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Brett Dean – Hamlet in Köln

Akkordeon und jazzige Trompete in der Oper

Köln, 06.12.2019
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Paul Leclaire

In der Oper Köln fand im November die Deutsche Erstaufführung der Oper Hamlet des australische Komponisten Brett Dean statt. Angeregt wurde er durch Malereien zum Thema Hamlet von seiner Frau, der Künstlerin Heather Betts. Brett Dean, der 15 Jahre als Bratschist bei den Berliner Philharmonikern war, gilt als einer der renommiertesten Gegenwartskomponisten.

Brett Dean hat für sein Werk, den kanadischen Theater- und Opernregisseur Matthew Jocelyn gewonnen. In enger Zusammenarbeit mit Dean hat dieser das Libretto geschrieben. Er hat sich an den Shakespeare Text gehalten und diesen gekürzt und umgestellt. Aber letztlich ist jedes Wort von Shakespeare. Jocelyn führt bei der Kölner Inszenierung auch Regie und Dean selbst war teilweise bei den Proben anwesend.

Brett Dean ist bekannt für seine Collage- und Sampletechnik, wie auch den ungewöhnlichen Einsatz der Instrumente.

Auch bei Hamlet gibt es Einspielungen elektronischer Klänge und besondere Instrumentierungen, aber von einer Collage ist die Musik weit entfernt. Im Gegenteil, die Musik von Brett Dean ist so eng mit dem Schauspielgeschehen verbunden, das es sich für das Publikum wie eine grandiose Filmmusik anhört. Musik und Gesang bilden mit der Handlung zusammen ein echtes Gesamtkunstwerk. Die elektronische Musik fügt sich organisch zu den anderen Klangkörpern.

Neben dem großen Opernchor setzte Dean einen zweiten kleinen Chor, den Semi-Chor, ein, der aus acht Sängerinnen des Rheinstimmen Ensemble besteht. Während das große Orchester neben die Bühne verbannt ist, gibt es noch zwei Klangstationen aus Schlagwerk, Klarinette und Trompete im hinteren Zuschauerbereich, um einen räumlichen Klang zu erzeugen. In der Totengräberszene wird eine dieser Trompeten mit jazzigem Spiel eingesetzt. Zusätzlich setzt Dean noch ein Akkordeon ein, meisterhaft von James Crabb gespielt. Crapp agiert in mehreren Szenen direkt auf der Bühne und spielt, volkstümliche bis jazzige Musik.

Das Libretto, der über dreistündigen Oper, konzentriert sich auf den Rachegedanken, den der Geist des Vaters in ihm beschwört und auf den Verrat an Ophelias Liebe.

Die Gesangsführung ist modern und trotzdem expressiv, ohne Überzogenheit etwa bei Hamlet. Der Tenor David Butt Philip ist sowohl ein großartiger Sänger, als auch ein hervorragender Schauspieler. Der über mehr als drei Stunden bei komplexer und atonaler Musik in seiner Rolle gefordert ist.

Eine nicht zu unterschätzende Leistung. Die Sopranistin Gloria Rehm hat in ihrer zentralen Rolle als Ophelia hatte eine besondere Arie zu bewältigen, die klare Töne in den höchsten Lagen bis zu röchelnden und gutturalen Lauten verlangt. Sie hat diesen und ihre anderenParts mit großer Meisterschaft gesungen. Überhaupt sind alle Stimmen hervorragend besetzt und nicht zu vergessen der Chor und der Semi-Chor. Gerade im ersten Akt beim Begräbnis vom Hamlets Vater und bei der anschließenden Hochzeitsszene zeigt der Chor eine stimmliche Wucht, die genau der Handlung und der Musik entspricht.

Während der kleine Semi-Chor eine Unterstützung für Ophelia leistet und besonders in den etwas mystisch irrationalen Bereichen, von Flüstern bis zum expressiven Gesang, zum Einsatz kommt. Dean setzte immer wieder das Wiederholen von kurzen Phrasen, wie ein Mantra ein. Gleich zu beginn wiederholt Hamlet immer wieder …or not to be. Diese berühmte Stelle kommt bei Shakespeare erst viel später. Ophelias Mantra ist das …never, never, never, das sich auf die Liebesbekundung und den Verrat Hamlets an ihr bezieht. Der Semi-Chor greift das immer wieder auf und auch über ihren Tod hinaus klingt der Dreiklang weiter. Der Rachegedanke wird durch die Phrase Remember me…, die von Hamlets Vater stammt, wach gehalten. Dramaturgisch ist das Auftreten des Vaters sehr eindrücklich gelöst.

Er kommt auf einem Boot auf einem Fluss im dichten Nebel herangerudert. Der Unterweltfluss Styx drängt sich sofort auf. Durch diesen Fluss gehen am Ende der Oper die handelnden Personen und die Chormitglieder langsam von der Bühne. Damit schließt sich der Kreis des Stückes. Er beginnt mit der Beerdigung von Hamlets Vater, die von dumpfer eindringlicher elektronischer Musik begleitet wird. Der ermordete Vater entzündet den Rachegedanken bei Hamlet, der so zerstörerisch ist, das am Ende alle Protagonisten tot sind. Sie alle nehmen dann ihren letzten Weg durch den Fluss in die Unterwelt.

Auch wenn es eine Tragödie ist kommt der Humor nicht zu kurz. Rosencrantz und Guildenstern, mit zwei Countertenöre besetzt, fällt das komische Moment zu. Sie sind zwei Figuren des absurden Theaters, ungeschickt, opportunistisch, änstlich und fallen sich bei ihren Auftritten gegenseitig ins Wort.

Das Libretto wird Hamlet und Shakespeare gerecht, aber greift keine wesentlich neuen Gesichtspunkte auf (geht das bei Hamlet noch?). Vielleicht ist die Rolle der Ophelia geschärft worden, als eine Frau mit eigenem Willen, der dann gebrochen und zerstört wird. Die eigentliche Stärke des Libretto ist die geschickte Textzusammenstellung, Textstellen werden vorgezogen, einiges wird umgestellt und die Monologe werden oft stark gekürzt. Im Gegensatz dazu ist die Musik neu und so bisher ungehörte große Bühnenmusik, die die Handlung unterstreicht und voran treibt. Das Orchester ist in Deans Oper ein wichtiger Protagonist. Das Publikum feiert zurecht die Kölner Aufführung. Brett Dean hat hier eine Oper geschaffen, die bleiben wird. Ein Besuch der Aufführung in Köln lohnt sich auf jeden Fall.

Nächste Aufführung:

8. Dezember 19.30 Uhr Oper Köln, Staatenhaus

11. Dezember 19.30 Uhr Oper Köln, Staatenhaus(letzte Aufführung)

www.oper.koeln

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