Aventura Quartett
Erstes Konzert in der Jazz-Schmiede
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert
Da bin ich wirklich gespannt. Das neue Album Soul & Mind des Aventura Quartetts hatte ich mir ja schon vorher intensiv angehört und anschließend rezensiert. Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause und intensiver Studio-Arbeit stand Werner Hüsgens Band nun endlich in der Düsseldorfer Jazz-Schmiede auf der Bühne.
Die Musiker sind offensichtlich froh ihre Musik in dieser Location zu präsentieren. Allen ist die Spielfreude anzusehen. Und das überträgt sich auf die Zuschauer, die immer wieder intensiv applaudieren. Ich selbst merke an mir, dass ich auch die mir bereits bekannten Stücke neu erlebe und nun besser verstehe. Gewundert hat mich, dass Werner dem Publikum einer solch bekannten Location erst erklären musste, dass Beifall auch nach einem Solo erwünscht ist.
Vor allem sind es die Stücke der neuen CD, aber auch andere gibt es hier zu hören: Snake, Ritmo Moro und Warten auf den Frühling von Werners vorletztem Album Ritmo Moro (2010) und die Kompositionen des Pianisten Sebastian Scobel Five noir und She should be a lucky.
- Werners Kompositionen
sind vor allem auf der neuen CD zu finden, über die ich ja schon berichtet habe. Für die Capetown Symphony hat der Pianist wieder die Saiten des Flügels abgedämpft, um einen Gitarre ähnlichen Klang zu bekommen. Der südafrikanische Sound des Stücks kommt bei mir erst jetzt so richtig rüber.
Werner kommentiert sehr sympathisch die Stücke und erzählt kleine Geschichten dazu, wie zu Pasear en el malecón, das auf einen Besuch in Havanna zurückgeht. Werners Solo auf dem SopranSax passt gut zu dem Songo Groove des Stücks.
Snake fällt etwas aus der Reihe, es stammt aus Werners Zeit in Amsterdam und wurde damals von einer Rapperin begleitet. Beim Solo operiert Sebastian in einer Passage nur mit einem Ton, da denke ich gleich an Samba de uma Nota só von Tom Jobim. Schon das erste Stück des Konzerts hat mit so einer Passage mit nur einem Ton begonnen und auch an anderen Stellen finde ich ähnliches wieder.
Werner berichtet, dass er oft aus einer Stimmung heraus komponiert hat, wie z. B. bei ‚Volkslied‘, das von einem Mollakkord ausgeht oder bei Stille, das aus einer Art ‚Corona-Depression‘ entstanden ist.
Werner Lauscher kann seinen Bass, wie bei Capetown, sehr hart anschlagen, spielt aber auch bei ruhigeren Stücken sehr sachte und einfühlsam. Mit dem Drummer bildet er eine solide Einheit, die deutlich den Groove markiert. Im Vergleich zu den anderen ist der Bassist eher zurückhaltend. Simon Busch bringt sich im Verlauf immer mehr mit raffinierten Soli ein.
Als Andalusien-Fan habe ich ein offenes Ohr für Ritmo Moro. Werner hat es in Spanien unter dem Eindruck von Flamenco-Aufführungen geschrieben. Beim Solo auf dem AltSax bearbeitet Simon Busch seine Toms erstmal mit den Händen bis dass alle das Thema vorstellen und in diversen Soli weiterführen. Flamenco Jazz in Reinform! Interessant ist, sich die Fassung von 2010 anzusehen, bei der auch schon Simon Busch dabei war.
spielt Piano, und wie! Man merkt gleich, welche Stücke er komponiert hat, weil sie anders als Werners Kompositionen klingen. Five Noir hat er im 5/4 Takt geschrieben. Der Titel bezieht sich auch auf den Film Noir des französischen Kinos, dessen Atmosphäre zum Vorbild genommen wird, vor allem wenn die Band anfangs recht melodramatisch spielt. Im Duo "Bayer & Scobel" hat Sebastian das Stück als NICA Artist schon vor zwei Jahren mit
Heidi Bayer
gespielt. In der heutigen Konstellation hat die Band dies Stück aber nur einmal gespielt, hat mich aber voll überzeugt. Bravo!
Larry, das letzte Stück vor der Zugabe, steht in der Tradition der ‚Second Line‘. Die ‚zweite Linie‘ war in New Orleans bei Umzügen die zweite Gruppe, die z. B. bei Beerdigungen hinter dem Sarg und den Angehörigen lief und vor allem mit Blasinstrumenten Musik machte. Und da ist auch der Drummer ganz wichtig. Simon Busch spielt deshalb vor allem auf der Snare und mit nur einem Becken, ganz so wie es bei den Marching Bands üblich war. Auch die Zugabe ist ein Stück von Sebastian: She should be a lucky. Da geht es dann noch einmal richtig ab. Denn auch wir haben, zumindest für den Augenblick, ein Recht darauf lucky zu sein.
- .. unterm Strich:
Ein sehr lebendiges und vielseitiges Konzert, das die Zuschauer begeistert hat! Werners mehr zum Lyrischen neigender Stil ergänzt sich gut mit Sebastians Pianospiel, das rhythmischer und manchmal auch bluesorientiert daherkommt. Werner stellt immer wieder seine Bandmitglieder vor, das ist ihm wichtig. Saxofon und Piano bilden zwar das Kraftzentrum. Trotzdem gibt es Raum für die jüngeren Musiker, zu denen allerdings auch Sebastian zählt, die sich immer wieder mit Soli einbringen können. Gestern spielte die Band in Aachen, aber das wollen sicher auch viele in anderen Städten hören!