Bild für Beitrag: A LOS MAESTROS DEL TANGO | Fabio Furia & Alessandro Deiana bei Take5
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A LOS MAESTROS DEL TANGO

Fabio Furia & Alessandro Deiana bei Take5

Holzwickede, 20.11.2023
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert

Im Rahmen des Festivals ‚Take5 – Jazz am Hellweg‘ spielten am 16. November Fabio Furia und Alessandro Deiana mit Bandoneon und Gitarre Werke argentinischer Komponisten. Es war ein dunkler ungemütlicher Abend im November. Wer ging da noch vor die Tür, wenns nicht unbedingt sein musste? Für 100 Leute musste es sein und sie erlebten ein ausverkauftes wundervolles Konzert im ‚Haus Opherdicke‘ in Holzwickede. Dieses Haus ist ein ehemaliges Adelsgut, das im 17. Jahrhundert mit einer Gräfte umschlossen wurde. Es hat den Charakter eines Schlosses, in dem viele Ausstellungen und Konzerte stattfinden.

Fabio Furia und Alessandro Deiana - Maestros del Tango

Beide Musiker kommen aus Sardinien und haben zusammen das neue Album ‚A los Maestros‘ veröffentlicht. Mit den ‚Maestros‘, erfuhr ich später, sind aber nicht die Komponisten, sondern zwei andere Duos gemeint, die den beiden als Vorbild dienen: Osvaldo ‚Marinero‘ Montes und Anibal Arias sowie Julio Pane und Juanjo Dominguez sind in Argentinien sehr bekannt und haben nicht nur Tango gespielt.

Das Duo spielt vor allem Stücke aus seinem neuen Album ‚A los Maestros‘. Als zu Anfang ‚Nostalgias‘ von J.C. Cobian ertönt, kommt mir gleich der lyrische Text in den Sinn, der auch zu diesem Novemberabend passen könnte:
„Gime, bandoneón, tu tango gris, quizá a ti te hiera igual, algún amor sentimental, llora mi alma de fantoche sola y triste en esta noche, noche negra y sin estrellas…“
(‚Spiele deinen grauen Tango, Bandoneón, vielleicht leidest auch du unter einer unglücklichen Liebe.‘ klagt meine Marionettenseele, allein und traurig in dieser dunklen Nacht ohne Sterne.‘).



Fabio erzählt mir hinterher, dass auch er beim Spielen innerlich die Texte rezitiert und seinen Vortrag daran orientiert. Gleich zwei Stücke sind aus dem Tango Nuevo von Astor Piazzolla zu hören, darunter ‚Tristezas de un doble A‘. Fabio beginnt es mit einem langen Solo, in dem er sehr virtuos aber die Melodie improvisiert. Improvisation wird hier ohnehin groß geschrieben, auch weil es von vielen Stücken gar keine festen ‚Schreibweisen‘ gibt. Einmal klopft Fabio auf seinem Instrument den Rhythmus, bis dass Alessandro mit der Gitarre ebenso improvisiert und dann beide das berühmte Stück zu einem grandiosen Ende bringen. Riesenapplaus!

Ein Tango von Carlos Gardel ist in solch einem Konzert fast unvermeidlich. ‘El Día que me quieras’, 1934 von Gardel selbst komponiert, hat schon lange Kultstatus erlangt und darf auch hier nicht fehlen. Gardels Musik wird ‚Tango Canción’ genannt, weil die Stücke gesungen werden, oft nur mit der Gitarre ohne Bandoneón. Mit der Zugabe ‚La Comparsita‘ (Matos Rodriguez) findet das Konzert nach 11 Stücken mit begeistertem Applaus ein gelungenes Finale.

Bandoneón und Gitarre

Fabio moderiert auf englisch das Programm sehr rege und freundlich. Zum Bandoneón erzählt er, dass es in Deutschland erfunden wurde und in „rheinischer Stimmung“ angelegt ist. Uli Bär, der Organisator der Festivalreihe, ergänzt später, dass das Instrument im 19. Jahrhundert in Krefeld von Heinrich Band erfunden wurde. Im Ruhrgebiet gab es viele Bandoneón-Vereine, Bergleute haben es sogar mit auf die Arbeit unter Tage mitgenommen.

Bandoneón und Gitarre haben einiges gemeinsam, auf beiden lassen sich Akkorde spielen ohne diese in Einzelnoten auflösen zu müssen wie beim Kontrabass oder bei Blasinstrumenten. Heute wechseln sie sich ab mit Melodie und Akkordbegleitung, wobei das Bandoneón oft im Vordergrund steht.
Doch vieles unterscheidet die beiden Instrumente. Die meist gezupften Gitarrentöne klingen sehr klar, manchmal fast hart und sind voneinander abgegrenzt. Das Bandoneón hat mehr Klangvolumen, klingt weicher, verbindet die Töne oft und zieht sie in die Länge. Gerade in dieser Gegensätzlichkeit ergänzen sich die beiden Musiker mit ihren Instrumenten optimal.

Nach dem Konzert erfahre ich in einem spanisch-italienischen Gespräch, dass alle Komponisten der gespielten Lieder italienischer Herkunft waren. Klar, denn in Buenos Aires waren es vor allem die italienischen Einwanderer, die gerade im Rotlichtmilieu diese Musik und auch diesen Tanz schufen.
Auf die Frage, ob der Tango eine Art ‚Blues Argentiniens‘ ist, antworten Fabio und Alessandro entschieden mit „No“. Der Tango sei viel lebendiger, exaltierter und entspreche der italienischen Mentalität.

Ein tolles Konzert, Fabio und Alessandro zählen sicher selbst zu den Maestros del Tango. Und es sind auch noch weitere Tango-Konzerte in Sicht:

Das Tango Ensemble Contrabajando spielt ‚Die 4 Jahreszeiten‘ von Astor Piazzolla, mit Andreas Heuser, Felicitas Stephan und Uli Bär:
- am SA 16.12.23 19 Uhr wieder in Haus Opherdicke
- am SO 17.12.23 17 Uhr im Kunstmuseum Bochum

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