Bild für Beitrag: Auftakt zum Jazzfest Gronau | Jazzfest Gronau 2013
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Auftakt zum Jazzfest Gronau

Jazzfest Gronau 2013

Gronau, 28.04.2013
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker

Das quirlige Jazzfest im Dreiländer-Eck in Gronau feiert sein 25-jähriges Bestehen. Glückwunsch an dieser Stelle, dass es den Gronauern gelungen ist, kontinuierlich und nachhaltig ein Super-Programm auf die Beine zu stellen, das mit den ganz großen Namen des Jazz‘ ebenso verbunden ist wie mit vielen verschiedenen Acts unterschiedlicher Couleur. Zusammen ergibt sich immer eine interessante Melange von Musik und Musikevents, aus Publikumsrennern und Spitzenveranstaltungen, aus Kneipen-Hits und Frühlingsfest. Der musikalische Anspruch eines „Jazz“-Festes ist dabei vom Selbstverständnis der Macher weit gespannt: „… handgemachte Mixtur aus Jazz, Blues, Swing, Funk, Soul, Bougie und Ethno-Jazz, angereichert mit musikalischen Ausflügen in Rock und Pop.“

Selbst in dieses eigentlich weitreichende musikalische Spektrum ist das Auftaktkonzert vom 25.4.2013 – präsentiert im „kirchlichen“ Rahmen der Ev. Stadtkirche in Gronau – nur schwer einzuordnen – dazu gibt es auch eigentlich keinen Anlass, geht es dem Publikum doch – wie dem Rezensenten – in erster Linie darum, gute und interessante Musik zu hören. Das Auftakt-Programm erfüllt diesen Anspruch voll und ganz, gibt es doch eine Bühne für ein Instrument, das auch nicht auf den ersten Blick in den oben genannten musikalischen Kontext passt, nämlich für das Akkordeon: Im Solo der polnisch-stämmige Piotr Rangno, anschließend der Magier des New Musette, Richard Galliano mit seinem ‚Tangaria New Quartet‘.

Die Bürde des Festival-Auftaktes nimmt Piotr Rangno gelassen auf sich: In seiner Einleitung weist er auf die Besonderheit seiner Biographie hin, nämlich genau im gleichen Jahr wie das erste Jazzfestival nach Gronau gekommen zu sein und seitdem dort zu leben. Es gilt somit ein doppeltes 25-jähriges Jubiläum zu feiern. Als vielfach ausgezeichneter Akkordeonist (bis heute hat er 6 CDs herausgegeben und bei vielen CD-Einspielungen mitgewirkt) hat er mit seinem überaus virtuosen Spiel und seiner (selbst-)ironischen Ansprache das Publikum sofort auf seiner Seite. Gebannt lauscht man seinen Mazurken, seinen Stücken von Chopin und Bach, die schnell einen Übergang in improvisierte Gefilde finden: So sind sein „Chopin à la Musette“ oder sein „Mazurtango“ gute Beispiele für die häufig doch fragwürdige Grenzziehung von E- und U-Musik oder die eher überflüssige Frage, ob dies Musik für ein „Jazz-Festival“ sei.

Anschließend hat „der“ Akkordeonist des Jazz‘ und der sicherlich weltberühmteste Vertreter seines Instruments, Richard Galliano, mit seiner neuen Gruppe seinen Auftritt. Ohne Worte, ohne sprachliche Vermittlung, mit ganz spärlichen mimischen Kontaktaufnahmen zum Publikum vollzieht Galliano einen stupend virtuosen Tanz auf seinem Instrument – ebenso virtuos in der Melodieführung begleitet oder kontrapunktisch umspielt von der Violine. Das gesamte Konzert ist eine einzige Demonstration der Meisterschaft im Umgang mit den instrumentellen Möglichkeiten des Akkordeons in Bezug auf Lautstärke, Klangfarbe, Dynamik und Tonhaltigkeit. Walzer-, Mazurka-, Tango-Weisen werden im Diskant und im Bass „unerhört“ variiert, ein gerade ausgeführter Akkord wird nochmals um eine ausklingende Variante erweitert. Flageolett-Töne bis nur noch in simulierte Höhen lassen die Zuhörer mitwirken an dem Musikstück und es gedanklich zu Ende bringen, die dem Instrument inhärenten Klangfarben durch das Register lassen neben dem typischen Akkordeon-Klang des Musette gemahnen an Orgel- oder Synthesizer-Sound. Ein Stück endet dann auch einmal mit einem klanglosen Schnauben und Atemholen des Instruments. Dabei erreicht das Quartett eine Leichtigkeit, die man vielleicht klischeehaft dem Französischen zuordnet, die bei allen Stücken den motivischen und klanglichen Reichtum an Anspielungen nahezu vergessen lässt. Hier wünschte man sich als Zuhörer ein wenig mehr Atemholen, auch könnte eine Ankündigung oder eine kleiner Hinweis auf das jeweilige Musikstück die Verarbeitung etwas erleichtern.

Trotz der von einigen Zuhörern als Instrumenten-Monokultur empfundenen Konzentration auf das Akkordeon ein rundum gelungener Abend, als Festival-Auftakt sicherlich ein Versprechen. An das Kulturbüro, v.a. an Otto Lohle ein herzliches Dankeschön – für den Abend, für die letzten 25 Jahre, und Daumen hoch für die nächsten 25!

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