Emißatett im Kunsthaus Troisdorf
Die Kunst der Improvisation
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
Es ist zwei Jahre her, das Emißatett zuletzt in der Region spielte. Nun führt eine Kurztour die Cellistin Elisabeth Coudoux mit ihrer Band zum Winterjazz nach Köln, nach Duisburg in die Harmonie und nach Troisdorf in das Kunsthaus. Die Band ist ursprünglich als ein Trio mit Robert Landfermann am Bass und Matthias Muche an der Posaune gegründet worden. So hat die Gruppe auch 2017 im LOFT konzertiert. In Troisdorf erleben wir die erweiterte Band. Für die ersten CD Aufnahmen 2015 hat Elisabeth Coudoux die Band um Etienne Nillesen mit seiner präparierten Snaredrum und Philip Zoubeck am Piano erweitert. Mit dieser Besetzung ist die Band am Start. Philip Zoubek spielt allerdings kein Klavier, sondern einen Korg Synthesizer.
Umgeben von moderner Kunst wird dem Publikum Improvisationsmusik geboten. Das Setting könnte kaum passender sein. In der bildenden Kunst lösten sich in den ersten Jahrzehnten den 20. Jh. alte Kunstvorstellungen auf und es entwickelten sich neue Stile der Malerei, wie der Kubismus, der Konstruktivismus, Dada, Surrealismus und vieles mehr. Die Gruppe Emißatett hat sich ebenfalls von den formalen musikalischen Regeln gelöst und arbeitet in freier Improvisation zusammen. Aber auch das ist keine neue feste Regel. Elisabeth Coudoux schreibt durchaus auch Stücke für das Ensemble, die allerdings den einzelnen Instrumentalisten viel Raum zum Improvisieren lassen. Diesmal ist nur das Eröffnungsstück komponiert, danach improvisiert die Band frei. Dieses erste Stück entwickelt sich zu sich einem dichten Soundteppich aller Instrumente, dessen Grundlage Philip Zoubek am Synthesizer legt.
Dann spielt Matthias Muche ein langes emphatisches Solo, Etienne Nillesen setzt an seiner präparierten Snaredrum federnde Klöppel ein, die Elektronik knirscht und rauscht und Elisabeth Coudoux benutzt ihren Bogen am Cello perkussiv. Matthias Muche lässt die Posaune knattern und vibrieren, während Robert Landfermann und Elisabeth Coudoux, beide mit Bögen, ein Duo entwickeln.
Es gibt auch ganz zarte und feinfühlige Passagen, die beiden Streicher spielen sehr fein, dazu leise Luftgeräusche mit der Posaune und ein subtiles Spiel auf der Snare. Elisabeth schließt ein langes graziles Cellosolo an und Philip Zoubek produziert ein grollendes Geräusch mit allerlei Kacken und Knarzen am Synthesizer. Aber es gibt auch Momente im Konzert, da hört sich die Musik an, als ob Pferde durch die Steppe jagen, mit brüllender, wiehernder Posaune, Schlägen auf den Bass, Bürstenschaben auf den Snare Fell und pluckerndem und waberndem Synthesizer.
Alle Musiker setzen immer wieder erweiterte Techniken an ihren Instrumenten ein, ob Elisabeth mit dem Bogen unten am Stachel des Cello spielt, Robert mit dem Bogen hartes Knarzen am Holz des Bass hervorruft, Etienne mit einem Bogen an seiner Snare spielt oder Matthias Klackgeräusche am Mundstück produziert.
Mit einem langen Synthi Solo von Philip Zoubek, aus dem nach und nach alle Musiker*innen aussteigen, geht das Konzert zu Ende. Viele überraschende Momente, spannendes Zusammenspiel als Duo, Trio oder Ensemble, sensible und wilde Passagen, all das konnte auf dem Emißatett Konzert erlebt werden. Das Publikum nimmt Teil an der Entwicklung von Musik in Echtzeit.
Besonderer Dank geht an Frank Baquet, der im Kunsthaus Troisdorf improvisierter und experimenteller Musik eine Bühne gibt. Letztes Jahr im September kuratierte er im Kunsthaus das kleine Festival – Experimentale, auf dem in vier Tagen acht verschiedene Formationen auftraten. Dieses Festival soll auch dieses Jahr wieder stattfinden. NRW Jazz wird darüber informieren.
www.kunsthaus-troisdorf.de