artSPACE-Projekt Saxophonia zum 125. Todestag von Adolphe Sax
Saxofon in Handarbeit
TEXT: Philipp Sauer, Heinz Schlinkert | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker
In der artSPACE-Reihe des Bochumer Planetariums geht es normalerweise um den Sternenhimmel. Der ‚Star‘ am 17. Oktober 2019 war Adolphe Sax, der vor 125 Jahren gestorben ist. Bereits zum 200sten Geburtstag von Sax im Jahre 2014 gab es einige Veranstaltungen. Jedoch dauerte es noch fünf Jahre bis der Deutsche Musikrat das Saxofon zum Instrument des Jahres auserkoren hatte. Nun wurde der 125jährige Todestag zum Anlass einer Abendveranstaltung.
Der bekannte Fotograf Heinrich Brinkmöller-Becker hatte mehrmals die Saxofon-Manufaktur Rampone & Cazzani besucht und präsentierte nun viele Fotos auf der großen Projektionsfläche der Kuppel des Planetariums.
Zeigten die Bilder zu Beginn Werkbänke, Bleche, Werkzeuge zur Musik bekannter Jazzinterpreten, so traten später immer mehr die Protagonisten der Manufaktur in Erscheinung. Anhand dieser ‚ursprünglichen‘ auf reiner Handarbeit basierenden Produktion von Saxofonen konnten die Zuschauer sich leicht in die Zeit von Adolphe Sax hineinversetzen.
Die Firma Rampone & Cazzani produziert weltweit beliebte Saxophone in allen erdenklichen Bauarten und Variationen. Sie ist in Nord-Italien in Quarna, einem Dorf von 600 Einwohnern oberhalb des Orta-Sees, ansässig, im ‚paese della musica‘, in dem es viele Instrumentenbauer gibt.
Gezeigt wurden Fotos der Werkstatt aus verschiedenen Perspektiven. Besonders die Ästhetik der Detailaufnahmen ließen in der Fantasie der Zuschauer innere Bilder entstehen: Halbfertige Schalltrichter erinnerten an große Fischmäuler; Kleinteile in alten Obstkisten sahen wie Muscheln aus; eine Reihe hängender Saxofone ohne Mechanik erinnerten an aufgehängte Früchte, gar an Schinken.
Mit der Schwarz-Weiß-Darstellung wurde der Eindruck von Zeitlosigkeit erzeugt, so dass es leichter fiel, die Fotos auch der Zeit von Sax zuzuordnen. Dennoch wäre Farbe an manchen Stellen eine Bereicherung gewesen, z. B. bei den Farbveränderungen des Materials im Laufe des Produktionsprozesses und bei der Kolorierung am Ende.
Das anschauliche Handwerk der Instrumentenbauer und das hörbare Handwerk der Interpreten ergänzten sich größtenteils sehr gut. Besonders humorvoll gelang die Kombination einer fotografischen Darstellung einer Schleifmaschine mit einer Sequenz des Freejazzers Peter Brötzmann, die vom Klangerlebnis ähnlich einer Maschine klang.
Beendet wurden die Eindrücke der Fabrik mit einem Besuch des Saxofonisten David Liebman, welcher als Dozent einer Masterclass in Quarna eingeladen war.
Wurden eben noch Maschinen im Zusammenspiel mit den Instrumentenbauern gespielt, lag nun die Darstellung auf dem Zusammenspiel zwischen Liebman und Instrument. Die Mimik von Liebman war geprägt durch starke Ausdruckskraft und Virtuosität.
Mit der von Brinkmöller-Becker entwickelten Methode, Einzelbilder zu Sequenzen zu montieren, wurde über Bewegungen, Mimik und Gestik auch die innere Bewegung deutlich.
Und last not least the Jazz itself: Wurde der Zuschauer mit Darius Milhauds Scaramouche (III. Brazileira) zuerst auf Klassik des 20igsten Jahrhunderts eingestimmt, so überwog später die geschmackvolle Auswahl einer stilistisch breit gefächerten Jazzauswahl. Stücke von Zoot Sims (Blues for Two), neben Dexter Gordon (Body and Soul) bis hin zu Peter Brötzmann (Insomnia) wie auch Jan Garbarek (It’s High Time) und Deep Schrott (Stairway To Heaven) zeigten das Potenzial des Saxofons, das wie kaum ein anderes Instrument in vielen Bauarten produziert wird und sehr viele Spielweisen ermöglicht.
Eine gelungene Veranstaltung, die hoffentlich in ähnlicher Form wiederholt wird!