Bild für Beitrag: Endlich live | Axel Fischbachers Five Birds and Strings
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Endlich live

Axel Fischbachers Five Birds and Strings

Ahlen, 21.08.2021
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper

Axel Fischbacher s sagte es in Ahlen ehrlich heraus: „Es ist ein ungewöhnliches Gefühl wieder auf der Bühne zu stehen.“ Man erinnere sich: Im Jahr 2019 war sein ambitioniertes „Five Birds and Strings“-Projekt ins Leben gerufen und zweimal schon aufgeführt worden - dann schoss aus bekannten Gründen die Zwangspause dazwischen. Gerade für große Projekte, für die eine Konzertournee Teil des kreativen Prozesse ist, fühlt sich so etwas wie ein herber Einschnitt an. An Präsenz hat Fischbachers verdienstvolles Bandprojekt aber nicht verloren dank vielbeachteter CD- und Vinyl-Veröffentlichungen.

Aber live ist dies doch eine ganz andere Hausnummer! Diesmal in Ahlens großer, schmucker Stadthalle auf Initiative der Kulturgesellschaft Ahlen. Wenn die münsterländische Kleinstadt die Kultur pflegt, steht auch der Jazz ganz oben. So etwas spricht sich herum.

Bühne frei! Vom ersten Ton an wird klar, dass es Axel Fischbacher um alles geht, nur nicht um eine Neuauflage jener Charlie-Parker-Besetzung mit Streichorchester - eine der letzten Platten des unsterblichen Bird. Wo dieser die Streicher als süßliches Sahnehäubchen über eher ruhige Stücke legte, da nimmt die Besetzung der Wuppertaler Kammerphilharmonie einen ungleich emanzipierteren Standpunkt ein. Vor allem ihnen gebührt es, bei vielen Stücken das große Opening zu zelebrieren - etwa, direkt zu Beginn: Elektrisierend, druckvoll und so vibratoarm „unromantisch“ wie möglich formen die Violinen ein chromatisches Motiv, wie es auch jedem modernen Komponisten des 20. Jahrhunderts zur Ehre gereichen würde. Raffiniert fädeln sich die Linien von Fischbaches Bläsersection ein, dann nimmt die kraftvolle Rhythmusgruppe aus Nico Brandenburg (Bass) und Tim Dudek (Drums) ihre Arbeit auf -getreu der ewigen Maxime: it aitn nothing, if it wohnt have that swing. Diese Streicher und diese Jazzcombo ergeben zusammen eine extrem coole Angelegenheit! Keine Frage, dass natürlich auch Fischbachers, unter anderem durch John Scofield geprägtes Gitarrenspiel mittendrin ist, sozusagen als letzte Instanz die Oberhand behält. Die Strukturen bei den Five-Birds and Strings sind fokussiert und nie labyrinthisch - und deswegen kommt auch in jedem der variantenreichen Stücke Jazz mit allen Ausrufezeichen dahinter heraus. Es darf dabei auch mal in einer süßlich-träumischen Ballade geschwelgt werden. Kerngesschäft bleiben aber die spannungsgeladeneren, treibenden Nummern - immer aufs Neue bauen die Streicher ihre ostinatohaften Strukturen auf, die zu jazzigen Themen für den Rest der Combo werden oder umgekehrt. Saxofon, Flügelhorn und Gitarre bilden einen starken Verbund für die Melodien und durchweg stimmig ist die Balance mit den - dezent elektrisch verstärkten Streichern. Aus den Reihen des Orchesters erhebt sich der Geiger Joerg Widmoser zu manchem furios gespielten Solo-Höhenflug, was der solistischen Power von Denis Gäbel am Saxofon, Matthias Bergmann am Flügelhorn und Gitarrist Axel Fischbacher selbst souverän Paroli bietet.

So viel zum Vorurteil, dass Klassik-Musiker nicht improvisieren können! Allerdings muss man hier relativeren: Widmoser ist ein Special Guest an diesem Abend und normalerweise Primarius beim Münchener Modern String Quartett, einem der dienstältesten genreübergreifenden Streichquartette -bei denen ist die Verneinung von jedem Schubladendenken genauso Programm wie bei Axel Fischbacher s „Five Birds and Strings“.

So vergehen siedend heiße, von Spiellust und disziplierter Präzision getragene 75 Minuten wie im Fluge mit einer von weitgespannten Improvisationen getragenen Hommage an die Rockband Soft Machine zum Finale vor der Zugabe. Man kann sich nicht satthören an diesem Reichtum an Klangfarben, in denen Jazz hier stattfindet und sich in neuen Gefilden erneuert. Von einer riesigen Gestaltungslust bei Axel Fischbacher zeugen die Arrangements, für die er detaillierte Orchesterpartituren bis auf den letzten Ton erarbeitet hat. Immer wieder verblüffen Aha-Effekte: So ist es doch vielfach nur eine Frage von Instrumentierung und Klangfarbe, ob eine Musik als Jazz oder als moderne Kammermusik konnotiert ist: Harmonien, Melodieverläufe, Rhythmik sind doch oft viel wesensverwandter, als es das konventinelle Schubladendenken wahr haben will. Wer jetzt traurig ist, diese Mischung aus furiosem Live-Erlebnis und Erkenntnisgewinn verpasst zu haben, braucht dies nicht zu sein- sollte sich aber beeilen: Morgen nachmittag gastieren die Five Birds and Strings bei den Hildener Jazztagen.

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