Bild für Beitrag: Akustisch visuelles Synchronschwimmen | Jazz an einem Sommerabend 2012
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Akustisch visuelles Synchronschwimmen

Jazz an einem Sommerabend 2012

Krefeld, 07.07.2012
TEXT: Sven Breidenbach | FOTO: Sven Breidenbach

Ich bin etwas zu spät. Schon am Eingang höre ich [em] Wollny, Kruse und Schäfer. Es ist die erste Gruppe die heut abend spielt. Ein Baldachin wie ein Zirkuszelt ist vor der Bühne aufgespannt. Dem sommerlich unsteten Wetter ist es geschuldet, dass relativ unsicher bis fraglich blieb, ob heute abend drinnen oder draußen gespielt werden würde. Zur Freude der Besucher und sicherlich der Organisatoren nebst Künstlern findet es unter freiem Himmel statt.

Wollny stellt die Band vor und leitet weiter ein: "Heute Abend spielen wir das ganze nicht nur nach Schumann, sondern auch in einer Fassung in Begleitung von Vogelgezwitscher." Genauso macht es Freud. Im Freiem diesem Ausnahmetrio lauschen. Schäfer, der einen bedeutenden Anteil an den Kompositionen hat, Wollny, der sich agil und fußhüpfend an den Tasten verausgabt und Kruse in der Mitte mit dem Bass. So hat sie die beiden Jungs im Griff. Hier merke ich, die Band löst vollkommen zurecht Begeisterung aus. Alle Drei bringen ihre Künste ein und sind gleichberechtigte Talente. Der grosse Rasenplatz vor der Burg lädt die Leute ein zum Picknick. Jazzstock nur ohne Matsch und wilde Menschen.

Wollny tanzt mit und vor dem Flügel, wie ein Toningenieur hält er sein Haupt in das Instrument, beugt sich zu den Saiten, zupft, streicht und zwirbelt sie. "Der mit dem Flügel tanzt". Selbst auf dem Klavierhocker, sitzend, das große Schwarze in Schwingung versetzend.

So hört es sich an wenn King Kong hier durch Krefeld auf der Suche nach seiner Jane wäre. "Gorilla Biscuits". Kruse zupft dazu das Herzklopfen am Bass. Das freudig aufstrebende Glücksgefühl vom großen Menschenaffen intoniert und untermalt Schäfer gekonnt rhythmisch. Da kommt gleich das von allen dreien gemeinsame Brustgetrommel. Mit einer freudigen Leichtigkeit und einem nicht beschreibbaren Groove, zaubern sie eine Stimmung vor die Burg Linn.

Und nun Amerika. Ich lausche, höre und sehe. Ein wenig anstrengend. Musikalisch hoch anspruchsvoll, zugleich spüre ich keine Schwingung, keine Stimmung. Also entschwinde ich für kurze Zeit aus dem Vorhof der Burg und halte Zwischenmahl. Ich bekomme noch die ganze Musik mit und höre nun. Zwischenzeitlich gibt es ein ganz bemerkenswertes Bass-Solo. Am Arrangement vermutet man eine indische Herkunft. Und zum Ende des Gigs habe ich das Gefühl, auch hier war das Publikum begeistert. Für mich war es passend zum Essen. So schaffen es die Amis doch noch recht abwechslungsreich durch ihr Programm. Mich reißt es leider nicht so ganz mit.

Was kommt denn jetzt? Ein Schweizer und 4 Freunde. Nik Bärtsch's RONIN. Inzwischen steht der fast volle Mond über der Burg. Abgestimmt auf die aussergewöhnliche Lichtinszenierung auf der Bühne. Die Besetzung: Nik Bärtsch (Piano, Rhodes), Sha (Bassklarinette), Thomy Jordi (E-Bass), Kaspar Rast (Schlagzeug & Percussion) und Andi Pupato (Percussion).

In einer Kritik der Zeit heißt es: "Hier eine erste Orientierung: Bärtsch macht Minimal-Ritual-Zen-Groove-Funk. Den besten, versteht sich." Vorher davon keine Ahnung, gibt es nun ein erstes Verstehen dieser Beschreibung.

Die Band rund um Nik Bärtsch bringt sich ein. Es ist anderes als die Eröffnung durch [em]. Etwas ganz anderes. Dennoch ist hier ebenfalls der Pianist bemerkenswert. Begeistert und voll Tatendrang, verschmitzter Gesichtsausdruck. Die Musik nimmt einen in ganz anderer Weise gefangen und fordert die gesamte Aufmerksamkeit. Aber das fällt nicht schwer, strengt gar nicht an weil sie den Zuhörer mitnimmt. Freakig und wild, turbulent und musikalisch sehr anspruchsvoll. Das Publikum freut sich über diese Forderung. Wirkliche Extraklasse ist die Kombination und wahrliche Inszenierung von Musik und Beleuchtung. So könnte akkustisch-visuelles Synchronschwimmen aussehen, wenn es das gäbe.

Es war ein perfekter Abschluss. Eine klare Devise: Fahren Sie mal nach Zürich und gehen dort montags in den Jazzklub. Dort tritt Bärtsch regelmässig mit RONIN auf. Oder besser noch als Tipp für Veranstalter: Holen Sie sich den Schweizer ins Programm!

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