Ensemble Contrabajando spielt Tango Nuevo
Rundum überzeugende Hommage an Astor Piazzolla
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker
Eintauchen in die Welt des Tango Nuevo, in den musikalischen Kosmos des bekennenden Jazz- und Bach-Fans Astor Piazzolla ermöglicht das Konzert des Ensemble Contrabajando im ausverkauften Kunstmuseum Bochum. Das Quintett mit Felicitas Stephan (Violoncello), Stefanie Schulte-Hoffmann (Akkordeon), Sabine Böker-Kaminsky (Flügel), Wolfgang Lehmann (Gitarre) und Uli Bär (Kontrabass) verzaubert das Bochumer Publikum mit einem schlüssigen Programm, betitelt mit „Vier Jahreszeiten in Buenos Aires“. Präsentiert werden „klassische“ Piazzolla-Titel wie Libertango, oder – in der Zugabe – Oblivion und Adios Nonino oder der Zyklus Vier Jahreszeiten, in dem Piazzolla „seine“ Stadt musikalisch porträtiert. Dem Cellisten und Arrangeur vieler Piazzolla-Stücke, José Bragato, widmet man sich in Trio-Besetzung, die drei weiblichen Mitglieder des Quintetts arbeiten den Schmelz und die rhythmische Strenge von Milontan hochkonzentriert heraus. Wie es überhaupt dem Quintett gelingt, den melancholischen Grundtenor von Piazzollas Tango, die pulsierende Energie, die gefühlvolle Eleganz der „Tango Pasión“ zu treffen. Man hört heraus, dass das Quintett lange eingespielt und auf die Musik Piazzollas eingeschworen ist und mit viel Spielfreude die unterschiedlichen Facetten des Piazzolla’schen Oeuvres differenziert zum Schwingen bringen kann. Auch die Ambivalenz der Gefühlswelt, etwa in der Kontrastierung von dem ruhig-gefühlvollen Milonga del Angel mit dem energisch-pochenden Vayamos al Diablo, interpretiert das Quintett in einer feinfühlig abgestimmten typischen Engel-Teufel-Opposition. Aus der Feder des zeitgenössischen Komponisten und Jazzpianisten Daniel Stawinski stammt das Stück Ingrids Tango, eine beschwingte und energievolle Quintett-Fassung mit Solo-Ausflügen von allen fünf Musikern.
Das Quintett überzeugt durchgängig mit seiner perfekt abgestimmten Interpretation. Das Ensemblespiel präpariert gekonnt die Dynamik- und Tempo-Wechsel, die rhythmischen, harmonischen und klanglichen Charakteristika der einzelnen Stücke, vor allem deren jeweilige Farbe. Besonders hervorzuheben ist Felicitas Stephan, die ihrem Cello wunderbare Kantilenen entlockt, die dem Grundtenor des Tango Nuevo die Dimension und Ausdruckskraft der menschlichen Stimme verleiht. Großartig!
Die Reihe des Kulturvereins Westfalen e.V. im Kunstmuseum Bochum erweist sich immer mehr als gelungene Bereicherung des städtischen, ja regionalen Musiklebens, das Publikum weiß dies zu schätzen.