Copacabana am Hochhofen
Traumzeit-Festival in Duisburg
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
An der Copacabana hätte es an diesem Abend nicht heißer sein können. Zudem ist die Luft stickig in der riesigen Kraftzentrale, einem der Spielorte des Traumzeit-Festivals im Duisburger Landschaftspark Duisburg-Nord. Und doch bleibt man gerne in der Halle und entscheidet sich gegen die etwas frischere Luft draußen.
Denn auf der Bühne sitzt Adriana Calcanhotto, eine hierzulande eher unbekannte Singer/Songwriterin. Ein paar Gitarren hat sie neben sich stehen. Mehr braucht die Brasilianerin neben ihrer Stimme nicht, um eine Stunde lang den Hörer in den Bann zu ziehen. Mit eigenen Songs, einem neuen Lied von Caetano Veloso, natürlich mit dem einen oder anderen Brasil-Klassiker, aber auch mit einem Jazzstandard oder gar Madonnas Hit „Music“, den sie ebenfalls wie ein Stück aus dem brasilianischen Songbook interpretiert.
Und das alles macht Adriana Calcanhotto so unglaublich entspannt, elegant und unaufgeregt, dass das letztendlich den großen Reiz ihres Auftritts ausmacht. Die Zeit in der Halle scheint sich so wenig zu bewegen wie die Luft.
Nicht alles bei der diesjährigen Traumzeit war musikalisch so überzeugend. Überhaupt hat sich das Festival unter dem neuen künstlerischen Leiter Tim Isfort , der seit letztem Jahr fürs Programm verantwortlich ist, ziemlich verändert.
Auf ein neues und junges Publikum zielt man. Eine Party-Nacht mit DJs, VJs und Musikern unter dem Titel „Beatplantation“ belegt das ebenso wie ein rockig-lauter Act wie die schwedische Band „Shout Out Louds“ oder Künstler wie The Notwist oder Get Well Soon.
Dagegen ist der jazzige Anteil am Festival gefühlt zurückgegangen. Immerhin, mit der Pat Metheny Group, die zum Abschluss am Sonntagabend spielte und leider nicht mehr war als eine Coverband ihres eigenen Repertoires, das schon vor 20 Jahren exakt so klang wie jetzt in Duisburg, und einem entrückten Solokonzert des US-Pianisten Brad Mehldau, der Themen von bekannten Popsongs und Jazzstandards als Ausgangspunkt für schwelgerische Improvisationen nutzte, standen klangvolle Namen des Jazz auf der Bühne.
Für den Spaß beim Festival sorgten etwa Shantel und sein Bucovina Orkestar mit ihrem höchst erfolgreichen Balkan-Pop mit Hits wie „Disko Partizani“ oder „Disko Boy“.
Viel bunter als die dreitägige Traumzeit kann ein Festival kaum mehr klingen – auch wenn ein unverkennbares Profil dabei verschwimmt. Vom intimen Singer/Songwriter José González aus Schweden bis zum aberwitzigen Duo Helge Schneider und Chilly Gonzales , das sich an zwei Flügeln gegenüber saß und ständig gegenseitig Musikzitate zuwarf, um spontan, mal seriös, mal klamaukig, darauf zu reagieren – in Duisburg setzt man nun neben Ernsthaftigkeit auch auf die Karte Humor.