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12 Points im frühsommerlich warmen Porto

12 Points Festival 2012

Porto, 23.02.2012
TEXT: Christoph Giese | FOTO: João Messias & Marek Dusza

Der Eurovision Song Contest als Vorbild? Das in Dublin beheimatete Festival „12 Points“ hat viel eher die Idee dahinter beleuchtet, Europa musikalisch zu vereinen und zusammenzubringen. Und wie beim ESC plötzlich Musiker auftauchen, von denen man zuvor nie gehört hat, sind auch bei „12 Points“ viele unbekannte Gesichter zu entdecken. Zwölf junge Bands aus zwölf Ländern spielen an vier Tagen jeweils gut eine Stunde auf der gleichen Bühne. Drei Konzerte pro Abend also, ein nicht überforderndes Programm, bei dem man dann den jungen Künstlern die ganze Aufmerksamkeit schenken kann. Nachdem das 2007 gestartete Festival die ersten drei Ausgaben immer in Dublin veranstaltete, ging es im vorletzten Jahr erstmals auf Reisen – ins norwegische Stavanger. Das wird fortan alle zwei Jahre passieren und so war jetzt wieder einmal ein Auswärtsspiel angesagt – im herrlich frühsommerlich warmen Porto. Das architektonische musikalische Schmuckstück der Stadt, das „Casa da Música“, entpuppte sich als wunderbarer Spielort.

Gut gefüllt präsentierte sich an allen Abenden der zweitgrößte Saal in dem monolithischen, vieleckigen Gebäude. Und das Publikum bekam eine breite Auswahl zu sehen und zu hören, was im aktuellen Jazz so los ist in Europa. So verwöhnte das Trio „De Beren Gieren“ aus Gent als einziges Klaviertrio dieser Festivalausgabe mit einem feinen Gespür für Romantik, aber auch Groove, mit einer ganz unangestrengten Musik, die zwischen Klassik und Jazz und schönen Melodien und Improvisationslust changierte. Schöne Melodien mit kleinen, herrlichen Stolperfallen zwischendurch hatten auch „Big Blue“ im Programm, das finnische Quartett um Trompeter Jorma Kalevi Louhivuori.

Sein Album „Nebulosa“ hat Hugo Carvalhais mit Tim Berne am Saxofon aufgenommen. Für seinen Auftritt beim „12 Points“Festival holte sich der aus Porto stammende Bassist jedoch erstmals Liudas Mockunas in seine Band. Und der Litauer, ein stürmischer, ein drängender Mann auf dem Saxofon, passte bestens zur Musik des Portugiesen – einer Musik, die offen ist und Freiheiten bietet, die aber ebenso lyrisch und fest umrissen daherkommt und aus diesen beiden Standpunkten ihren Reiz bezieht. „Equilibrium“ - der Albumtitel des „Maciej Obara Quartet“ lässt die Ausgewogenheit in der Musik der vier Polen schon erahnen. Und ja, die Kompositionen des Saxofonisten Maciej Obara sind fein poliert, aber im positiven Sinne. Die Musik fließt, groovt, schimmert verführerisch dunkel, steigt in energetische Höhen und lässt sich dann wieder zurückfallen. Die hohe Schule und ein wunderbarer Festivalbeitrag.

Nicht alles leuchtete so hell in Porto. Die vier Franzosen von „Actuum“ wirkten irgendwie bemüht in ihrer Wildheit, mit möglichst krummen Metren und nervösen Dialogen zwischen Trompete und Saxofon zu begeistern. Da steckte viel Attitüde drin und leider zu wenig musikalisch wirklich Spannendes. Auf Dauer ein wenig einlullend wirkten Marte Eberson und Maria Skranes alias „Machine Birds“ aus Norwegen mit ihren digital aufgepeppten Popballaden. Richtig nett dagegen und auf jeden Fall ein besonderer Farbfleck im Festival war das Projekt „Divanhana“ aus Sarajevo, das mit der erst 18-Jährigen Sängerin Leila Catic melancholische und fröhliche Balkan-Folklore auftischte.

„Schneeweiss und Rosenrot“ vertraten in Porto die deutschen Farben. Und das Berliner Quartett zeigte einmal mehr, dass es zwischen Jazz und Pop mit Klängen und Worten herrlich spielen kann. Mit „Girls in Airports“ hatte Festivalchef Gerry Godley die richtige Band an den Schluss seines Festivals gesetzt, denn die fünf Jungs (!) aus Kopenhagen mit ihren auch mal afrikanischen Vibes, kraftvollen Rhythmen und gleich doppelten Saxofon-Salven im alten Stil brachten gegen Mitternacht noch einmal so richtig Schwung in die Bude. 12 Points – zwölf Punkte nicht nur dafür, sondern für das gesamte supersympathische Festival, bei dem die Musiker nicht nur ihr Stündchen auf der Bühne hatten, sondern die ganzen Tage in der Stadt bleiben konnten, um an zwei Seminaren, gemeinsamen Abendessen und anderen Aktivitäten teilzunehmen

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