Bild für Beitrag: Ein geglückter Bogenschlag | Mercan Dede im Konzerthaus
Bild für Beitrag: Ein geglückter Bogenschlag | Mercan Dede im Konzerthaus
Bild für Beitrag: Ein geglückter Bogenschlag | Mercan Dede im Konzerthaus
Bild für Beitrag: Ein geglückter Bogenschlag | Mercan Dede im Konzerthaus

Ein geglückter Bogenschlag

Mercan Dede im Konzerthaus

Dortmund, 03.05.2012
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese

Man müsse den Sufismus nicht auf intellektueller Ebene verstehen, meint Mercan Dede. Es reiche, wenn die westlichen Zuhörer ihn mit dem Herzen verstünden, fügt der im türkischen Bursa geborene Musiker und DJ mit Wahlheimat Kanada noch hinzu.

Der Sufismus, eine spirituelle Strömung des Islam, spielt in Mercan Dedes Musik eine entscheidende Rolle. Doch so, wie er ihn auch jetzt im Dortmunder Konzerthaus präsentiert, wirkt er befreit von zuviel mystischer Schwere.

Obwohl, sein neues „Istanbul Quartet“, das aus drei jungen Könnern der traditionellen Musikszene der brodelnden türkischen Metropole besteht, zeigt zunächst, wie Sufi-Musik pur funktioniert. Auf einer Gefühlsebene, hochemotional und mit Wiederholungen kurzer Themen arbeitend.

Cafer Nazlibaş entpuppt sich als ein echter Meister auf der Stachelfiedel Kemane, ebenso wie Tanju Yildiz auf der elektronischen Langhalslaute Bağlama und Oray Yay auf der Bechertrommel Darbuka. Diese drei kommen zu Konzertbeginn in längeren Abständen nacheinander auf die Bühne und zeigen die traditionelle Seite der Sufi-Musik.

Irgendwann steht dann auch Mercan Dede hinter seinem Pult, dreht an Reglern, bläst ein paar Töne auf der Schilfrohrflöte Ney und fügt zunächst sehr dezent gespeicherte Beats, Stimmen und Stimmungen zu der live gespielten Musik seines Quartetts. Zu dem gehört auch noch ein junger drehender Derwisch, der die Spiritualität der Musik optisch verarbeitet.

Erst mit Fortschreiten des zweistündigen Eintauchens in diese fremde Musikwelt werden die westlichen Konturen in Mercan Dedes Auffassung des Sufismus deutlicher. Das weiße Gewand des Derwisch ist mit Leuchtketten durchsetzt und strahlt nun bei den immer schneller werdenden Drehungen. Die Beats werden härter und locken den Zuhörer eigentlich zur Bewegung - auch wenn das im Konzerthaus seltsamerweise auch der türkische Anteil unter den Besuchern kaum wagt.

Am Schluss serviert Mercan Dede dann echte Ohrwürmer für den Club, liefert sich kurz zuvor noch augenzwinkernd mit elektronisch verzerrten Beats ein kleines Trommel-Duell mit seinem Darbuka-Spieler. Höhepunkte eines geglückten Bogenschlages mit längerem Anlauf.

Suche