Die bunte Welt des Jazz
Trans4JAZZ-Festival 2015
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Hans Bürkle
Mit diesen Eröffnungsgästen konnte Thomas Fuchs vom Verein „Jazztime Ravensburg“ gar nichts falsch machen. Die britische Soul-, Jazz- und Funkband „Incognito“ heizte gleich zu Beginn der zwölften Ausgabe des „Trans4JAZZ“-Festivals in der historischen Stadthalle von Ravensburg ordentlich ein. Aber was heißt hier eigentlich britische Band. Eine kunterbunte Truppe hatte Jean-Paul „Bluey“ Maunick mit nach Oberschwaben gebracht, mit gleich drei starken Stimmen. Und natürlich die Hits der 35-Jährigen Bandgeschichte: „Talkin´ Loud“, „Brazilian Love Affair, „Always There“ oder „Don´t You Worry ´Bout a Thing“. Die Stimmung war prächtig, das Publikum tanzte ausgelassen. Solche eher Party-Konzerte sind Teil des Festivalkonzepts, denn „Trans4JAZZ“ möchte in jedem Jahr eine breite Palette dessen anbieten, was Jazz alles sein kann.
Ein Kontrastprogramm bot gleich der zweite der insgesamt fünf Festivaltage. Das Trio des armenischen Pianisten Tigran Hamasyan begeisterte vor vollem Saal in der über 600 Jahre alten Zehntscheuer mit einer energiegeladenen, rockigen Kraft. Hamasyan kann so gefühlvoll und virtuos zart perlende, von armenischen Folkloremelodiemustern durchzogene Klavierlinien spielen. Aber er kann eben auch richtig in die Tasten dreschen, den Fokus auf rhythmische Vertracktheit legen und das noch in Einklang mit E-Bassist Sam Minaie und Drummer Arthur Hnatek. Das riss mit, wenn es auf Konzertdauer auch ein wenig die Abwechslung vermissen ließ.
Aber das Festival wurde immer besser. Der Tunesier Dhafer Youssef und sein Quartett mit dem fantastischen estnischen Pianisten Kristjan Randalu, der die magischen Gesänge mit der Kopfstimme und das flirrende Oudspiel des Bandleaders mit seinen Akkorden, Harmonien und wahnsinnig flinken Fingern erst so richtig zu einem mitreißenden World-Jazz-Abenteuer mit Rockattitüde machte, holte das Publikum im Konzerthaus am Ende von den Stühlen. Die argentinische Sängerin Lily Dahab zielte dagegen am Morgen des gleichen Tages bei der traditionellen Festival-Matinee auf subtilere Weise auf das Emotionszentrum des Zuhörers. Ihre Mischung aus argentinischer Folklore, Tango, Brasil und Jazz ist in jedem Moment großes Kino fürs Herz, gepaart mit viel Charme und Charisma, gesungen von einer wundervollen Stimme und mehr als nur begleitet von ihrer so unglaublich unaufdringlichen und dabei doch so mitgestaltenden Band um den Pianisten und Arrangeur Bene Aperdannier.
Für die Nostalgiker gab es das Konzert der Fusion-Legenden „TheYellowjackets“. Musik irgendwie von gestern, aber nach wie vor klasse gespielt. Und mit dem jungen australischen Bassisten Dane Alderson haben sich Russell Ferrante, Bob Mintzer und William Kennedy belebendes frisches Blut in die Band geholt. Das meiste Publikum strömte am Abschlusstag an einem milden Novembernachmittag in die Evangelische Stadtkirche mitten im Stadtzentrum von Ravensburg, um sich von der samischen Stimme Mari Boine und ihrer seelenvollen folkloristischen Musik mit Joik-Gesangseinlagen gefangen nehmen zu lassen. Auch den regionalen Kolorit vergaß das Festival nicht mit einzubringen und präsentierte das feine Trio des Tübinger Bassisten Axel Kühn. Der nahm den Titel seiner im letzten Herbst erschienenen CD „Open-Minded“ wörtlich und spielte eine von Grunge Rock inspirierte, offen gehaltene Jazzmusik.
Nach den letzten Klängen der diesjährigen Ausgabe blickte man beim Abschlussdinner in rundum zufriedene Gesichter bei den Mitgliedern des ehrenamtlich agierenden Vereins „Jazztime Ravensburg“. Alle Konzerte waren bestens besucht, die Mischung klasse. Das „Trans4JAZZ“ hat einmal mehr viel Charakter gezeigt und viel menschliche Wärme verströmt. Da dachte einer der in diesem Jahr aufgetretenen Musiker sogar schon darüber nach, im kommenden November als zuhörender Gast wiederzukommen.