Vertrauen zueinander haben
Gespräch mit Lektron über Improvisation und Bandchemie
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Bernd Zimmermann, Stefan Pieper
So sehr sich Julian Maier-Hauff (Saxofon, Trompete, Keyboards, Elektronik etc.), Tobias Schmitt (Bass) und Dominik Fürstberger (Schlagzeug) von allen einengenden Vorausplanungen freispielen, so sehr lebt in der künstlerischen Haltung von Lektron eine befreite Philosophie von Jazz im eigentlichen Sinne!
Lektron setzen ihre Instrumente als eigene universelle Sprache ein, um neue Ideen befreit atmen zu lassen. Zwischen langer Anreise zum Nordsternturm und Konzertauftritt zeigten sich die drei Musiker ausgesprochen kommunikativ.
Ihr macht eine ganze Reihe verschiedene Sachen und seid ja auch ganz nebenbei äußerst profilierte Jazzmusiier. Wofür steht die Band Lektron in diesem Ganzen?
Lektron ist ein Projekt, wo wir alles, was wir gemacht haben, einbringen können. Alles, was ich gelernt haben, soll ja auch mal einen praktischen Nutzen haben. Bei Lektron funktioniert das alles kompromisslos. Weil wir Vertrauen zueinander haben.
Wie definiert ihr eure persönlichen Schnittstellen?
Uns sind einfach dieselben Faktoren wichtig. Und wir sind ja auch lustige Zeitgenossen. Wir legen auf ähnliche Sachen wert. Wenn wir irgendwo sind, wollen wir unseren Spaß haben. Und vor allem auch die Leute daran teilhaben lassen. Wir teilen ein freiheitsliebendes Konzept. Wir sind offen für neuen Input, wir können uns gegenseitig inspirieren. Jeder von uns ist auch in anderen Projekten involviert. Wenn wir dann zusammen kommen, ist auch immer etwas Neues da. Jeder ist an einem neuen Punkt.
Freiheitsliebende Konzepte sind immer gut. Es gibt heute ja viel zu viel Angepasstheit. Brecht ihr bewusst aus?
Man muss natürlich realistisch sein. Es ist ja nicht alles immer möglich, da würde man ja beliebig werden. Aber es kann sich ja auch schon in kleinen Momenten ein ganzes Universum auftun.
Der Fokus unserer Band liegt auf sehr filigranen Unterschieden in der Musik. Wir sind uns irgendwann der Tatsache bewusst geworden, dass es viel wichtiger ist, einen Ton hundertprozentig zu spielen, als fünfzig Töne zehnprozentig. Vor allem aus dieser Erkenntnis haben wir wahnsinnig viel gelernt. Man muss seine Statements klar formulieren, aber auch Kompromisse eingehen können. Aber auf die Parameter irgendwelcher Standards fokussieren wir uns nie. Viel wichtiger ist die Konzentration auf den Moment. Und das ist dann ja noch ein wahnsinniges Freiheits-Statement.
Wie setzt ihr solche Ideale auf der Bühne um?
Uns geht es um die Verschmelzung von akustischen mit elektronischen Klängen. Beides hat die gleiche Wertigkeit. Viel Wert legen wir darauf, dass alles tanzbar ist. Manchmal wandelt es sich auch mitten im Konzert. Da ist die Musik im einen Moment noch so ein Kunst-Ding, wo die Leute still zuhören – und schon im nächsten Moment fangen alle an zu tanzen.
Die Verbindung zum Publikum ist das allerwichtigste. Ein Konzert soll kein totes Produkt sein, was man nicht nach Hause nehmen kann. Ein Konzert ist viel mehr ein Happening. Drei interagierende Musiker können im Idealfall die Stimmung aufgreifen - und noch mehr Dinge herauskitzeln, als es ein guter DJ kann. Das ist halt die spannende Schnittstelle, die wir gesucht haben. Dieser Ansatz kann auch auf etwas Konzertantes übertragen werden. Wir haben auch Erfahrungen mit Straßenmusik gemacht. Da bekommt man zuweilen die absurdesten Reaktionen und muss immer spontan reagieren.