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Ein Halleluja der besonderen Art

Tingvall Trio in der Friedenskirche

Ratingen, 01.09.2021
TEXT: Peter E. Rytz | FOTO: Zbiszek Lewandowski

Tingvalls Dance

Die 1972 erbaute Evangelische Friedenskirche in Ratingen versteht sich als ein Haus, das die Träume verwaltet. Sie sind so bestimmt wie unbestimmt. Die Antwort darauf bleibt jedem Einzelnen überlassen. Subjektiv in seinen Empfindungen bezüglich den jeweiligen religiösen Vorstellungen von Gott und den Menschen.

Diesen Geist des Träumerischen spürt man selbst dann noch, wenn der Kirchenraum zu einem Ort der Begegnung außerhalb des Ritus eines Gottesdienstes wird. Beispielsweise in den in loser Folge angebotenen Jazzkonzerten. Das Konzert des Martin Tingvall Trios klingt wie ein musikantisch jubilierendes Halleluja. Vor der silbrig glänzenden, das Erdenrund assoziierenden Himmelsscheibe hat man, vom ersten Titel ihres neuen Albums Dance an, den Eindruck, als wollten Martin Tingvall (p), Omar Rodriguez Calvo (b) und Jürgen Spiegel (dr) die ganze Welt umarmen.

Das seit vielen Jahren in dieser Besetzung spielende Trio strotzt vor Selbstbewusstsein. Es ist, als würden sie dem Publikum aufmunternd und ohne plumpe Anbiederungsaffekte zurufen: Hey, wir sind für Euch da. Dance as groovingdreams, kommt einerseits mit schwedisch inspirierter Volksliedhaftigkeit träumerisch daher. Andererseits malen die Musiker mit spanischer (Spanish Suite) oder karibischer (Cuban SMS) Klangfarbigkeit.

Geschichten aus der Kindheit

Oder sie erzählen Geschichten, die Tingvall aus seiner Kindheit erinnert, etwa Comics, in denen Schwertkämpfe von Rittern seine Phantasie bis heute beflügeln (Rittarden). Spätestens mit diesem fünften Set verstetigt sich das kontrastierende Sounding als pure Spielfreude. Motivisch von Tingvall mit tiefenentspannter Überzeugung angestimmt, phrasiert Spiegel lyrisch kommentierend mit dezidierten Jazz-Besen-Drum-Betonungen, andererseits mit kraftvollem, energiegeladenem, mitunter geradezu berserkerhaft anmutendem Ganzkörpereinsatz. Von Calvo mit geschmeidig gesetzten Bass-Lines reflektiert, durchklingt ein für ihr Spiel typischer Sound die Kirche. Man glaubt hören zu können, wie die Himmelsscheibe diesen Sound in die Welt reflektiert.

Dabei ist eine wunderbare Entdeckung zu machen. Neben den Jazz-Granden Tingvall und Spiegel behauptet sich Calvo nicht nur auf Augenhöhe des Mitspielens. Sein Bassspiel glänzt durch elegante Noblesse und Ästhetik, die für sich allein schon faszinierend anzuschauen ist. Verbunden mit souverän gesetzten Betonungen, raunt und fabuliert sein Bass mit ausdrucksstarkem Melos.

Ungewöhnliche Soundräume

Allen Musikern wird immer wieder Raum zum solistisch kadenzierten, improvisierten Gestalten eingeräumt. Dabei auf den Trio-Sound fokussiert, steht letztendlich ein Dance affiner Tingvall-Trio-Klang. Calvo entwirft ungewöhnliche Soundräume. Wenn er in Cuban SMS den Bogen rückwärts über die Saiten zieht, flirrt der Bass in klangvoller Helle. Spiegel liefert, charakterisiert durch eine flexible Mischung von Stakkato-Heftigkeit wie mit hintergründig gedämpftem Moderato, eine rasante Drum-Performance ab.

Last, but not least durchträumt Tingvall, beispielhaft in Arabic slow Dance, mit frappierender Selbstverständlichkeit die Klaviatur, wie er locker und gelöst zwischen einzelnen Songs von den Geschichten hinter den einzelnen Titeln erzählt. Vägen (Der Weg), eine Komposition, die ihn mit jedem Konzert wieder auf neue Art und Weise zu seinen musikalischen Wurzeln führt, bildet auch in Ratingen das programmatische Tingvall-Finale. Dass erst nach zwei Zugaben wirklich Schluss ist, versteht sich angesichts des begeisterten Publikums fast von selbst.

29.08.2021

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