Ein Opernhaus ohne Dach?
23. Malta Jazz Festival
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Ein Opernhaus ohne Dach? Ja, auf Malta ist es jetzt eröffnet worden. Wenn nicht auf der sonnenreichen Mittelmeerinsel, wo dann? Auch wenn viele Malteser diese Idee nicht so gut finden, hätten sie sich doch lieber wieder so ein prachtvolles Gebäude gewünscht wie das Royal Opera House, das Ende des 18. Jahrhunderts errichtet ein Prunkstück am Eingang zur Hauptstadt Valletta war. Doch Bomben während des Zweiten Weltkrieges zerstörten das Haus. Der italienische Stararchitekt Renzo Piano hat aus den übriggebliebenen Grundmauern nun ein Open Air-Theater konstruiert, das jetzt beim „Malta Arts Festival“ erstmals benutzt wurde. Auch Jazz könnte dort toll klingen. Doch das „Malta Jazz Festival“ sucht keine neue Bleibe, hat es doch mit dem pittoresken Ta´ Liesse einen zauberhaften Spielort direkt am Wasser des Grand Harbour, den Chick Corea vor Jahren einmal als Postkarte bezeichnete, was die maltesischen Jazzfans noch heute erfreut.
Freuen durften sich die maltesischen und auswärtigen Jazzfreunde auch auf das Programm der 23. Ausgabe des „Malta Jazz Festivals“. Drei feine Abende hat Sandro Zerafa zusammengestellt. Der in Frankreich lebende Jazzgitarrist aus Malta ist im fünften Jahr Künstlerischer Leiter des Festivals, das sich dieses Mal pianolastig zeigte. Mit den Trios von Gerald Clayton, der zusätzlich noch den Altsaxofonisten Logan Richardson mitbrachte, und Vijay Iyer spielten zwei Klaviertrios der jüngeren Generation auf und zeigten im Falle von Clayton eine frische und elegante Musik zwischen Tradition und Moderne und im Falle von Vijay Iyer eine ebenfalls spannende Mischung aus starken Melodien und kraftvoller, grooviger Energie. Tastenmann Robert Glasper geht da noch einen Schritt weiter mit seinem nach ihm benannten Projekt „Experiment“ und seiner Mischung aus Jazz, R&B und psychedelisch angehauchtem Soul, für den vor allem Casey Benjamin mit seiner durch einen Vocoder gejagten Stimme sorgte. US-Sänger Gregory Porter schafft mit seiner warmen, vollen Stimme gleich eine schöne Atmosphäre. Jazz, Soul, Blues, Gospel – der Mann mit der Mütze mit den langen Ohrenschützern kann alles singen und tat das auch auf Malta, angetrieben von seiner exzellenten Band, aus der der japanische Saxofonist Yosuke Satoh mit seinem variablen Spiel herausragte. Satoh stahl mit seinen heißen Soli dem Bandleader fast die Show.
Richtig stark war der Auftritt des Quartetts von Gilad Hekselmann. Von den Musikern seiner aktuellen, famosen CD „This Just In“ hatte der israelische Gitarrist zwar nur den Bassisten Joe Martin mitgebracht, aber zusammen mit Drummer Jeff Ballard und Tenorsaxofonist Ben Wendel war auf Malta eine unglaublich dichte, spielfreudige Einheit auf der Bühne zu erleben, die schon rein optisch ganz nah zusammenrückte. Und die musikalisch muskulös und treibend und dabei doch warm aufspielte und ihren Fluss an Ideen nie versiegen ließ. So mitreißend klangen „Cusp“ mit Drummer Luke Briffa, Gitarrist Jes Psaila und Bassist Alan Portelli zwar nicht. Aber die drei Malteser wussten mit ihren eigenen Stücken dennoch zu gefallen und hatten eine durchaus raffinierte Fassung von Wayne Shorters „Speak No Evil“ zu bieten.
Nicht nur, dass jeden Abend eine maltesische Band eröffnete - das „Malta Jazz Festival“ denkt nun auch verstärkt an den heimischen Nachwuchs. Das mit einer lebendigen Jazzszene auf Malta sei schwierig, meint Sandro Zerafa. Es sei eben viel leichter geworden woanders hinzugehen. Und junge, vielversprechende maltesische Jazzmusiker würden die Insel eben verlassen. Für die, die noch geblieben sind, gab es in diesem Jahr erstmals zwei zusätzliche Programmpunkte. Im Malta Summer Jazz Camp konnte der heimische Jazznachwuchs an fünf Tagen Unterricht nehmen bei auf dem Festival spielenden Musikern wie dem französischen Gitarristen Romain Pilon, der auch beim Auftritt des maltesischen Saxofonisten Walter Vella auf der großen Festivalbühne mitwirkte. Und der Malta Jazz Contest belohnte den Sieger mit einem Festival-Gig in Paris. Diese Veranstaltungen sollen für Stimulation und Motivation bei den maltesischen Jazzern führen. Mittelfristig träumt Sandro Zerafa von einem ganzjährig funktionierenden Jazzclub auf seiner Heimatinsel. Und der umtriebige Programmdirektor hat noch weitere, bislang noch nicht spruchreife Pläne für den Jazz auf Malta.