NEW POLISHed TUNES
Vitold Rek und Leszek Ządło beim Bochumer Musiksommer
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert, Emanuela Danielewicz
Beim Bochumer Musiksommer am letzten Sonntag fanden im Rahmen der 1. "Polnischen Woche" auf der Bühne zwischen Propsteikirche und Kuhirten-Denkmal mehrere Konzerte mit polnischen Musikern statt. Neben Daniel Manrique-Smith, Kasia Bortnik und anderen trat am Nachmittag das Duo von Vitold Rek und Leszek Ządło auf - ein wirklich hochkarätiges Konzert.
Beide Musiker kommen ursprünglich aus Krakau, leben aber in Deutschland und sind in der ganzen Welt unterwegs. Sie engagieren sich seit langem für die deutsch-polnische Verständigung und unterrichteten als Lehrer und als Professoren an Musikschulen und Hochschulen.
Vitold Rek (*1955) spielt Kontrabass; mit bedeuteten internationalen Jazzern hat er schon gespielt wie dem berühmten polnischen Trompeter Tomasz Stanko, aber auch mit den Mangelsdorff-Brüdern, Charlie Mariano, Heinz Sauer und vielen anderen. Und immer noch ist er als Bassist eine wichtige Größe in der europäischen Jazzszene. Vitold gründete 2008 die Bochumer Künstler- und Kulturinitative Kosmopolen und tritt immer wieder in Bochum auf.
Leszek Ządło (* 1945) spielt Alt- und Sopransaxofon. Schon früh ging er von Krakau nach München, wo er u. a. mit dem Polski Jazz Ensemble die Solidarność-Bewegung unterstützte. In den 70ern gehörte er zur ORF-Big Band, wirkte auch an Produktionen von Dexter Gordon, Friedrich Gulda, Dusko Goykovich mit und spielte mit unterschiedlichen Musikern wie z. B. Alan Skidmore, Gerd Dudek, Volker Kriegel und Biréli Lagrène. Zadlo ist seit 2003 Professor an der Hochschule für Musik in Würzburg.
- POLISHed TUNES
Der Auftritt des Duos fasziniert unmittelbar, denn mit den beiden steht viel Lebens- und Musikerfahrung auf der Bühne. Das persönliche Schicksal der beiden in den letzten 70 Jahren polnischer Geschichte steht ihnen in den Gesichtern geschrieben, wenn sie vorsichtige Kritik an den politischen Verhältnissen in Polen äußern.
Das Konzert beginnt mit Polonez Krakau Loup und Out of the East. Leszek kann zu jedem Stück eine Geschichte erzählen, denn die ersten beiden Stücke hat er selbst geschrieben. Die melancholische Grundstimmung des Konzerts wird schon hier deutlich.
Nach dem Standard Alone together – das man auch als Aufruf zur Solidarität verstehen kann – dann die berühmte Komposition von Krzysztof Komeda: Rosemary's Lullaby, auch Sleep Safe and Warm genannt. Dieses Stück wurde 1968 für Roman Polanski's Film Rosemary's Baby geschrieben und damals von Mia Farrow gesungen. Das Duo spielt sehr ergreifend. Vorher war noch die Rede von den Verhältnissen in Polen und jetzt betont Leszek wie gut es sei, in Deutschland zu leben. Und nun spielen die beiden dieses Wiegenlied. Etwas wehmütig spielt Leszek im Sitzen die Melodie, Vitold steht daneben und spielt energisch seinen Kontrabass - Melancholie und Widerstand - ein Wiegenlied für Polen?
Mit einem recht flott gespielten Some other Blues beendet das hochvirtuose Duo sein einstündiges Konzert. Schade, dass dieses Konzert von Weltklasse nur am Rande stattfand, obwohl es sicher eines der besten war und mehr Beachtung verdient hätte.
"Sleep safe and warm" (K.Komeda) - Leszek Żądło Jazz Ensemble (2021)
Im Rahmen der Polnischen Woche findet am Mi 31.08 im Kunstmuseum Bochum zum Tag der Solidarität & Freiheit eine Veranstaltung statt:
- Lesung und Diskussion mit DARIUSZ MUSZER aus dem Buch: Gottes Homepage, eine Distopie über Erinnerungskultur in fast ferner Zukunft, deutsch- polnisch
- KONZERT mit ROBERT KUSIOLEK – Akkordeon und ELENA CHEKANOVA – Live Elektronik