Blues- und rockgetränkter Jazz
"El Molino" im Pfandhaus
TEXT: Heinrich Fries | FOTO: Gerhard Richter
Der Kölner Gitarrist „El Molinero“, besser bekannt als Sebastian Müller , hatte ins Alte Pfandhaus geladen. Trotz 30 Grad im Schatten war der Saal gut gefüllt. Dass das Konzert allerdings überhaupt stattfinden konnte ist nur der Tatkraft des Betreibers zu verdanken. Nach Sintflutartigen Regenfällen am Freitag Nachmittag lief der Konzertsaal über die Lüftungsschächte voll Wasser und der modrige Geruch von feuchtem Teppich hing auch einen Tag später wie eine Glocke über den Zuschauerrängen. Davon gänzlich unbeeindruckt zeigten sich die Musiker um Müller. Der omnipräsente Pablo Held am Keyboard, Jonas Burgwinkel am Schlagzeug und der Italienische E-Bassist Daniele Camarda waren die offiziell angekündigten Mitstreiter die sich Müller für diesen Abend ausgesucht hatte, allesamt international anerkannte Musiker.
In das gängige Bild des modernen, akkuraten Künstlers passt Müller allerdings nicht rein, er wirkt schon allein optisch eher wie ein Rocker. Und auch die Backline, also Verstärker und sämtliche Effekte die Müller für den Abend mitgebracht hatte, war sehr umfangreich und lies eher ein Effektgewitter erwarten wie es sich gelegentlich bei Rockkonzerten entlädt.
Umso erstaunlicher die ersten Klänge. Mit dem Bogen gestrichene Becken, Flageoletttöne am siebensaitigen E-Bass, lange und leider kaum hörbare Töne an der Gitarre dafür umso präsentere Akkorde vom Keyboard. Müller war in den ersten vier Stücken schlicht zu leise, nach seinem ersten Solo änderte er dies glücklicherweise und das Konzert nahm an Fahrt auf. Die Musiker ließen sich in allen Stücken viel Zeit mit der Entwicklung der Spannungsbögen, teilweise vergingen Minuten mit freien Improvisationen die aber immer sehr schlüssig in den Themen aufgingen bevor es dann zu den eigentlichen Soli kam. Zur zweiten Hälfte betrat ein Überraschungsgast die Bühne. Der Hamburger Tenorsaxofonist Sebastian Gille bereicherte die Musik mit seinem extrem emotionalen und körperlichen Spiel und hob das Energielevel massiv an. Jonas Burgwinkel explodierte geradezu am Schlagzeug und der Gesamtklang entwickelte sich in Richtung progressive Rock, kurz: Es ging richtig zur Sache. Pablo Held wirkte in dieser Besetzung trotz in sich schlüssigem Spiel ungewöhnlich deplaziert und konnte dem Offensivdrang des Ensembles vor allem in der zweiten Hälfte nichts Zwingendes hinzufügen. Sebastian Müller hat mit seinem blues- und rockgetränkten Spiel und sehr offen gehaltenen Kompositionen hingegen eine zeitgemäße Verbindung zwischen Jazz und Rock entdeckt die äußerst modern klingt und vor allem Spaß macht.