Arne Jansen & Nils Wülker im Westfalenpark
‚The Art of the Duo'
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Kurt Rade
Domicil Open Air. Ein Sommerabend im Westfalenpark. Die Sonne geht langsam unter, es ist noch warm. Ideale Bedingungen für ein Konzert, Nils Wülker spielt versonnen auf dem Flügelhorn seine klangvollen Melodien. So ähnlich habe ich mir das vorgestellt Und das Wetter spielt mit, doch bei den Musikern sieht es etwas anders aus.
- Cover-Titel und eigene Kompositionen
Das Konzert beginnt mit den gecoverten Titeln YaYaYa und Lets go out tonight. Doch hier erkenne ich den Nils, den ich kenne, kaum wieder. Nach einer melodiösen Einleitung tritt die Trompete immer mehr hinter die Gitarre von Arne Jansen zurück. Und nun setzen massiv Samples ein, die einen Hintergrund-Sound erzeugen, der das Spiel der Solisten überlagert und zu einem sehr 'geräuschvollen' Klangvolumen anschwillt.
Aber trotzdem eine tolle Szenerie, so ein Konzert im Westfalenpark bei strahlendem Sonnenschein. Nils Wülker begrüßt nun das Publikum, dies ist sein erstes Konzert seit Beginn der Corona-Krise ist und er ist froh ‚zum ersten Mal in Gesichter schauen zu können‘. Das ist aber fast nur bei den sympathischen Ansagen der Fall. Manchmal schien das Drehen an diversen Knöpfen wichtiger zu sein als der (Blick-)Kontakt zum Publikum, zeitweise sind nur Samples zu hören.
Nils und Arne haben für das Duo ein spezielles Programm zusammengestellt und wollen vor allem covern, z. B. Johnny Cash, RY X, The Blue Nile, Miles Davis und da machen sie auch vor Justin Bieber nicht halt. Bei Miles‘ Frankie Freeloader gelingt das ganz hervorragend mit einer sehr freien Interpretation dieses Stücks, das man sonst nicht unbedingt mit Gitarren-Soli in Verbindung bringt.
Doch auch eigene Stücke sind dabei; zu einigen erklärt Arne wie und wo sie entstanden sind. Manche davon klingen im Rahmen dieses Konzerts recht ’konventionell‘. Bei I won’t be long brilliert Nils wie gewohnt auf dem Flügelhorn und wird von Arne auf der Akustikgitarre mit Akkorden begleitet. Ähnlich bei der Ballade Script, bei der das insgesamt eher distanzierte Publikum zum ersten Mal intensiv applaudiert. Gut gefallen hat mir The Great He-Goat, das Arne nach einem Besuch im Prado geschrieben hat. Die düstere Atmosphäre eines Wandbildes von Goya kommt mit dem Flügelhorn sehr gut rüber, Gitarrensaiten werden am Hals angeschlagen, zum passgenauen Einsatz von Samples spielt Arne ein interessantes Gitarren-Solo.
- Sampling um jeden Preis?
Auffällig ist, dass sich manche Stücke in der Duo-Version ganz anders anhören als in der Band-Version. Das wird sehr deutlich bei Wanderlust. Dieses Stück ist kaum wiederzuerkennen; für mich ist dieses schöne Stück hier, sorry, zu einer elektronischen Spielwiese verkommen. High Line, ein Preview auf die neue CD GO (s. logo rechts unten), die im September erscheint, klingt ähnlich. Man könnte befürchten, dass ein elementarer Stilwandel stattgefunden hat. Wenn man sich aber im Internet The You Of Now und Hidden Intentions anhört, merkt man, dass dem nicht so ist.
Beide Musiker sind zweifelsohne Meister ihres Fachs. Beide haben eigene Bands und haben mehrere Preise gewonnen. Nils wurde zu Recht ‚großer Melodiker‘ (DIE ZEIT) genannt, auf dem Flügelhorn hat er mich immer an den späten Art Farmer erinnert. Arne hat seinen eigenen vielfältigen Stil entwickelt, er spielt hervorragende Soli. Wenn man die CD Decade Live hört, bei der beide mitspielen, kann man nur begeistert sein.
Warum spielt das Sampling dann eine so große Rolle? Braucht man das als Duo, um den Groove zu ersetzen? Ich glaube das nicht. Beide Musiker sind hochprofessionell und nicht darauf angewiesen. Auf seiner Homepage wird Nils Wülkers neue CD ‚GO‘ angekündigt:
„Der Titel bedeutet „Gehen“ oder auch „Los!“ und ist damit wie maßgeschneidert auf einen Musiker, einen Menschen wie Nils Wülker – immer in Bewegung, neugierig und vorwärtsdenkend, den Kopf voller musikalischer Ideen.“
Das sehe ich auch so. Ich nehme an, dass Nils meint, dem aktuellen Trend zu elektronischer Musik nachkommen zu müssen. Die Welt ändert sich, auch die Musik. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Mein Eindruck war, dass die beiden etwas ausprobieren wollten und dabei manchmal übertrieben haben. Wenn die Musiker immer mehr über Technik kommunizieren, besteht die Gefahr, dass der Kontakt zum Publikum darunter leidet. Aus dem Duo wird dann u. U. ein Trio, bei dem der Synthesizer im Ohr des Zuhörers einen eigenständigen Part übernimmt. Doch dieser Dritte ist nicht mehr als Person identifizierbar. Im Extremfall wird dann nur noch abgespielt, gemischt und präsentiert, dazu braucht man dann aber nur noch einen DJ! Man mag das mögen, muss man aber nicht.
Detail am Rande: Trompete und Flügelhorn wurden mit einem schwarzen Überzieher gespielt (s. Foto links), denn nach Corona-Schutzverordnung NRW ist dies für Blechblasinstrumente vorgeschrieben, nicht aber für Holzblasinstrumente wie das Saxofon.
Mal sehen wie es weitergeht und wie sich die neue CD bei den Aufnahmen der ganzen Band anhört. Dazu gibt’s auch Konzerte, im November in Minden, Leverkusen (Jazztage) und in Bochum.