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Worüber Schweigen unmöglich ist ...

Ein Portrait über Natalie Kies

Gelsenkirchen, 22.06.2014
TEXT: Bernd Zimmermann | FOTO: Natalie Kies

Ihr Credo. "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist." (Victor Hugo). Großartige Musik macht sie süchtig, lässt ihre musikalische Phantasie wachsen und beflügelt sie Neues zu schaffen, zu experimentieren und einen eigenen musikalischen Weg zu gehen.

Obwohl es zu Beginn ganz anders aussah. Bereits als 5-jährige erkletterte die kleine Natalie in ihrem damals oberschlesischen Elternhaus mit Begeisterung den Klavierstuhl, übte klassische Stücke und klebte förmlich an den Noten, die sie faszinierten. Doch daneben wuchs noch etwas. Ein wenig neidisch blickte sie auf die, die sich einfach nur ans Klavier setzen konnten und drauf los spielten. Im Laufe der Jahre sollte genau der Wunsch ihnen das gleichzutun, aus den unterschiedlichsten Gründen, immer stärker werden. Zunächst aber war Disziplin angesagt.

Nach der Übersiedlung nach Deutschland mussten da erst einmal andere Dinge bewältigt werden. Neue Welt, neue Schule, Abitur. Danach, brav zum Studium des klassischen Gesangs und des klassischen Klaviers an "die Folkwang" in Essen. Probleme mit ihrer Professorin, über die sie heute noch nicht gerne spricht, die aber wieder den alten Wunsch entfachen ließen: Frei spielen, improvisieren. Es folgten erste workshops im Jazzgesang und das Klavier wurde zum Experimentierfeld. Dann ein weiteres Gesangsstudium im Bereich Jazz/Pop in Arnheim. "Vor allem aber Musik hören ist mir wichtig. Die Inspiration des Gesangs von Kurt Elling, Gretchen Parlato oder das Klavierspiel eines Shai Maestro oder Taylor Eigsti oder die Musik des Bassisten Avishai Cohen gehörten und gehören dazu. So kommt es auch schon mal vor, dass ich eine für mich beeindruckte Improvisation transkribierte, um sie in ihrer Art und Weise zu erfassen."

Nun ist mittlerweile der Knoten geplatzt, ohne die Wurzeln zu vergessen oder gar zu verteufeln. Und so sagt sie heute selbstbewusst, dass für sie alles um sie herum Inspirationsquelle ist. Manchmal reicht es eine laute Straße entlang zu laufen, einen Rhythmus wahrzunehmen, der zu einem Ohrwurm wird. Ein anderes mal ist es eine einzige Harmonie die sie fasziniert, sie in eine bestimmte Stimmung versetzt, aus der ein Song erwachsen kann. Oder vielleicht nur ein einziges Wort. Auf jeden Fall - und das ist ihr wichtig, gibt es nicht den einen Weg.

Natalie Kies experimentiert mit vielfältigen Rhythmen und außergewöhnlichen Harmonien. Obwohl ihre Kompositionen zum Teil auch poppigen Charakter haben, lassen sie dennoch Raum für improvisatorische Elemente und Einflüsse. Diese Grenzwanderung zwischen unterschiedlichen Musikstilen und - epochen macht ihre Songs aus.

Die Texte entstehen aus Themen die sie beschäftigen, mit denen sie sich auseinander setzt. "Oft haben meine Texte einen persönlichen Bezug, aber genauso gern beobachte ich die Welt und die Menschen um mich herum. Dann versuche ich in Worte zu fassen, was andere Menschen genauso bewegt wie mich selbst. Wenn sich dann andere Menschen in meinen Texten wieder finden, oder vielleicht sogar ihre eigenen Gedanken darin entdecken können, ist das für mich was ganz Besonderes."

Ihre Musik ist wie ihr Lebensweg... nicht gradlinig, sondern verschlungen, labyrintisch... mit Umwegen und Stopps, angekommen am Rande ihrer eigenen musikalischen Welt, die für sie so groß und voller reizvoller Kontraste und viel Raum für Entfaltung bietet.

Im Jahr 2011 gründete sie ihre eigene Band: das Natalie Kies Trio. Neben ihr, Gael Petrina (Paris) am Bass und Simon Scheibel (Köln) am Schlagzeug. Mit ihnen hat sie zwei Partner gefunden, mit den sie harmoniert, die das, was sie mit ihrer Musik ausdrücken will verstehen.

Mittlerweile sind auch die Aufnahmen für die erste CD im Kasten. Verträumt, groovig, mal poppig, mal ganz schön jazzig. Vielfältig und variantenreich intonierend der Gesang. Eine Musik, die erfrischend nicht gleich ins Ohr geht und nach kürzester Zeit abgenudelt im CD-Regal landet. Eine Musik, die dem Hörer was bietet.

Jedoch die CD ist zwar im Kasten, aber noch lange nicht im - wie sagte man früher - Plattenladen. Und spätestens hier tritt die andere Seite eines professionellen Musikerslebens in Erscheinung. Neben der inspirierenden, so viel Spaß machenden Kreativ-Abteilung ist Natalie da auch noch ihre eigene PR- und Marketingmanagerin sowie Bookerin.

Das bedeutet, morgens die oft frustierende und zermürbende Bookingarbeit zu machen, trotz des meistens "gegen die Wand laufens" mit viel Diszplin und konsequent am Ball zu bleiben, nicht aufzugeben. Da wird im Internet nach Veranstaltern und Spielstätten recherchiert, um dann die Bewerbungen und Anfragen zu starten. Dann hinterhertelefonieren, Anrufbeantworter besprechen, Absagen abholen mit den immer gleichen Begründungsvarianten, Mails schreiben, auf Antwort hoffen, Material verschicken. Auch die Erstellung und Bereitstellung des Promomaterials ist ihre Sache. Eine one-woman-show. Die Jungs haben ihre eigenen Projekte, um die sie sich ebenfalls kümmern (so bleibt wenig Zeit für Hilfe), und sie ist froh und können wenig helfen. Aber sie ist glücklich, zwei so kongeniale und treue Partner gefunden zu haben.

Sie sieht das alles aber dennoch recht locker: "Das gehört halt dazu", sagt sie, "obwohl man sich natürlich hier und da Unterstützung und Beratung wünschen würde." Dieser Teil des Beruflebens als Profimusiker wurde aber schon in der Ausbildung aussen vorgelassen. Jetzt ist die Suche z.B. nach einem passenden Label mühsam, zeitraubend und wohl auch Glücksache. Welche Hoffnungen sie in die erste eigene CD legt? "Schauen wir mal. Wichtig ist jetzt erst einmal, dass ich meine Arbeit der letzten drei Jahre irgendwann in Händen halten kann. Außerdem macht eine eigene CD sicherlich auch bei Veranstaltern was her."

Aufgeben unter diesen Bedingungen kommt für Natalie nicht in Frage. Zur Zeit hält sie sich mit einem Job als Musiklehrerin über Wasser. Und der Rest wird sich zeigen. Gerne würde sie sich mehr für die Jazzszene engagieren und mehr machen, aber dafür bleibt, zumindest im Moment, keine Zeit.

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