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Einmal Echokammer und zurück

Nils Petter Molvaer ganz für sich allein

Dorsten, 19.10.2019
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper

Nils Petter Molvaer ganz allein auf einer Bühne: Das ein ganz anderes Hörerlebnis als seine energetischen Band-Auftritte – und mutete bei einem Soloauftritt in der Dorstener Galerie Traumfänger doch von seinem Charakter her extrem vertraut an! Auf den Trompeter und Klangforscher aus Norwegen war bei einer Kooperation zwischen der Fine-Art-Jazz-Konzertreihe und dem Münsterland-Festival Verlass.

So wie der späte Miles Davis seinen Sound bevorzugt mit dem Dämpfer manipulierte, so geht Molvaers frei atmendes, aufs hypnotische Wesentliche konzentrierte Trompetenspiel in unermesslichen elektronischen Welten auf. Und wie etwa Jon Hassell solche Klangwelten mit fernöstlicher Spiritualität auflud, so kreiiert Molvaer hier seine eigene Diktion als musikalischer Reisender – eine große Rolle spielte über viele Jahre die Club – und DJ-Musik, aktuell haben es ihm vor allem Einflüsse aus Nordafrika.

„Ich lasse mich stark von der weiten norwegischen Landschaft inspirieren, aber ich schöpfe auch aus einem multikulturellen Ort wie Berlin viel kreative Energie“, sollte er dann später auch im Gespräch bekunden.

Molvaer schöpft aus all dem eine mächtige, eigene Diktion und rückt den etwa 250 auch teilweise von weither angereisten musikbegeisterten Menschen in der „Galerie Traumfänger“ damit betörend nah. Oft mit einer Hand am Laptop bzw. einem kleinen Mischpult, bedient er simultan zur Trompete seine virtuelle „Band“. Imaginäre Chöre kommen aus der Ferne. Dumpfe, gedämpfte Minimal-Techno-Beats erzeugen diese nervös-unnahbare Aura, als würde man draußen vorm Berghain stehen. Stimmen-Samples durchdringen verhallte Galaxien. Die Landschaften, in denen sich Molvaers Trompetenspiel auf eine Art Suche begibt, sind weit und unvorhersehbar. Seine „Stimme“ auf dem Horn ist voller kühler, sphärischer Strahlkraft und doch auch zerbrechlich-einsam zugleich. Manchmal „singt“ sein Trompetenton in einer Art Unisono. Nie einen Ton zu viel offenbaren die pentatoischen oder modalen Tonfolgen, die er in seinem frei atmenden Spiel bevorzugt.

Er nutzt dabei konsequent jene Freiräume, die dieser Soloauftritt bietet, kontrolliert und verändert den Gestus, verlangsamt den Beat oder löst ihn auf. Und erzeugt empfindsame Momente, wenn sich eine melancholische Linien mit seidigen Synthesizerteppichen verwebt. Die Dramaturgie dieses exklusiven Live-Events wirkt dadurch etwas sehr dem Zufall überlassen. Gerade die ersten 20 Minuten dieses in einem Durchgang gespielten Konzertes türmen eine fast psychedelische imaginäre Kraft auf. Später wirkt es manchmal etwa zu introvertiert, was den Eindruck von Länge aufkommen lässt. Aber im Jazz kann nicht immer alles perfekt sein, wo der offene Prozess und das unvorhersehbare Resultat doch zum Prinzip gehört...

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