Crooner-Jazz vom Feinsten
Gregory Porter in Leverkusen
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski
Gregory Porter spielte mit seiner Stimme, intonierte präzise – und verführte von der ersten bis zur letzten Note das Publikum bei den Leverkusener Jazztagen am zweiten Festival-Abend.
Porter zelebriert den Crooner-Jazz und ist einer der Besten in diesem Metier. Crooner Jazz ist Mainstream im besten Sinn des Wortes – Musik, die gefällt und populär ist. Der Begriff Crooner wird verwendet um hauptsächlich männliche Sänger zu beschreiben, die mit einem sanften Stil auftreten, der durch bessere Mikrofone ermöglicht wird, die leisere Töne und einen größeren Frequenzbereich aufnehmen, was es dem Sänger ermöglicht, auf einen dynamischeren Bereich zuzugreifen und intimer zu spielen. Gregory Porter steht in der Tradition von Nat King Cole und Stevie Wonder, aber eben auch von Dean Martin und Frank Sinatra.
Gregory Porter und seine fünf Begleitmusiker - Tivon Pennicott (Saxophon), Ondrej Pivec (Hammond organ), Chip Crawford (Piano) und Jahmal Nichols (Bass), Jeff Morgan (Drums) - stellten etliche Stücke des Albums „All Rise“ vor. Auf der CD sorgt ein großes Streichorchester für den gediegenen Hintergrund. Ondrej Pivec gelang dies auf seiner Hammond, denn dieses Instrument ist mit seiner vollen Klangbreite gut geeignet, viele Streicher zu ersetzen. Brillant die Soli von Tivon Pennicott am Saxophon.
Porter betrat die Bühne erst nach zweieinhalb Stunden Vorprogramm. Das verärgerte einige im Publikum. Das Vorprogramm mit Noise Adventure und anschließend Matt Andersen war jedoch sehr gut und ließ die lange Wartezeit auf Gregory Porter doch verschmerzen. Mit Stücken wie „You Liften Me Higher“, „Love Is Over Rainbow“ oder „Spirit of Love”. Bei Gregory Porter verbindet sich Jazz mit Soul, Blues und Gospel. Der Mann mit der Mütze und der samtigen Stimme - dem besonders emotionalen Bariton, mit dem er Jazz, Soul und manchmal auch Pop singt. Und wenn sein „Clap your Hands To The Rythm Of Heart“ erklingt ist das Publikum voll dabei. „Liquit Spirit“ fehlte natürlich ebenso wenig wie „Hy Laura“
Zu „Don’t Be a Fool„ ging die Band von der Bühne - nur mit Klavierbegleitung sang der fast zwei Meter große Mann. Ein Stück in einem Takt, zu dem sich ein langsamer Walzer aufs Parkett legen ließe. Dann „Water Under Bridges“ Das Lied handelt von einem gebrochenen Herzen und Verzweiflung. Er selbst scheint jeden Ton, den er singt, auszukosten und schließt er immer wieder die Augen. „Ich bin etwas älter heute, ich hatte gestern Geburtstag“, so Gregory Porter, der am November 1971 in Sacramento/Kalifornien-USA geboren wurde. Spontan sang das Publikum ein “Happy birthday” für ihn. Gerührt betonte Porter, dass Leverkusen ein Ort sei, an den er gerne wiederkomme. Wichtig sei ihm „Musik ist etwas, was uns weiter machen lässt“. Weiter macht er mit Bassist Jahmal Nichols der ein grandioses Solo als Intro zu “My Girl” spielt. Während des Stücks kehrt die gesamte Band auf die Bühne zurück und setzt ein bis es schließelich in “Papa Was A Rolling Stone” übergeht. Brillant auch das Hammondorgel Solo von Ondrej Pivec bei “Dad good thing” Porter schnippt bei den rhythmischeren Songs mit der rechten Hand mit oder gibt das Tempo vor und so landen sie schließlich bei “No Love Dying”. In der Zugabe das Stück „Mr. Holland“, das den Rassismus und die Angst schwarzer Mütter um ihre Söhne thematisier: "Mama used to fear for me / when you walk out in the world, you see / some people will fear your face and name (…)”“. Mit solchen Stücken und mit den etwas heitereren begeisterte Gregory Porter wieder einmal das Publikum in Leverkusen, das hungrig auf Konzerte wie dieses war.
„Wir waren sehr hungrig auf Konzerte“ betonte auch Eckhard Meszelinsky (Foto unten links) zuvor, als er mit seiner Band Noise Adventure eines der zwei Vor-Konzerte an diesem Abend eröffnete. Erst prägte der Mann mit dem Hut als Festivalleiter 20 Jahre lang die Leverkusener Jazztage. Dann nahm Saxophonist Eckard Meszelinsky selbige Kopfbedeckung und vertauschte die Leitung des renommierten Festivals wieder mit seiner eigenen, selbst geschriebenen und gespielten Musik. 2015 erscheint „Blue Deja Vu“. In seinem neuen Programm „Noise Adventures“ verpflichtete Meszelinsky hochbegabte junge Musiker für seine einzigartigen Crossover Kompositionen. Als musikalischer Leiter des Programms wirkt der Pianist und Arrangeur Christian Dellacher. Dazu Jan Niemeyer (Drums), Paul Bremen (Violine), Pauline Buss (Bratsche/Viola, die spontan eingesprungen war und nur zwei Proben mit dem Ensemble hatte), Anne Sophie Dreyer (Viola), Veit Steilman (Cello) und Konrad Noll (Kontrabass).
Nach einer kurzen Pause folgte an diesem Abend Matt Andreson (Foto unten rechts). Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis die Musikwelt auf Matt Andersen aufmerksam geworden ist. Erst sein siebtes Album „Honest Man“ brachte den internationalen Durchbruch für den bärtigen Blues-Sänger und –Gitarristen aus Kanada. Mehr als zehn Millionen Mal wurden seine YouTube-Videos geklickt, es folgten internationale Auszeichnungen, zahllose Konzerte und Tourneen. Schon 2002 startete der Blues-Mann aus New Brunswick/USA (auf Deutsch: „Neubraunschweig“) seine Karriere. Andersen muss man auf der Bühne erlebt haben. Ihm glaubt man jedes Wort, jeden Schmerz, jede Lebensweisheit. Und wenn er „Ain‘t No Sunshine When She‘s Gone“ ankündigt, kommt dazu noch „Ich wünschte, ich hätte den Song geschrieben - habe ich aber leider nicht“. Dafür zog er nicht nur bei dem Stück das Publikum in seinen Bann.
Trotz langer Wartezeit auf Gregory Porter ein insgesamt toller Abend bei den Leverkusener Jazztagen. Ärgerlich nur für die, die frühzeitig gehen mussten – Porter fing erst um 21:45 Uhr anstatt 19 Uhr an.