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Bochumer Musiksommer

Jazz-Höhepunkte

Bochum, 04.09.2022
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert

Bei Bochum Total im Juli waren es eine halbe Million. So viele Besucher sind glücklicherweise beim Bochumer Musiksommer – auch 'umsonst und draußen' - am letzten Wochenende nicht gekommen. Es gab eine Reihe interessanter Jazzkonzerte.

Der Bochumer Musiksommer ist kein Jazz-Festival, hier werden alle möglichen Arten von Musik gespielt, auf mehreren Bühnen zeitgleich. Doch gerade das macht den Reiz aus, denn es ist gut, beim Herumschlendern zwischen den verschiedenen Bühnen auch mal über den Tellerrand zu sehen und neue Bands zu entdecken. Meine Anmerkungen beruhen darum oft nur auf flüchtigen Eindrücken, die beim vorübergehenden 'Hereinhören' entstanden sind.

  • Freitag

Am Tag vorher noch fast 35 Grad, heute ist die Sonne weg, aber das ist besser so. Zum Musiksommer gehört, dass auch Bands aus der Umgebung auftreten. Gesangsvereine und Flötengruppen, aber auch die Jazz-Formationen der Bochumer Musikschule sind dabei und spielen eine wichtige Rolle.
Zwei Lehrer der Musikschule, Moritz von der Forst an der Gitarre und Robert Mayer an der Orgel sind mit ihrer Band RE:LEASE dabei und stellen ihr Album ONE vor. Sie spielen modernen Groove-Jazz. Das Stück See Ya, Havanna bezieht sich auf eine Bochumer Kneipe, zu der Moritz eine Geschichte erzählt. Bei dieser sehr virtuos vorgetragenen Musik dominiert Moritz mit vielen Soli an der Gitarre. Gute Musik, doch da könnte noch mehr von den andern kommen.

Das Blasorchester BLASWERK, geleitet von Uwe Kaysler, kenne ich schon von vielen Auftritten. Diesmal hat es mich ziemlich enttäuscht. An das aus der Zeit gefallene Latzhosen-Outfit, das gar nicht zum selbst gegebenen 'Unterhaltungs-Orchester'-Image passt, hab ich mich ja inzwischen gewöhnt. Aber als nach einem recht fetzigen Einstieg mit September ein längeres Udo Jürgens-Medley präsentiert wird, gefolgt von einem als 'Freiheitshymne' titulierten honigsüßen Winds of Change, da geh ich dann mal lieber weiter.

Die Entdeckung des Abends ist für mich SANGUOLA, eine Band, die in ihrem Kern aus Jean Louis Mbé - Sänger, Komponist und Gitarrist aus Kamerun – und der Bochumer Saxophonistin Conny Schneider besteht. 2020 haben sie sich über das Beyond Music Project kennengelernt und daei den Kreativitätspreis gewonnen. Nein, das hört sich nicht wie TINARIWEN an, aber Kamerun liegt ja noch einiges südlicher. Jean Louis singt auf französisch, etwas sentimental, sehr rhythmisch begleitet auch auf 2 Djembés. Dabei klingt die Musik recht vertraut, vielleicht auch weil Conny mit dem Sax sehr pointiert begleitet und viele jazzige Soli einbringt.

Am Abend gegen 9 wird es schon langsam dunkel und etwas frisch, bunte Lichter gehen an, man denkt an Autumn Leaves. Nun ist es Zeit für ein Jazz-Event, das wieder von Milli Häuser unter ihrem 'Flaggschiff' Tatort Jazz organisiert wurde. Joscho Stephan ist schon im März mit der Tatort Jazz Hausband im Bahnhof Langendreer aufgetreten. Millie übernimmt erfolgreiche Konzerte gerne für den Musiksommer und das hat sich auch diesmal bewährt.

Joscho Stephan legt gleich los mit It don't mean a thing und demonstriert in der Folge sein rasant-fulminantes Gitarrenspiel anhand von Stücken aus verschiedenen Genres. Das habe ich erst vor einiger Zeit näher beschrieben. Der Bolero Papillon gefällt mir sehr gut, zum Höhepunkt kommt es bei Sunny, das sehr rhythmisch gespielt wird. Die ganze Band dreht hier voll auf, Ostinati sind Trumpf. Stefan Dymke glänzt mit seinen langen Soli, Bassist Alex Morsey spielt sehr hohe Töne auf dem Kontrabass. Wie geht das? Er greift die Saiten ganz unten kurz vor dem Anschlag und streicht mit dem Bogen darüber, das klingt dann wie Geige. Uwe Kellerhoff hat an den drums nicht viel zu tun, wenn Joscho bei den Gipsy-Stücken gleichzeitig die Parts von Solo- und Rhythmusgitarre übernimmt. Da kommentiert Uwe dann recht dezent mit Jazzbesen, manchmal auch nur mit den Händen. Gegen Ende kommt es zu einem langen komplexen Schlagzeugsolo, das gehört bei so einem 'Straßenkonzert' einfach dazu. Zugaben gibt’s nicht beim Musiksommer, schade!

  • Samstag

Am Nachmittag ein Riesentrubel wie auf der Kirmes, der große breite Boulevard ist total voll. Zeitweise findet kaum ein Konzert statt, soll nur konsumiert werden? Die Tomcats spielen wieder auf dem kleinen Balkon ihren Rock'n Roll, fast vollständig verdeckt von einem großen Transparent, was soll das?
Die Musik schallt laut herüber zur Winzerbühne, wo bald das U.K. Quartett spielt, leisere Stücke sind da problematisch. U.K. Ist die Abkürzung für Uwe Kellerhoff, den Drummer von Tatort Jazz. Die Band spielt selbst komponierte Stücke von der ersten CD 'Akoli' und von der neuen CD, die bald herauskommt. Bassist, Drummer und Pianist sind dieselben wie am Abend vorher bei Joscho Stephan, an den Saxofonen hören wir Peter van der Heusen.
Um halb 8 sind noch viele Leute unterwegs, doch trotz des Trubels rundherum bleiben sehr viele Leute stehen und hören intensiv zu. Und das lohnt sich, denn diese vier Musiker geben mit Stücken wie Isie und Acoli ihr Bestes. Und das ist nicht wenig, wie die vielen fantasievollen Soli beweisen.

  • Sonntag

Um Punkt 12 macht Dizzy Levator, die Jazzband der Musikschule, den Anfang. Sie wird von dem Saxofonisten Philipp Sauer geleitet, der auch eigene Jazzbands hat. Amaro beginnt mit einem schönen Trompeten-Solo als Intro zu Groovin Hard. Klassiker wie Five Spot After Dark und Worksong sind dabei, jeder spielt ein Solo. Dabei wird die Musik immer grooviger, besonders interessant ist The Gods Of The Yoruba, eine Komposition von Horace Silver im 5/4-Takt. Hier kommt die Rhythmusgruppe richtig in Fahrt, mit einem 'Rudelsolo' steigt die ganze Band ein.

Auch Just Fun, die Inklusionsband der Musikschule, ist wie immer dabei und spielt vor einem großen Publikum auf dem Dr. Ruer-Platz. Die Band HENRIK HEARTBASS musste leider ohne Henrik, den Chef und Gitarristen der Band auftreten. Aber es gelang den vier anderen Musikern sehr gut, mit vielen Soli zu altbekannten Standards die Lücke zu füllen und viele Zuhörer zu gewinnen.
Über die Konzerte der NEW POLISHed TUNES haben wir bereits an anderer Stelle berichtet.

Eine Übersicht über die Konzerte gabs nur im Internet. Dass man auf das Drucken von 40.000 Flyern verzichtet hat, kann man nur begrüßen, aber Plakate mit Gesamtübersichten oder zumindest eine pdf-version als download wären hilfreich gewesen. Die aufgestellten Tafeln an den Bühnen konnten das nicht ersetzen. Anyway, ein schöner Musiksommer, diesmal ganz ohne Regen.

Fotos:
links: SANGUOLA (2x), Joscho Stephan, O.K. Quartett, Dizzy Levator, Henrik Hartbass
rechts: RE:LEASE, Blaswerk, Uwe Kellerhoff, Dizzy Levator
oben: Dizzy Levator; unten: Joscho Stephan mit Tatort Jazz Hausband

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