Ein Kesselchen Buntes
Klaeng Festival
TEXT: Uwe Bräutigam, Stefan Pieper | FOTO: Uwe Bräutigam, Stefan Pieper
Drei Tage gehört der Stadtgarten dem Klaeng Kollektiv und seinen Gästen. Das Klaeng Festival geht in sein siebtes Jahr, seit zwei Jahren ist es im Stadtgarten zu Hause.
24.11.
Das Robert Landfermann Quintett eröffnet den ersten Festivalabend. Robert Landfermann der umtriebige Bassist des Klaengkollektivs hat mit seinem Quintett gerade eine neue CD herausgebracht, die von den Kritikern sehr gelobt wird. Aber im Stadtgarten spielt das Quintett nur neue Stücke, die nicht auf der CD sind. Die Gruppe zeichnet sich durch ein empathisches Zusammenspiel aus. Landfermann stärkt mit seinem Bassspiel das kollektive Miteinander des Quintetts und zeichnet sich als Komponist aus. Er hat vier herausragende Musiker in seiner Band versammelt:
Christian Weidner – Altsaxophon, Sebastian Gille – Tenorsaxophon, Elias Stemeseder – Piano, Jim Black – Schlagzeug.
Aus dem hohen Niveau aller Musiker ragen besonders das kraftvolle Spiel des Drummers Jack Black und des einfühlsame hochemotionale Spiel des Tenorsaxophonisten Sebastian Gille heraus. Das Tenorspiel von Sebastian Gille erinnert stellenweise an einen weiblichen Klagesang.
Das Robert Landfermann Quintett ist definitiv ein Höhepunkt des Festivals.
Dr nächste Programmpunkt ist das Duo Streifenjunko aus Norwegen. Im Programmflyer finden wir zum Duo Streifenjunko die Bezeichnung „kraftvolle Musik.“ Nichts ist irreführender als das. Die beiden Norweger Espen Reinertsen am Saxophon und Eivind Lonning an der Trompete spielen ihre Instrumente in dem sie hauchende Luftgeräusche erzeugen, konventionelle Saxophon oder Trompetenklänge fehlen völlig. Die Musik pendelt zwischen Piano und dreifachem Pianissimo. Eine ungemein subtile Musik, die von den ZuhörerInnen eine enorme Konzentration erfordert. Die beiden Musiker haben ihren eigenwilligen Sound mit Elektronik erweitert.
Die letzte Band des Abends ist Liis mit der dänischen Sängerin Live Foyn Friis, Karsten Lipp aus Berlin an der Gitarre und dem Norweger Christian Windfeld an den Drums. Liis macht poppige Indie/Singer Songwriter Musik. Sie bringen mit ihren Songs einen Hauch nordischer Melancholie in den Stadtgarten.
25.11.
Robert Landfermann ist auch bei der Band, die den zweiten Abend eröffnet, mit von der Partie. Es ist das Pablo Held Trio, mit Jonas Burgwinkel am Schlagzeug und Pablo Held am Piano. Alle drei Musiker sind Mitglieder des Klaeng Kollektivs. Über diese Gruppe braucht nicht viel gesagt werden. Das Pablo Held Trio ist eine international erfolgreiche Jazzband. Das Trio legt keine Setliste fest und entscheidet auf der Bühne über den Spielverlauf. Das Trio demonstriert ein traumwandlerisches Zusammenspiel. Ein großartiges Konzert, die Zuhörer im Stadtgarten sind begeistert. Ein weiterer Höhepunkt des Festivals.
Jede Musikerin, die nach diesem Trio spielen muss, hat es schwer. Elisabeth Coudoux (geb. Fügemann), Mitbegründerin des IMPAKT Kollektivs, schafft es mit ihrem Cello Soloprogramm ein weiteres Highlight zu setzen.
Ihr Cellospiel ist voller Phantasie, eine Mischung aus Improvisation und selbst komponierten Teilen. Mit ihren erweiterten Spieltechniken schafft sie immer neue Ausdrucksmöglichkeiten, die von sehr feinen Klängen bis zu kraftvollen Bogenstrichen reichen.
Das ganze Spiel ist, trotz einigen schnellen Passagen und bewussten Brüchen, von großer Zartheit getragen. Ein kleiner Roadmovie in hellen Farben. Elisabeth Coudoux nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch wechselnde musikalische Landschaften. Ganz großes Kino.
Noch unter dem Eindruck des Soundtrips von Elisabeth Coudoux, betritt ein bulgarischer Folklorechor die Bühne. Die zwanzig Sängerinnen des Katena Chor, unter Leitung von Katya Barulova, treten in altbulgarischen Trachten auf und singen traditionelle Lieder aus den unterschiedlichen Regionen Bulgariens und des Balkan. Sicher der ungewöhnlichste Part des Festivals.
26.11.
Wo die künstlerischen Leiter zugleich auch fabelhafte Musiker sind, kann natürlich bestens aus eigenen Potenzialen geschöpft werden, wie das Robert Landfrmann Quintett und das Pablo Held Trio bereits zeigten.
„Medusa Beats“ heißt die aktuelle Band des Schlagzeugers und Klaeng-Mitbegründers Jonas Burgwinkel . Zu erleben gab es hochkomplexe Interaktionen im gleichberechtigten Ideenfluss. Pianist Benoit Delbecq liebte an diesem dritten Festivalabend die verspielten Läufe, Jonas Burgwinkel zeigte sich als Lieferant kraftvoller rhythmischer Muster, aber auch immer wieder als meditativer Klanglyriker am Schlagzeug. Und es gab viel zu tun, um der latenten Führungsrolle von Bassist Petter Eldh Paroli zu bieten. So geht improvisiertes Miteinander, das sich vor allem in den Randbereichen des Genrebegriffes Jazz erst richtig wohl fühlt! Dass in der klassischen Musik, vor allem im modernen Repertoire immer noch so viel Entdeckenswertes schlummert, darauf hatte der Kölner Pianist Florian Ross in einer flammenden Grundsatz-Vortrag auf dem UDJ-Forum eine Woche vorher hingewiesen. In kolossaler Manier machte im Stadtgarten das renommierte Auryn-Streichquartett diese Erkenntnis hörbar. Man konnte darüber diskutieren, wer schließlich das größere Kompliment verdiente: Die Streicher des Auryn Quartetts, die ihr ambitioniertes Spiel mit resoluter Präzision, aber unter suboptimalen Bedingungen (zu viele Nebengeräusche durch eine Lüftung) entfalteten? Oder das Publikum, das sich vorbehaltlos öffnete und auf Anhieb in diese wirklich schonungslose Materie eintauchte? Witold Lutoslawkis Streichquartett zeichnet ein sprödes Geflecht aus Motiven und Klanggesten, schöpft umso verdichtetere Abläufe aus einem raffinierten Zufallsverfahren. Auch Bartoks zweites Streichquartett bietet komprimierte Strukturen und viel einschüchternde Strenge, gepaart mit bebender Leidenschaft und vielen Spurenelemente in der osteuropäischen und vereinzelt auch in der arabischen Musiktradition. Bartok ist hier genauso „open minded“ wie es sich für jeden engagierten Jazzer gehört, wenn es um das unablässige Erforschen und Einverleiben kultureller Reichtümer geht. Auch wenn das Auryn-Quartett nicht ultimativ die ganzen Potenziale der klangsinnlichen Verfeinerung und Zuspitzung ausreizte - die Zuhörer wurden davon berührt, erlebten tief und analysierten wenig. So mucksmäuschenstill ist es in einem „normalen“ Klassik-Konzertsaal bei derart „ungefälliger“ Musik selten... Doch es war an diesem Festivalabend noch nicht genug der unbekümmerten Richtungswechsel: „Der König“ nennt sich ein eigenwilliger Alleinunterhalter aus Wien, der gleichzeitig rappt, energisch das Drumset spielt und schrillbunte Klangfarben mit viel Liveelektronik malt. Licht ins Dunkel bringt „der König“ durch neonfarbene Aufkleber und ebenso gefärbte Lippen, so dass nur ein Mund ohne Gesicht zu sehen ist, aus dem Rapsalven und dadaistische Poetry kommen. Das wirkte alles zusammen ganz schon „spooky“, aber setzte auch die Tanzbeine von jung und alt (!) zuverlässig in Bewegung.
Drei Tage Klaeng, drei Tage musikalische Diversität, bunt gemischt mit MusikerInnen aus acht Ländern. Die Höhepunkte des Festivals sind die Ensemble in denen Klaeng Mitglieder selbst spielen und nicht zu vergessen das fulminante Cello Soloprogramm von Elisabeth Coudoux aus dem IMPAKT Kollektiv.
Der nächste Klaeng Termin im Stadtgarten Köln ist am 21.12.: Klaeng – Die Serie # 8
www.klaengkollektiv.de