свобода і мир - Freiheit und Frieden
Solidaritätskonzert
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Vera Marzinski
Auf Initiative der ukrainischen, in Köln lebenden Musikerin Tamara Lukasheva fand am sechsten Abend nach Kriegsausbruch in der Ukraine das besondere Konzert „свобода і мир - Freiheit und Frieden“ unter großer Beteiligung als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine im „Stadtgarten“ in Köln statt.
In einem Interview an diesem Tag wurde Tamara Lukasheva gefragt, was sie mit dem Konzert erreichen möchte und ob es eine Waffe gegen Putin sei. Sie fühle sich machtlos und habe keine Ahnung von Waffen, antwortete sie darauf, aber „alles was Liebe, Freude, zusammen sein ist, ist Putins Feind“. Eingerahmt von der ukrainischen Nationalhymne hatte Tamara Lukasheva kurzfristig Stücke zu einem Programm zusammengestellt, das aus ukrainischen Liedern sowie Eigenkompositionen und Improvisationen der beteiligten Künstler*innen in unterschiedlichen Besetzungen bestand. Die Ansagen dazwischen zweisprachig (deutsch/englisch), da das Konzert in den nächsten Tagen auf verschiedenen europäischen Sendern ausgestrahlt wird.
Im vollbesetzten Konzertsaal – unter 2G+-Regelung - des Stadtgartens waren unter anderen auch die stellvertretende Bürgermeisterin Brigitta von Bülow, Kölns Kulturdezernent Stefan Charles und WDR-Kultur-Programmchef Matthias Kremin. WDR 3 sendete das Konzert live an diesem Abend und es konnte über die Homepage des Stadtgartens per Live-Stream verfolgt werden. Alle Eintritte, Gagen und Einnahmen gehen als Spenden an Musiker*innen in der Ukraine. Unter dem Link https://stadtgarten.de/programm/freiheit-solidaritaetskonzert-5421 ist der Stream weiterhin zu sehen. Zudem ist ein Spendenkonto eingerichtet, das über diese Seite weiter verfügbar sein wird.
Die Schirmherrin, Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, hielt per Video eine Ansprache, in der sie ihr tiefempfundenes Mitgefühl aussprach. „Viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt am Rhein stammen aus der Ukraine und bangen um ihre Angehörigen!“, so Reker. Die Friedensdemo am Rosenmontag sei eine Botschaft – Köln bekenne sich nicht nur zum Frieden, sondern handle mit einem großen Herzen.
свобода і мир - Freiheit und Frieden
Von Köln aus ist die ukrainische Hauptstadt Kiew rund 1.600 Kilometer Luftlinie weit weg, nur unwesentlich weiter, rund 1.800 Kilometer, ist Odessa am Schwarzen Meer. Von dort stammt Tamara Lukasheva . Bisher wurde Odessa verschont, berichtete Lukasheva. Und das Schwarze Meer stürme in den letzten Tagen so sehr, dass man von dort aus nicht nach Odessa kommen könnte. Zum ukrainischen Wiegenlied "Oi,hodit' son" erklärte sie: „die ukrainische Musik kann sanft sein wie die Hand einer Mutter, aber auch sehr lustig“. Doch diese lustigen Lieder könne sie an diesem Abend nicht gut singen, wenn ihre Familie in Angst lebe. Dennoch pendelte nicht nur das Stück „Schalndi (Odessa Song)" von Moll nach Dur – es drückte die Stimmung des Konzertes aus.
Ukrainisch-russiches Trio
Mit zwei besonderen Sängerinnen - Taya Chernishova aus Moskau und Marianna Sadovka aus dem ukrainischen Lwiw/Lemberg – sang Tamara Lukascheva gemeinsam das ukrainische Volkslied „Oi u poli drevo“ und betonte: „Damit wollen wir zeigen, dass es nicht unser Krieg ist! Keiner will diesen Krieg ! Wir müssen zusammenstehen!“. Marianna Sadovska bat inständig darum, dass alle russischen Menschen erfahren müssten, was tatsächlich passiere. „Unsere Völker sind gegen diesen Krieg und wir kämpfen alle zusammen für Frieden an diesem sechsten Kriegstag - heute sind wir alle Ukrainer!“.
Ein weiteres traditionelles Stück stammte aus der westlichen Region der Ukraine mit einem Text von Matthias Schriefl. Eine Hymne, die Lemberg mit dem Allgäu verbinde. Der Text sei eigentlich nicht wirklich witzig, so Lukasheva, die Musik jedoch fröhlich und tänzerisch. Das Stück „Teche richenka“ erzählt von einer jungen Frau, die selbst entscheiden möchte, wie sie leben will. Dieses Lied habe im Moment eine ganz andere Bedeutung für Lukasheva: „die Ukraine kämpft um selber zu entscheiden, wie das Land seinen Weg gehen soll“. Das Stück „Where are you from“ hatte Marianna Sadovska über die Flüchtlinge 2014 geschrieben und es passt heute genauso gut.
Trembita (ukrainisch трембіта) heißen die Alphörner in der Ukraine. Sie seien nur etwas kleiner, erzählte Lukasheva zu dem Stück „In den Bergen“, das sie gemeinsam mit Matthias Schriefl – und einem Alphorn – vortrug. Neben dem Alphorn spielte Schriefl auch Trompete, Tuba, Euphonium und Waldhorn, Instrumente, die zwar auch in der klassischen Musik ihren Platz haben, aber vor allem in der Volksmusik und in traditioneller Brass-Musik. Auch das Akkordeon kam zum Einsatz. Nicht nur Schriefl unterstützte die ukrainische Sängerin beim kurzfristig initiierten Konzert – Freitag geplant und Dienstag bereits umgesetzt. Zunächst am Piano Clemens Orth , am Kontrabass Jakob Kühnemann und Schlagzeuger Dominik Mahning. Mit der ukrainischen Sängerin Marianna Sadovka standen E-Bassist Janko Hanushevsky, Drummer Christian Thomé und Pianist Jarry Singla auf der Bühne sowie Posaunist Janning Trumann . Gänsehautmomente erzeugte vor allem das gemeinsame Stück der drei Sängerinnen.
Tamara Lukashva und Matthias Schriefl im Gespräch
Tamara Lukasheva ist eine vielfach mit renommierten Musikpreisen ausgezeichnete Sängerin und Komponistin. Sie studierte am Konservatorium in Odessa und an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, wo sie heute lebt. Musik ist ihre Muttersprache – und ihr Mittel, um Eindrücke, Begegnungen und Alltag zu verarbeiten. Und um etwas Neues zu erschaffen, das wiederum andere Menschen berührt; über Grenzen und musikalische Kategorien hinweg. Mit diesem Konzert hat sie – gemeinsam mit musikalischen Wegbegleiter*innen sowie weiteren Kölner Musiker*innen sehr berührt und ein musikalisches Zeichen für den Frieden und gegen den Krieg in der Ukraine gesetzt.