Jazz und Tanz zum Auftakt
Klavier-Festival Ruhr
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski / Klavier-Festival-Ruhr Matthias Baus (Foto Katrin Zagrosek)
Zwischen Ende April und Mitte Juli werden beim Klavier-Festival Ruhr wieder sehr bekannte Künstler wie Sir András Schiff, Hélène Grimaud oder Igor Levit Konzerte spielen. Daneben treten aber auch 23 meist junge Pianistinnen und Pianisten das erste Mal auf. Ein ganz besonderes Jahr für das Klavier-Festival Ruhr nach der fast 30-jährigen Intendanz von Professor Franz Xaver Ohnesorg, der kürzlich leider überraschend verstarb. Katrin Zagrosek (letztes Foto untere Reihe) hat die Intendanz zum Jahresbeginn übernommen. Sie und Ohnesorg hatten bereits 2023 eine reibungslose, harmonische, gemeinsame Übergangssaison bestritten.
Gemeinsame Sprache mit Musik und Tanz
Leonard Birnbaum (Foto untere Reihe), Schirmherr des Klavierfestival 2024 und Vorstandsvorsitzender der E.ON SE, betonte nach dem Auftakt mit Schülerinnen und Schülern der Gemeinschaftsgrundschule Duisburg Marxloh, die zu Scott Joplins „Maple Leave Rag“ tanzten – begleitet vom Emmet Cohen Trio -, dass dies der beste Start für das Klavierfestival sei. Die Education Arbeit des Klavierfestivals zeige, dass Musik verbinde und das einzige was wirklich Zukunft schaffe sei die Bildungsarbeit mit den Kindern. Seit nunmehr 16 Jahren schmiedet das Festival im Ruhrgebiet Bündnisse mit Schulen und sind Teil ihres Lehrplans. „This was very special for us and gave good vibrations“, so Emmet Cohen. Er sei stolz darauf, dass sie – das Trio und die Kinder - in wenigen Stunden dies gemeinsam auf die Beine gestellt haben. „Wir haben nur den Moment und Musik gibt uns besondere Momente“ sagte er mit einem strahlenden Lächeln dazu. Ina Brandes (Foto untere Reihe), Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, betonte, dass hier durch Musik und Tanz eine gemeinsame Sprache gefunden wurde. Und zudem konnte hier Education mit Jazz verbunden werden. Ein fester Bestandteil des Klavierfestival Ruhr sind und bleiben hochkarätig besetzte Jazzkonzerte in der Reihe Jazz Piano. Die ideale Wahl für den Festival Auftakt bot das stilistisch breit aufstellte Trio des 33-jährigen Emmet Cohen.
Emmet-Cohen-Trio auf Europa-Tournee
Der Pianist und Komponist Emmet Cohen zählt in den letzten Jahren zu den bekanntesten Persönlichkeiten des zeitgenössischen Jazz. So hat er selbst in Coronazeiten eine live gestreamte Auftrittsreihe produziert. Sein „Live From Emmet’s Place“ unterstützte seinen bahnbrechenden Erfolg und Popularität. Der Gewinner der American Pianists Awards 2019 und Finalist beim Thelonious Monk International Piano Competition 2011 Cohen macht regelmäßig Schlagzeilen im Jazz at Lincoln Center, im Village Vanguard und im Birdland und ist auf den Jazzfestivals in Newport, Monterey und North Sea aufgetreten. Von Ende April bis Mitte Mai 2024 ist er nun auf Europa-Tournee mit seinem Trio. Gemeinsam mit Bassist Philip Norris und Kyle Poole am Schlagzeug überzeugte Cohen beim Festival-Auftakt in Duisburg. Die drei Musiker sind ein kongeniales Team. So spielt Cohen mit Poole seit zwölf Jahren zusammen. Von Jazz Speaks als „junger, erstaunlicher Schlagzeuger“ gefeiert, lebt der in Los Angeles geborene Kyle Poole seit 2011 in New York City und beeindruckt immer wieder mit seinem Schlagzeugspiel. Norris bezeichnet Emmet Cohen als Fundament für seine Band. Dessen Zusammenarbeit umfasst angesehene Namen wie Wynton Marsalis, The Jazz At Lincoln Center Orchestra, Joshua Redman, David Sanborn, Veronica Swift und in jüngerer Zeit Emmet Cohen.
Zehn Stücke hatte das Emmet Cohen Trio dabei. Und eindeutig war zu spüren: „That’s the meaning of Jazz“, was auch Emmet Cohen betonte. Sie würden den Moment immer wieder neu erleben und erschaffen, fügte er hinzu. Sei es bei „Time on my hands“ oder „Without a Song” bis hin zu „Satin doll“. Mit viel Speed und sehr groovig kam „Spill in the tea“ daher, gefolgt von der Ballade „Everlasting“ – zunächst nur mit Cohen am Flügel. „Groundwork“ eröffnete Kyle Poole mit einem fulminanten Drumsolo. Er verfügt über überwältigende Kraft und Präsenz, aber auch über eine große Subtilität in der Berührung, wenn er plötzlich die Sticks unter den Arm klemmt und sanft mit den Pinseln über das Drum Set streicht. Das brillante Intro zu „Tea for two“ zelebrierte Philip Norris mit seinem Bass. Das Trio überwältigt mit einem Drive-Feeling nach dem anderen. Emmett spielt mit einem harmonischen Ton, den er von seiner Meisterin Sherry Berg geerbt hat, und nutzt dabei auch interne Spieltechniken, wie das Kratzen der Klaviersaiten wie bei einer Harfe. So als ob er alle Funktionen des Klaviers als Jazzinstrument hervorheben würde und das mit beispielloser Präzision.
Festival herausragender Musikinterpretationen
Alle Künstlerinnen und Künstler des Festivals eint die leidenschaftliche Hingabe an die Musik und die bedingungslose Liebe zum Klavier, so Intendantin Katrin Zagrosek Die Gäste des Festivals erwarte dennoch ganz verschiedene Kunstauffassungen und Spielarten. Das Klavierfestival Ruhr sei ein Festival herausragender Musikinterpretationen, dass im besonderen Maße zu einem Festival der Begegnung werden solle. Für 2024 wurde ein großes Spektrum der Klavierkunst vorbereitet. So mit neu in der Szene angekommenen „Youngsters“ - vier Pianisten zwischen 20 und 30 Jahren, die ihr technisches Können, längst bewiesen und zu einem persönlichen Stil gefunden haben. Sie werden im Salzlager auf Zeche Zollverein auftreten- Mit Klavier und Elektronik wird ein neuer Klangkosmos eröffnet, so wie durch Francesco Tristano, der seine Konzerte auch gern mal mit einem richtigen guten DJ-Set verlängert. Klassik Konzerte mit Jan Lisicki, Alexander Melnikov und vielen andern stehen auf dem Programm. Im Bereich Jazz Piano finden acht Konzerte statt – nach dem Emmet Cohen Trio stand am folgenden Tag Brad Meldau & Kirill Gerstein „in Dialogue“ auf der Bühne.
Weitere Termine für „Jazz Piano“:
06. Mai – Pablo Estigarribia – in Oberhausen
15. Mai – Omar Sosa & Paolo Fresu (Trompete) – in Essen
22. Mai – Harold López-Nussa – in Essen
04. Juni – Christian Sands Quartet – in Essen
13. Juni – Tingvall Trio – in Essen
16. Juli – Jason Moran & hr-Bigband (125 Jahre Duke Ellington) – in Duisburg
Weitere Infos und Programmüberblick: https://www.klavierfestival.de/. Es gibt eine große Auswahl und Intendantin Katrin Zagrosek brachte es auf den Punkt: „Konzerte sind Seelennahrung - das brauchen wir in der jetzigen Zeit besonders dringend“.