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Das Biest im Dschungel

Impressionismus, Elektronik und Jazzharmonien

Köln, 18.04.2023
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Sandra Then, Holger Talinski, Julia Sellmann

Das Biest im Dschungel (La Bete Dans La Jungle) vom französischen Komponisten Arnaud Petit ist an der Kölner Oper uraufgeführt worden. Die musikalische Leitung hat Francois-Xavier Roth mit dem Gürzenich-Orchester. Die Oper basiert auf der Novelle The Beast In The Jungle von Henry James. Der französische James Übersetzer und Dramatiker Jean Pavans hat das Libretto geschrieben. Die Oper ist eine Weiterführung einer konzertanten Aufführung, die Arnaud Petit bereits 2011 komponierte. Die Realisierung dieser konzertanten Aufführung geht auf Francois-Xavier Roth zurück, den Generalmusikdirektor von Köln und Kapellmeister des Gürzenich-Orchesters, der mit Petit schon lange gut bekannt ist.

Ein leerer Bühnenraum

Das Publikum sitzt im Halbkreis um die Bühne und am Kopfende ist das Orchester platziert. Der Regisseur Frederic Wake-Walker, tritt dem Publikum als Erzähler entgegen. Er beginnt mit einer kleinen Entspannungsübung und bittet die Augen geschlossen zu halten. In dieser ruhigen entspannten Stimmung stellt er die Frage: Gibt es jemanden, den sie hätten lieben können, es aber nicht getan haben? Damit führt er geradewegs in das Grundthema der Oper.

In diese Nachdenklichkeit setzt die Ouvertüre ein mit langen schwebenden Haltetönen. Ein bezaubernder Einstieg, der den Raum füllt und das Publikum gefangen nimmt.

Der Bühnenraum ist und bleibt während der ganzen Aufführung leer, mit Ausnahme von zwei Stühlen. Das Bühnenbild wird auf Leinwände hinter den Stuhlreihen projiziert. Das Team Frederic Wake-Walker (Inszinierung) und Ana Jones (Bühne u. Kostüme) setzt das Prinzip des leeren Raumes von Peter Brook konsequent um. Reduktion auf das Wesentliche, auf die beiden Personen May (Emely Hindrichs) und John (KS Miljenko Turk), sowie den Erzähler und natürlich auf die Musik des Gürzenich-Orchesters unter Leitung von Francois-Xavier Roth.

Angelehnt an die Novelle von Henry James, besteht die Oper nur aus dem fortlaufenden Dialog von May und John. Es findet keine wirkliche äußere Handlung statt. Der ganze Fokus ist auf das innere Erleben der Figuren gerichtet, die ihren Dialog in französischer Sprache singen. Der Erzähler/Regisseur, der sich ab und an einschaltet, benutzt nur noch die englische Sprache.

Die Geschichte von May, John und dem Biest.

John, ein englischer Gentlemen, besitzt ein Geheimnis, er ist von der Idee besessen, das ihm ein gefährliches Ereignis drohe, das sein ganzes Leben umstürzen werde. Er weiß nicht wann dieses Ereignis eintreten wird, ist aber sich aber sicher, dass es eintreffen wird. Sein ganzes Leben ist von dieser Angst vor dem Unheil geprägt.

Bei einer Gesellschaft trifft er eine Frau wieder, May, die er vor vielen Jahren in Italien getroffen hatte und der er damals sein Geheimnis, über das er sonst mit keinem Menschen je gesprochen hat, offenbarte. May schließt sich ihm an und wacht nun gemeinsam mit ihm auf das Eintreten des Unheils, des Biests. Nach Jahren des gemeinsamen Wachens erkrankt May und stirbt. John erkennt, was sie für ihn bedeutet hat, aber er kann nicht um sie trauern, da er sie nie geliebt hat. Mays Geist besucht ihn und enthüllt ihm, dass sie ihn wahrhaft geliebt habe, er das weder gespürt noch selbst geliebt habe. Er hat sie nur benutzt und war in seinem eisigen Egoismus völlig gefangen. Sein Leben ist leer und unerfüllt, das Biest ist da und verschlingt ihn. So werden John und May im Verschlingen durch das Biest vereinigt.

In Musik umgesetzte Innenwelten – mit Elektronik und Jazzharmonien

Arnaud Petit ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Komponisten Frankreichs, der bei Schaeffer und Riebel studiert hat, später bei Berio und mit Boulez hat er am IRCAM elektronische Klangforschung betrieben.

Seit Petit in den 80ern eine Theaterfassung von Das Biest im Dschungel sah, ließ ihn der Stoff nicht mehr los. Nach der konzertanten Version von 2011 wollte er eine Oper aus der Novelle von James machen.

Petits Musik zur Oper funktioniert auf drei Ebenen. Da ist die Ebene der Erinnerung, am Anfang und auch am Ende. Hier erschafft er mit langen Haltetönen einen Klangteppich. Diese Musik hat er neu für die Oper komponiert. Während er die Musik zu den Dialogen, die dramatisch und bewegt ist, schon für die konzertante Aufführung geschrieben hat. Als drittes Element, das nur einige wenige Male zum Einsatz kommt, setzt er elektronisch verzerrte Zuspielungen als einen Chor ein. Auch wenn dieses elektronische Mittel nur sehr sparsam eingesetzt wird, ist es ein spannendes Element, das überraschende Akzente im Klangbild der Oper setzt. Arnaud Petit komponiert eine Musik, die zeitgenössisch, aber ausgesprochen harmonisch ist. Er setzt Elemente impressionistischer Musik ebenso wie Jazzharmonien ein. So finden sich in der Instrumentierung des Orchesters neben dem Schlagwerk auch ein Saxophon und eine E-Gitarre. Die Musik ist in einigen Passagen leicht und luftig, besitzt aber auch Stellen mit expressiver Dramatik, angepasst an die Dialoge.

Die Oper Das Biest im Dschungel lebt sowohl von der wunderbaren Musik Arnaud Petits, als auch von der psychologischen Tiefe des Librettos nach Henry James.

Mit Emely Hindrichs und KS Miljenko Turk sind May und John, das ungleiche Paar, hervorragend besetzt. Sie überzeugen sowohl schauspielerisch als auch gesanglich über die lange Zeit von über 90 Minuten, in denen sie ohne Pause auf der Bühne sind.

Besonders hervorzuheben ist auch das Gürzenich-Orchester unter Leitung von Francois-Xavier Roth, das ausgesprochen feinsinnig die Musik von Arnaud Petit in all ihren Schattierungen umgesetzt.

Weitere Aufführungen: 20.4.; 22.4.; 27.4.; letzte Aufführung 30.4.

https://www.oper.koeln/de/

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