Bild für Beitrag: 12 Jahre Magie | Punkt 2016
Bild für Beitrag: 12 Jahre Magie | Punkt 2016

12 Jahre Magie

Punkt 2016

Kristiansand, 08.09.2016
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese

Genau ein Dutzend Mal fand es bislang im südnorwegischen Kristiansand statt, das Punk-Festival. Und auch wenn es mit Blick auf die allererste Ausgabe gewachsen ist – „Punkt“ ist noch immer das intime, familiäre Musikfest geblieben, das es immer war. Trotz der wachsenden Popularität, auch international. Denn längst haben die beiden Macher Jan Bang und Erik Honoré ihr Konzept eines Festivals, das auf Live Remixen basiert, in die Welt getragen. Mit Gastspielen in vielen Städten Europas oder Asien oder wie zuletzt im Sommer erstmals auch bei der weltgrößten Jazzveranstaltung, dem Montreal Jazz Festival.

Jan Bang, der inzwischen an der Universität von Kristiansand das Fach Elektronische Musik lehrt, führt nun langsam die nächste, die junge Generation ans Festival heran. Bestes Beispiel war in diesem Jahr sein Schüler Simen Løvgren, der die Ehre hatte, den Remix des mit viel Spannung erwarteteten Release-Konzertes von Tigran Hamasyan, Arve Henriksen, Eivind Aarset und Jan Bang zu gestalten. Gemeinsam haben diese vier Ausnahmemusiker für das Münchner ECM-Label das Doppel-Album „Atmosphères“ eingespielt, das auch live magische Momente hat. Die Folklore-Melodien des Armeniers Komitas Vardapet im Verbund mit Jazzimprovisationen und den elektronischen Spielereien und live gesampelten Klängen von Jan Bang ergeben eine betörende Mischung. Und Remixer Simen Løvgren schaffte es anschließend, in einem dröhnenden Schwall von Sounds kleine feine Partikel des Konzertes schlüssig einzubauen. Große Kunst von allen Beteiligten! Da wirkte der Auftritt von Bugge Wesseltofts „New Conception Of Jazz“ wie eine Reise zurück in 1970er Fusion-Zeiten. Vier junge Damen hat der so maßgeblich an der Verbreitung von Elektronik im Jazz beteiligte Wesseltoft aktuell um sich geschart. Und die Damen können auch gut spielen, aber das neue Konzept trotzdem nicht davor bewahren, irgendwie gestrig zu klingen.

Dachte man im letzten Jahr mit dem Kino in Kristiansand endlich wieder einen festen Spielort für das Mutterschiff „Punkt“ gefunden zu haben, ging es dieses Mal wieder zurück in den Club „Kick“, da das Kino die Order erhielt, seine Säle doch lieber mit zahlungsfreudigen Cineasten und nicht mit Musikliebhabern zu füllen. Immerhin lief an zwei Tagen der wundervolle, weil so voller persönlicher Gedanken und Empfindungen steckende Film von Laurie Anderson, „Heart Of A Dog“, als Rahmenprogramm des Festivals in dem Filmtempel. Das passte, war Laurie Anderson doch 2014 selbst in Kristiansand, um bei Punkt zusammen mit Arve Henriksen aufzutreten.

Der norwegische Trompeter ist übrigens einer der Musiker, die bei allen zwölfFestivalausgaben dabei waren und in diesem Jahrgleich zwei Mal zu hören war. Auch in einem Remix. Und die drei Remixer des Konzertes des Erlend Apneseth Trios waren mit viel Überlegung zusammengestellt. Denn im Trio des fantastischen Hardanger Fiddle-Spielers Apneseth befinden sich ebenso zwei Saiteninstrumente wie auch beim Remix-Trio mit eben Arve Henriksen, Gitarrist Stian Westerhus und Lautenspieler Rolf Lislevand. Wo Apneseth eine herrlich nach norwegischer Folklore duftende, packende Musik spielte, wurden diese von Arve Henriksen und seinen beiden Mitstreitern gefühlvoll und mit geschickt eingesetzter Elektronik weiterverwoben. Ein Highlight sicherlich, was man vom anschließenden Auftritt des in Norwegen mit Preisen überhäuften Popduos „Band Of Gold“, das in Quartettstärke spielte, nicht sagen konnte. Die Musik: belanglos, ohne sonderlich griffige Melodien. Und auch die Stimme von Sängerin Nina Elisabeth Mortvedt blieb eher blass.

Es kann eben nicht immer alles bei einem Festival zünden. Wie erfrischend, weil ungewöhnlich anders war da der Remix des Duos Jon S. Lunde und Morten Liene vom Auftritt der norwegischen Pianistin Ingfrid Breie Nyhus am Eröffnungsabend des Festivals. Tanz, Bewegung, auch der Lautsprecher im Raum, und detailreiche Klangcollagen aus dem Computer mischten sich zu einer Performance, die erst gegen Ende konkret Bezug nahm auf das zuvor gehörte Klavierkonzert.


Suche