Bild für Beitrag: 37. Leverkusener Jazztage | Christian Scott Quintett, Robert Glasper Experiment, Lucky Chops
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37. Leverkusener Jazztage

Christian Scott Quintett, Robert Glasper Experiment, Lucky Chops

Leverkusen, 10.11.2016
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Ralf Krieger, Ed Newman, Leverkusener Jazztage Promo

Die Themenabende sind seit Jahren eine Besonderheit der Leverkusener Jazztage. Der 9.11. ist der New Generation Of Jazz gewidmet.

Das erste Konzert spielt das Quintett des aus New Orleans stammenden Trompeters Christian Scott aTunde Ajuah. Vor zwei Jahren war Scott mit Marcus Miller auf den Jazztagen. Nun ist er mit seinem Quintett am Start. Strechmusic nennt er seine Musik, so lautet auch der Titel seines letzten Albums. Ein einfaches Thema, wenige Akkorde oft in ungradem Takt, bilden das Grundgerüst über das Scott und seine Musiker spannende Improvisationen spielen. Sie „dehnen“ die Musik aus: “stretchmusic“.

Als Hintergrund werden fette Beats eingespielt, die von lautem Schlagzeugspiel begleitet werden. Die Band spielt zeitgenössischen Jazz mit Hip Hop und Rock Elementen. Scott spielt selbstentworfene Trompeten, offensichtlich inspiriert von Dizzi Gillespies nach oben gebogenem Horn.

Er spielt mit enormer Energie vor allem in den hohen Registern und weiß dabei musikalisch zu überzeugen.

Scott macht einige Ansagen, die seiner Bestürzung über die Wahl von Trump Ausdruck verleihen. Ihm geht es mit seiner Musik um Miteinander und Integration und nicht um Gegeneinander und Ausgrenzung. Seine Musik sei deshalb sehr politisch. Sein letztes Stück hat den Titel “The Last Chieftain“ und ist seinem Großvater gewidmet, einem schwarzen Indianer, der als Häuptling anerkannt wurde. Das Stück hat einen Grundrhythmus, der aus der indianischen Ritualmusik stammt. Scott und seine Band begeistern das Publikum, dürfen aber aus Zeitgründen keine Zusage geben.

Die zweite Band des “New Generation Abend“ ist Robert Glasper Experiment. Der Pianist aus der Herby Hancock Schule hat viele musikalische Einflüsse in seiner Musik verarbeitet, die er auch nicht unbedingt Jazz nennen will. Hip Hop ist ein wichtiger Einfluss und Rhythm & Blues ein anderer. Für sein Album “Black Radio“ hat er auch einen Grammy im Bereich Rhythm & Blues erhalten. Auf diesem Konzert steht Hip Hop nicht im Mittelpunkt. Der Saxophonist und DJ Casey Benjamin singt zu den meisten Stücken, dazu setzt er einen Vokoder ein.

Insgesamt war der Sound eher ruhiger, manchmal bis an die Grenze von seichtem Retro Rhythm & Blues, obwohl die musikalischen Leistungen der Musiker durchaus überzeugten. Die Sopransaxophon Improvisationen von Casey Benjamin waren großartig und neben dem Pianospiel des Bandleaders war die Schlagzeugarbeit von Mark Colenburg bemerkenswert.

Die letzte Band des Abends, Lucky Chops aus New York City, ist ein Phänomen für sich. Fünf junge Männer die sich von der Musikhochschule kennen, definieren ein Bläserensemble neu. Der Filipino-Amerikaner Raphael Buyo, der Sousaphon spielt, gab den Anstoß zur Band und gründete mit seinen Freunden Leo P am Baritonsax, Josh Holcomb an der Posaune, Daro Behrozzi an Tenorsaxophon und Bassklarinette und Joshua Gawel an der Trompete die Lucky Chops.

Mit der Energie einer Two Tone Skaband und einer gehörigen Punkattitüde spielen die fünf Bläser von einem Drummer begleitet, eigenwillige Cover von Popsongs wie Adeles “Hello“ und eigenes Material. Dabei ziehen sie eine wilde Bühnenshow ab, mit Sprüngen und viel Bewegung. “Hi, we are Lucky Chops and we came all the way from New York City to party with you, are you ready.” Diese Ansage ist Programm und sie schaffen es, dass in Leverkusen im Forum getanzt wird. Aber Lucky Chops sind nicht nur eine Funband mit Musikeern die ihre Instrumente gut beherrschen, sondern sie haben auch Anspruch. Mit dem Stück “Standing“ rufen sie zur Solidarität mit dem Kampf der Indianer gegen eine Ölpipeline durch das “Standing Rock Reservation“ geführt wird. Ein eher ruhiges Stück mit einer elektronisch verfremdeten Bassklarinette.

Lucky Chops, eine sympathische und enorm energetische Band aus dem Grenzbereich von Pop und Jazz, ist es wohl zu verdanken, dass ein sehr junges Publikum in der Halle ist, darunter für Jazzkonzerte ungewöhnlich viele Frauen. Fabian Stiens ist mit den drei Bands des Themenabends „New Generation Of Jazz“ ein guter Griff gelungen. Mit diesen Musikern ist es definitiv gelungen junge Menschen neu an den Jazz heranzuführen.

http://www.leverkusener-jazztage.de/programm/index.php

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