Ein feines intimes Duo
David Rynkowski und Vitaly Zolotov auf dem Nordsternturm
TEXT: Barbara Seppi | FOTO: Norbert Uhländer
„Wir wissen nie so genau, wie sich die einzelnen Stücke beim Auftritt entwickeln“, erklärte der Sänger/Keyboarder David Rynkowski. Zusammen mit seinem Duopartner, dem Gitarristen Vitaly Zolotov entstand auf dem Nordsternturm eine einzigartige, sehr innige Atmosphäre.
Die Künstler des Abends, David Rynkowski (Gesang, Keyboard) und Vitaly Zolotov (Gitarre) waren, wie alle Erstbesucher auf dem Turm, stark beeindruckt von der Industriekulisse, dem sensationellen Ausblick und der einzigartigen Atmosphäre im bunten Licht der Förderscheibe. „Wir fühlen uns hier aufgehoben, in luftiger Höhe“, sagte Rynkowski sanft und begann das Programm mit „Lovely Day“ von Bill Withers. Wie passend die gebotene Klangstruktur zum Raum! So mühelos und frisch, Rynkowskis Stimme ist leicht wie ein Vogel, da wird nicht auf Kraft und Fülle gespielt, sondern mit strahlender Klarheit und melodischer Präzision. Wäre es Klassik, dann würde das wohl am ehesten ätherischer Barock sein, im Gegensatz zum lyrischen, romantischen Lied. Rynkowski nutzt Vorlagen von Stevie Wonder oder Marvin Gaye zu genialen Eigenkompositionen, die Originale sind meist nur an einigen wenigen Melodiesträngen zu erkennen.
Möglich ist dies nur mit einem exzellenten, musikalischen Partner. Rynkowski hat mit Zolotov eine perfekte Symbiose getroffen. Träumerische Gitarrensoli, aber vor allem ein unglaublich dezenter intensiver groove, der Bass oder Schlagzeug nicht „ersetzt“, sondern neu erfindet. „Got to get You into my life”, ein Beatles-Cover von „Earth, Wind and Fire”, lässt keine Bläser, keinen vollen Sound vermissen, es schwingt perfekt in sich in dieser intimen Stimmung. Bei der Ankündigung von „Neo-Soul“ à la D´Angelo erwarteten die Besucher vielleicht mehr Töne, die unter die Haut gehen. Aber auch „Africa“ war leichtfüßig und zart, blieb mit einem untergründig leisen Pulsieren dennoch verankert in Herz und Körper. Fantastisch. Zuweilen war es so, als wohne das Publikum ganz zufällig und als unsichtbarer Beobachter einem Schöpfungsakt zweier Künstler bei.
Ein großes Schild am Aufzug zum Nordsternturm mit der Anregung, auf das Händeschütteln zu verzichten, daneben der Satz „Wir sind nicht unhöflich, wir sind umsichtig“ – das Thema „Corona-Virus“ hat am Freitag auch vor dem Konzert „FineArtJazz“ nicht Halt gemacht. Veranstalter Susanne Pohlen und Bernd Zimmermann hatten die Dibond-Platte kurzfristig von der Gelsenkirchener Wirtschaftsinitiative organisiert. Absagen hatte es wegen der aktuellen Gesundheitslage allerdings keine gegeben, im Konzertraum auf der elften Etage war es gewohnt voll, die einzigartige Location zieht immer viele Besucher. „Wir sind im achten Jahr hier mit unseren Konzerten und VivaWest sehr dankbar für ihr Engagement“, so Zimmermann.