Der tosende Saal
Pat Metheny in Herdecke
TEXT: Kurt Rade | FOTO: Kurt Rade
Was hat Pat Metheny im kleinen Städtchen Herdecke, am Rande des Ruhrgebiets verloren? Nach seinen Vorfahren sucht er nicht, obwohl er in Deutschland welche hat. Man kann es nicht glauben, aber er gibt mit seiner neuen Band „Unity“ ein Konzert in der Werner Dr. Richard-Carl Dörken Stiftung.
Die Dörken-Stiftung ist Förderer des Kulturlebens, gibt Stipendien für die Ausbildung junger Menschen und unterstützt Hilfsbedürftige. Außerdem setzt sich die Stiftung für die Völkerverständigung durch tolle Angebote an Klassik und Jazzkonzerte ein.
Nach unendlichen Versuchen, haben sie es nun geschafft. Pat Metheny ist da und betritt die Bühne, schon das reicht aus und der Saal tobt. Eine Handbewegung und alle sind ruhig. Er beginnt mit zwei Solostücken und verzaubert sein Publikum so von Beginn an. Beim zweiten Stück spielt er mit der, von Linda Manzer gebauten, 42-saitigen Pikasso Guitar, die mit ihren zwei Hälsen und drei Stegen eine Mischung aus Laute, Gitarre und japanischer Koto-Zither ist. Toll wie er dieses Instrument beherrscht und eine Tonwelt kreiert die seinesgleichen sucht. Er beginnt den Zauberberg zu erklimmen.
Seine drei Meister Chris Potter (Saxophon und Bassklarinette), Ben Williams (Bass) und Antonio Sanchez (Drums) betreten die Bühne und alle legen gleich energievoll mit dem Stück „Roofdogs“ los. Eine typische Metheny Komposition bei der sich Romantik, Modern Jazz und Bebop vereinen. Das Zusammenspiel der Vier ist traumwandlerisch und das Solo von Chris Potter wirkt wie eine Zauberformel. Melodiös beginnend, steigt sie in moderne Klänge hinauf, irre Läufe und schreiend am Ende. Das Publikum ist völlig aus dem Häuschen.
Dann ist der Moment gekommen, das Orchestrion anzuwerfen. Verhüllt stand es hinter einem Vorhang. Metheny hat es sich von Instrmentenbauern nach eigenen Entwürfen herstellen lassen. Es sind Musikautomaten, Methenys Gitarrenspiel automatisch folgen. Becken, Trommeln, Marimba, Vibrafon und eine Flaschenorgel mit Licht, werden in Gang gesetzt. Beim Stück „Are You Going With Me” eines seiner besten, wunderte ich mich, ein Schlagwerk spielt, aber der Schlagzeuger nicht.
Nun wird die Flaschenorgel angeworfen. Das Thema eine bekannte eingehende Melodie, gespielt von Chris Potter baut sich auf den Rhythmen auf. Mit einem fulminaten Solo ging Potter bis an die Grenzen des Machbaren. An dessen Höhepunkt steigt Pat Metheny mit seiner Gitarre und dem Orchestrion ein, entlockt ein Solo das einen aus den Schuhen holte. Verrückte Läufe, wunderbare Melodien, schräge Töne und ein rhythmischer Irrwitz ließ die Dämme brechen. Das Publikum flippt völlig aus. Stehende Ovationen.
Jedes Stück war ein Genuss und hier zeigt sich wieder, das Metheny ein Profi ist der immer alles gibt.
Zum Schluss bei der zweiten Zugabe, Metheny spielte noch mal Solo, gab ein Potpourri seiner bekanntesten Melodien. Mit ruhigen Tönen ging das Konzert zu Ende. Der Zauber hatte seine Wirkung erfüllt und die Augen der Zuhörer leuchteten. Wohl keiner von ihnen wird dieses Konzert in diesem Städtchen am Rande des Ruhrgebiets so schnell vergessen.