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Ellington Trio

Ein neuer Blick auf Duke Ellington

Essen, 23.05.2022
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert

Das Ellington Trio ist zurzeit in NRW unterwegs, um sein neues Album "Things Ain't what they used to be“ vorzustellen, welches soeben auf dem Label Jazzsick-Records erschienen ist. Dazu machten Barbara Barth Gero Körner Caspar van Meel auch im ‚Alten Bahnhof‘ in Essen-Kettwig Station.

Das Konzert beginnt mit Don’t get around much anymore. Vom ersten Takt an steht der Groove wie eine Eins, man merkt sofort, da sind echte Profis am Werk. Dieses Stück war zu den Hochzeiten der Pandemie ein Hit, der wegen des Titels mal mehr, mal weniger gut gecovert wurde. Leider meiden wegen Corona immer noch viele den Konzertbesuch, denn ein Drittel der Plätze ist nicht besetzt. Da haben einige wirklich ein tolles Konzert verpasst!

  • Von der Bigband zur Kammermusik

Duke Ellington kennt fast jeder. Viele seiner Stücke sind Jazz Standards geworden, Caravan z. B. wird auch von Musikern anderer Genres gespielt. Ich habe den Duke selbst Anfang der 70er Jahre bei einem Konzert in Kamen erlebt. Der Name Duke Ellington steht für Big Band Sound. Das nach ihm benannte Trio spielt seine Stücke, geht musikalisch aber andere Wege. Diese kammermusikalisch angelegte Besetzung mit Piano, Bass und Gesang ist schon etwas Besonderes.

Das Ellington Trio besteht seit sieben Jahren, 2016 hat es sein erstes Album Duke's Place herausgebracht. Genau am heutigen Tag erscheint nun „Things ain't what they used to be“ und wird auch gleich in der Konzertpause verkauft.
Das Besondere des Ellington Trios besteht neben der Besetzung darin, dass es einen anderen Blick auf Ellingtons Musik ermöglicht. Das betrifft die Auswahl der z. T. unbekannten Stücke, aber auch die Ausgestaltung bestimmter Passagen, deren Harmonik zu Ellingtons Zeiten zukunftsweisend war. Außerdem werden klassische Soli aus der Bigband-Zeit auf andere Instrumente umgeschrieben und in die Trio-Form eingebracht.

  • Things ain't what they used to be

EllingtonTrio · Snippet Ellington Trio - Things Ain't What They Used To Be

Dieser Titel hat nicht zu Unrecht dem ganzen Album den Namen gegeben, weil er auch diesen neuen Blick thematisiert. Einige Stücke kennt man zwar: In a Mellow Tone, Cotton Tail, Perdido, Take the A Train, It don't mean a thing und Things ain't what they used to be. Doch sie werden nicht einfach nach der Vorgabe des Real Book gecovert. Immer wieder gibt es Finessen, die Aufmerksamkeit erregen. Z. B. wenn Caspar die Rhythm Changes erklärt, die Akkordfolge, die ursprünglich von I got Rhythm stammt, dann aber für viele andere Stücke übernommen wurde. Cotton Tail, ist da so ein Beispiel. Der junge Jimmy Blanton war damals Bassist und hatte leider nicht mehr lange zu leben. Caspar van Meel steht ihm musikalisch in nichts nach, ist aber glücklicherweise inzwischen einige Jahre älter geworden. Einen Text hat das Stück nicht, aber Barbara Barth hat dazu – nach 82 Jahren - ein SaxSolo Ben Websters aus dem Konzert vom 4. Mai 1940 transkribiert, das sie nun im Scat-Stil vorträgt.

Als Intro zu Perdido, eine Komposition von Ellingtons Posaunisten Juan Tizol, spielt Gero ein von ihm transkribiertes Original Klaviersolo von Ellington. Und Take the „A“Train – das muss einfach sein, wo sonst, wenn nicht hier im Bahnhof!
Besonders interessant wird es bei den weniger bekannten Stücken. Oft wird da Ella Fitzgerald genannt, Barbara lässt sich dadurch nicht beirren, denn sie hat ihre eigenen Interpretationen. So auch bei Azure, das sehr ruhig beginnt, ein guter Kontrast nach den zwei vorherigen Stücken. Barbara singt langsam mit dunkler Stimme, nach und nach entsteht anhand von Vokalisen ein Klangbild, das vor allem vom Bass mit einem sehnsüchtig, fast schon orientalisch klingenden Solo ergänzt wird. Da Caspars Bogen in Reparatur ist, wird das Solo – anders als auf der CD - nicht gestrichen, sondern gezupft.

Dass I'm gonna go fishing von Ellington stammt, hätte ich nie gedacht. Er hat es 1959 als Anatomy of a Murder komponiert. Peggy Lee hat im selben Jahr dazu einen Text geschrieben und das Stück sehr bekannt gemacht. Dass es eigentlich ein Blues ist, obwohl es nicht so klingt, merkt man spätestens beim Piano-Solo, denn Gero Körner hat einfach den Blues im Blut. Wenn er loslegt, hat man den Eindruck, die Musik fließt ihm geradezu aus den Händen. Und Caspar überrascht das Publikum – und wohl auch sich selbst – mit einer neuen Art des Bassspiels: aus einer spontanen Idee heraus greift er einen Akkord am Hals und schlägt den Bass wie eine Gitarre an (s. Foto unten). Das habe ich noch nicht gesehen!
Angelica
(Purple Gazelle) kommt aus der Zeit, als Bossa Nova im Jazz groß geschrieben wurde. Duke spielte es 1962 mit John Coltrane. Caspar weist drauf hin, dass der Zwischenteil über Harmonien läuft, die damals ungewöhnlich waren. Barbara stellt sich voll darauf ein und so klingt sie manchmal fast wie Astrud Gilberto.
Brown-Skin Gal (In The Calico Gown) klingt erstmal sehr traditionell, auch das ist Ellington, doch dann swingt es wieder ungemein. Insgesamt klingt diese Version viel lebendiger als das Original, toll, wie eng Stimme und Klavier harmonieren und auch bei einzelnen Noten genau auf dem Punkt sind. Die Zugabe I like the Sunrise klingt geradezu hymnisch. Barbara singt mühelos über zwei Oktaven und zeigt - über ihren überragenden Umgang mit Scatting und Vocalisen hinaus - ihr Können auch im Bereich der klassischen vocals. Ein schöner Abschluss.

  • Ellington Trio: viel mehr als eine Coverband

Diese Band ist ein gut eingespieltes Team. Das zeigt sich schon an den wechselnden Ansagen, man merkt, dass sich die Musiker gut verstehen. Blickkontakte sind die Regel, zumindest soweit möglich, denn das Klavier ist links außen unglücklich platziert. Musikalisch gehen die Übergänge zwischen den Soli mühelos vonstatten, viele Call-Response Sequenzen zelebrieren geradezu die musikalische Kommunikation. Im Vergleich mit einer Bigband spielen die Soli hier eine viel größere Rolle, weil sie zahlreicher und auch visuell klarer erkennbar sind. Tanzen ist zwar nicht angesagt, doch das war wohl nur in der Swing-Zeit populär.
Dieses Trio hat Ellington nicht gecovert, sondern mit einem eigenen Sound neu interpretiert. Bravo!

Über die neue CD, bei der bei einigen Stücken auch Frederik Köster mitspielt, werden wir demnächst ausführlicher berichten.

Snippets unter https://www.ellingtontrio.com/musik

https://www.bahnhof-kettwig.de/

weitere Konzerte

18.6.22 Alte Brennerei Röhnsal feat. Frederik Köster
15.7.22 Just Great Music Festival @ Kulturgießerei Saarburg
7.10.22 Jazzclub Hürth feat. Frederik Köster
5.11.22 Jazzclub Lübbecke
17.11.22 Haltestelle Kempen
9.12.22 Kulturkirche Ost, Köln



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