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Balsam für die Ohren

Hamilton und Hopkins bei „Jazz@Zeche“

Bochum, 17.03.2014
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker

Ein Hauch des alten Jazz, der alten Tenorsaxophonisten wie Ben Webster, Coleman Hawkins, Zoot Sims, ja, vielleicht auch von Lester Young weht durch die Zeche Bochum, die ihre Toren einem Jazz-Quartett geöffnet hat, wie man es vielleicht lange nicht hören konnte: Diese Art von eher traditionellem Jazz, von Swing, fristet heute ein Schattendasein, weil es als old fashioned, als überholt und vielleicht als zu stromlinienförmig, ja gefällig gilt. Diese Haltung konnte am letzten Sonntag als Vorurteil decouvriert werden: Der Deutsch-Amerikaner (und Bochumer!) Chris Hopkins – in diesen Breiten und international als Pianist und Alt-Saxophonist vor allem mit der Formation ‚Echoes of Swing‘ bekannt und mehrfach ausgezeichnet – lud zu einem Konzert in der Zeche Bochum ein.

Ja, kein Schreibfehler, gemeint ist genau die Zeche, die für ihre Rockkonzerte bekannt ist. Die von dem Bochumer Label ‚wunderbar‘ betreute Reihe „Jazz@Zeche“ versucht eine zusätzliche Profilierung dieses Rock-, Pop- und R&B- Standortes auch für den Jazz.

Chris Hopkins stellt für diesen Anlass eine Gruppe zusammen, die es in sich hat: der Amerikaner und weltweit tourende Scott Hamilton am Tenorsaxophon, David Blenkhorn aus Australien an der Gitarre und der Niederländer Joep Lumeij am Kontrabass – eine fürwahr internationale Besetzung, die übrigens zum ersten Mal in dieser Konstellation musiziert. Mit Scott Hamilton konnte ein legendärer Saxophonist gewonnen werden – eine zutreffende Aussage, auch wenn das Legendäre im Zusammenhang mit Musikern mittlerweile als inflationäres Attribut gebraucht wird. Hamilton hat mehr als 35 Alben unter eigenem Namen veröffentlicht und seit den 70er Jahren international in etlichen Konstellationen gespielt. Er gilt zu Recht als einer der ganz Großen auf dem Tenorsax im Bereich des sog. Mainstream-Jazz. Deshalb konnte man gespannt auf dieses Konzert der Sonderklasse sein. Um es vorwegzunehmen: Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht.

Ein feinsinniger Puls, der ohne Drumset auskommt

Das Konzert startet im Trio noch ohne Scott Hamilton: Hier wird mit dem 30er Jahre-Song „When I Grow Too Old To Dream“ und „Seven Come Eleven“ und „Sweet Lorraine“ bereits deutlich, dass die Musiker sich auf Anhieb verstehen: Chris Hopkins am nagelneuen Steinway spielt ein perlendes Piano, ohne in Pathos und Klischee zu verfallen, David Blenkhorn holt aus seiner Gibson genau den für Swing passenden Ton à la Freddie Green vom Count Basie Orchestra heraus, Joep Lumeij beherrscht am Kontrabass perfekt die Four Feel-Technik mit großer Variationsbreite. Allen drei gelingt es während des gesamten Konzerts, das nicht vorhandene Drumset durch einen äußerst feinsinnigen Puls, durch einen ausgeklügelten und doch einfach scheinenden Rhythmus zu ersetzen. Mit dem Jazzstandard „Tea for Two“ und Ellingtons „Cotton Tail“ steigt Scott Hamilton mit seinem Tenor ein. Sofort ist man von seinem Sound in den Bann geschlagen. Natürlich vermeint man die Spielweise und v.a. den Ton der Tenoristen aus der Hochzeit der Swing-Ära herauszuhören, man erfährt jedoch auch schnell, dass die Sax-Stimme Hamiltons eine ganz spezifische ist mit einer besonderen Wärme und einer subtilen Phrasierung. „Balsam für die Ohren“ nannte der bekannte Jazz-Kritiker Leonard Feather diesen Sound. In der episch einfühlsamen Ballade „You Are Too Beautiful“ im Duo mit Chris Hopkins wird dies genauso nachvollziehbar wie in den folgenden Stücken wie etwa in der Charlie Parker-Nummer (!) „My Little Suede Shoes“, „Blues in the Zeche“ oder „Recado Bossa Nova“. Das Spiel von Scott Hamilton ist durchgängig durch einen warmen, voluminösen Ton gekennzeichnet, der Klarheit und Smooth besitzt.

Die weiteren Stücke erfolgen ohne den Saxophonisten im Trio (eine wundervolle Version von „Paper Moon“, bei der David Blenkhorn auch den Vokalpart übernimmt), im Duo und – als Tribut ans frühlingshafte Wetter – „Echoes of Spring“ in einem virtuosen und frischen Solo-Spiel von Chris Hopkins .

Mit „Cherokee“ endet das Konzert. In der Bop-Nummer gibt Hamilton noch einmal ein Beispiel seiner Meisterschaft in einer stilvollen Spielweise des Jazz. In wunderschön-intelligenter Phrasierung und in fünf perfekten Chorussen zeigt sich die ganze Erfahrung des Tenoristen. Zu erleben ist ein episch ausladendes Spiel – super relaxed und in allem in einer Sonderklasse. Dies gilt auch für die Zugabe mit „Moon River“. Das Anliegen von Chris Hopkins , das Zeitlose und Stilvolle von gut gemachtem melodiebetonten Swing ins 21. Jahrhundert zu transferieren, ging mit diesem Jam-Projekt voll und ganz auf.

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