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Erfrischend und sympathisch

Eindrücke vom 6. JazzChurFestival

Gelsenkirchen, 18.09.2025
TEXT: Christoph Giese | FOTO: mediamarc GmbH

Warum sollte man mal nach Chur fahren? Nun, die beiden weltberühmten Kurorte Davos und St. Moritz sind nicht weit entfernt, bekannte Skigebiete wie Arosa Lenzerheide auch nicht. Und nach Italien dauert es ebenfalls nicht mehr so lange. Und das Alpenpanorama – einfach bezaubernd. Ein paar Tage in der ältesten Stadt der Schweiz zu verbringen, das ist einfach sehr schön. Wenn man dann noch ein Event wie das JazzChurFestival dabei entdecken kann, macht das die Reise nach Chur perfekt.

Europäischer Jazz und junge Schweizer Szene 

Der Fokus dieses sympathischen, nahbaren Festivals liegt auf dem europäischen Jazz und auch auf der jungen Schweizer Szene. Spielort des Festivals ist die Postremise, Ende des 19. Jahrhunderts in Doppelfunktion als Reithalle und Schauspielhaus erbaut. Ein gemütlicher Ort mit einer netten Bar, wo an zwei Abenden auch Jam Sessions stattfinden. Man kann die Musiker nach den Auftritten in der Bar antreffen, der persönliche Kontakt ist fast unausweichlich. Und auch im Konzertraum herrscht eine intime, direkte Atmosphäre. Was bei einer Band wie dem Trio Knobil aus Lausanne wunderbar ist und der Bandleaderin, Kontrabassistin und Sängerin Louise Knobil entgegenkommt. Ist die junge Schweizerin doch eine Künstlerin mit viel Herz und Wärme, die alleine schon mit ihren süßen Ansagen in holprigem Deutsch mit französischem Akzent die Herzen des Publikums erwärmt. Frisch und gewitzt, voller poetischer Fantasien, ist auch die Musik von Knobil, aberwitzig so mancher Song, etwa der über das Öffnen eines Pesto-Glases im Lockdown. In der Besetzung Kontrabass, Bassklarinette (Chloé Marsigny) und Schlagzeug (Vincent Andreae) wirbeln Knobil Hörgewohnheiten durcheinander und bestechen durch eine punktgenaue Abstimmung untereinander, etwa wenn Bassklarinette und Stimme völlig synchron agieren in diesem swingenden und groovenden Chanson-Postbop-Glitzerjazz.

Ebenfalls eingängig, aber anders, poppiger, ohne dabei aber das Jazzige aus den Augen zu verlieren, präsentierte sich in Chur die schon länger in Paris lebende, ausdrucksstarke und energievolle Luzerner Sängerin Lea Maria Fries mit ihrem Quartett, in dem vor allem der brasilianische Pianist Leonardo Montana mit seinem geschmackvollen Spiel verzückte. Fries kann es aber auch leise, zurückgenommen. Eine in allen Nuancen starke Stimme des Schweizer Jazz. Auch die deutsche Sängerin Sara Decker bewegt sich mit ihrem Projekt Expand zwischen Jazz und Pop. Und überzeugte mit leicht daherkommenden Songs mit Texten mit Tiefgang und ihrem angenehmen, warmen, ruhigen, einfühlsamen Gesangsstil. Im Verbund mit ihren Bandmates wie der Vibrafonistin Yuhan Su oder Schlagzeugerin Mareike Wiening , die beide die Musik innerhalb der festen Songstrukturen schön öffneten mit ihrem Spiel und ihren Ideen.

Immer wieder ist die Drmaturgie perfekt 

Stolpernde Rhythmen der südkoreanischen Schlagzeugin Sun-Mi Hong, dazu auch mal verquere Bass-Grooves vom Bandleader, und darüber parlieren dann zwei Saxofone herrlich einzeln oder miteinander, verzahnen sich, stürzen sich in emotional-heiße Soli. So klingt Alessandro Fongaro´s Pietre, das in Holland beheimate, akkordlose Quartett des italienischen Kontrabassisten Alessandro Fongaro. Und verzückte mit einem dichten, vielschichtigen, mitreißenden Sound. Und wie Jesse Schilderink dabei das Baritonsaxofon zu spielen versteht, nämlich auch mal mit einer warm tönenden Zartheit, bis man das bei diesem Instrument selten gehört hat. Zwei Schweizer, ein Finne und ein Italiener, das ist das äußerst kreative Projekt A Novel Of Anomaly des Schweizer Sängers Andreas Schaerer. Der kann mit seiner Stimme ja so ziemlich alles anstellen, scatten, hohe Töne lautmalerisch und emotional füllen, wie eine Beatmaschine oder ein Blasinstrument klingen, aber auch mal berührend „einfach“ singen. Luciano Biondini liefert mit seinem Akkordeon mediterrane Folklorefarben, während Gitarrist Kalle Kalima avant-jazz-rockige Prisen in die Songs streut. Ein freudvolles Klangvergnügen!

Was das JazzChurFestival neben seinem erfreulich starken Fokus auf die junge und spannende Schweizer Jazzszene noch ausmacht, ist die Dramaturgie der Konzertabende. Zwischen den beiden expressiven Konzerten von Andreas Schaerer von Alessando Fongaro ein Saxofon-Solo-Set des Schweizers mit indischen Wurzeln Ganesh Geymeier zu platzieren - perfekt. Sehr meditativ klang dieses Konzert, und vielleicht nicht besonders aufregend, aber doch irgendwie genau das Richtige in diesem Moment. Und am Abend danach setzte das Festival zwei unterschiedliche Klaviertrios hintereinander. Zunächst das Trio des Tessiner Pianisten Gabriele Pezzoli mit seinen sensiblen, sehr melodischen und romantisch tönenden Eigenkompositionen. Dann das energiegeladen agierende Olga Reznichenko Trio mit immer wieder überraschenden Improvisationen in den unberechenbaren Kompositionsstrukturen, mit soghaften, rhythmisch vertrackten Stücken Musik voller herrlicher Widerhaken.

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