ein Genuss.
So konnten die rührigen Macher der Jazz Initiative Dinslaken am Ende mit dem Konzert zufrieden sein. Trotz mancher finanzieller Herausforderung gelingt es seit 17 Jahren, attraktive Konzerte in einem durchdachten Programmmix in der Stadt anzubieten. Mit dem frisch renovierten Ledigenheim im Dinslakener Stadtteil Lohberg steht eine gute, wenn auch akustisch herausfordernde Spielstätte zur Verfügung. So hat sich die Jazz Initiative einen treuen Zuschauerkreis erarbeitet, der das Angebot eines Saisonabos gern angenommen hat. Auch für Gäste aus dem Umland lohnt sich die Anfahrt angesichts des attraktiven Programms.