Viel Freiraum

Interview mit Frederik Köster

Köln, 20.04.2013
TEXT: Melek Geçer | FOTO: Bernd Zimmermann

Klassik, Rock/Pop, Jazz… sind einige der Genres, die es im deutschen Musikmarkt gibt. Bei vielen MusikerInnen bzw. Bands wird die Genre-Einteilung sehr kritisch behandelt. Oftmals bestehen die meisten MusikerInnen darauf zu sagen: „Unsere Musik ist crossover…irgendwie von allem ein bisschen!“

Gerade im Jazz ist es in der Gegenwart schwierig alles in eine Kategorie zu fassen. Aber möchte sich der heutige Jazz überhaupt in eine Schublade stecken lassen??? Vielleicht brauchen wir mehr als nur eine Schublade um den Jazz zu definieren, so wie er uns präsentiert wird.

Frederik Köster hat mit seinem neuen Quartett „Die Verwandlung“ und dem gleichnamigen Album gezeigt, wie er den Jazz musikalisch definiert und interpretiert.

Am 17.04.2013 war Frederik Köster Im Alten Pfandhaus mit mir im Gespräch und stand Rede und Antwort bezüglich seines neuen Albums „Die Verwandlung“:

Melek Geçer:„Frederik, wie unterscheidet sich dein neues Album „Die Verwandlung“ von deinen vorherigen Veröffentlichungen?“

Frederik Köster: „Es hat sich vieles konzeptionell getan, wenn man z.B. meine letzten drei Quartett-Platten betrachtet. Es ist erst mal eine andere Besetzung und dabei sind auch komplett neue Musiker, was alleine dazu reicht einen komplett neuen Sound herzustellen, weil jeder anders Tick und anders Spielt. Generell ist das aber so, dass das vorherige Quartett hatte eine Gitarre anstelle eines Klaviers dabei. Das hat den Sound in eine ganz andere Richtung geprägt. Es war eher viel rockiger, alternativer, manchmal etwas trashiger. Natürlich wie der Tobias mit seinen Effekten gearbeitet hat und konzeptionell war es auch anders dadurch, dass sehr viel festgelegt und arrangiert war, d.h. wir hatten teilweise monsterlange Suiten die eine dreiviertel Stunde gedauert haben und es war auch ein bisschen so festgelegt wo die Energiepunkte hingehen. Das wollte ich mit dem neuen Projekt aufbrechen: Ich wollte eigentlich mit ganz wenig Information und mit ganz wenig Kompositionsmaterial ins Rennen gehen. Teilweise haben die Stücke nur zwei, vier, acht Takte und daran kann man sich eine Weile dann aufhalten und drehen und wenden wie man will, so dass sie sich live nochmal immer wieder ganz neu verwandeln. Das ist auf jeden Fall eine Idee warum das Projekt „Die Verwandlung“ heißt. Das man eben im Konzert es schafft ganz viel Freiraum zu haben und nur wenig vorgegebenes. (…) Auf der Platte sind die Stücke noch ein bisschen purer darauf und wenn man sie live erlebt dann merkt man, dass wir die Stücke schon ein paarmal gespielt haben und sie sich auch immer ein bisschen verändern.“
Melek Geçer: „(…) Du sagtest gerade bei deinen Ankündigungen viele Inspirationsquellen genannt, dass du da die Nordamerika Reise hattest. Auf deiner Homepage stand auch der Bezug zu Kafka´s Werk „Die Verwandlung“. In wie fern hat dich dies inspiriert?

Frederik Köster: „ (…) Also ich versuche gar nicht irgendwelche Handlungsstränge zu interpretieren, manchmal sind es nur einfach Stimmungen. Bei der Verwandlung ist es so, dass ich die Kurzgeschichte gelesen habe. Aber jetzt nicht direkt das Stück auf Kafka abzielen will. Das ist eher so, dass ich es als schönen Querverweis zur Literatur fand. Aber auch die Verwandlung des Konzeptes und der Band, dass es komplett neue Leute sind. So plakative Namen wie „die Verwandlung“ haben immer mehrfache Bedeutungen. (…)“

Melek Geçer: „(…) Das erste Stück habe ich im ersten Teil sehr experimentell empfunden. Im zweiten Teil wurde das Arrangement jedoch festgelegter. Bei dem Stück „Tengo“ hatte das Klavier einen Cembalo-Sound und klang klassisch-romantisch. (…) Ich finde du hast an diesem Abend mit deiner Arbeit präsentiert, wie andere Musikgenres bzw. verschiedene musikalische Elemente mit Jazz funktionieren können. Es ist wie ein bunt zusammengefügtes Mosaik. Wie bis du an diese Vermischung der verschiedenen Elemente herangegangen?“

Frederik Köster: „(…) Stimmt, es gibt ganz verschiedene Facetten, dass wir z.B. was experimentelles Anspielen, Balladen(…). Das ist genau, dass was du eben erwähnt hast zeitgenössischer Jazz ist wie ein Mosaik, überall von allen Seiten beeinflusst. Von der klassischen Musik, von der Pop-Musik (…). Wir sind ja alle nicht nur Jazz-Musiker. Wir nehmen auch andere Musiken war und so versuche ich auch Individualität in meine Musik einzubringen.“(…)

Jazz kann neben improvisierten Elementen auch einen festes Thema beinhalten, was aber immer Raum lässt neue, unentdeckte Klänge, aber auch sehr vertraute Melodien einzubinden. Jazz ist das hier und jetzt und lebt mit ihrer Live-Performance!

Es ist doch der Moment des Improvisierens, was dazu führt eine komplett neue Atmosphäre in der Kommunikation zwischen den Musikern im Stück zu schaffen. So klingt der Jazz von Frederik Köster „Die Verwandlung“ auch nie live genauso wie auf dem Album und das Konzert in Köln auch nicht so wie sein nächstes in Hürth.

Als Jazzliebhaberin empfehle ich also wärmstens: Geht zum Konzert! Schaut Euch die Show an! Lass Euch mitreißen! Und erst danach könnt Ihr Euch die Platte kaufen! Denn dann schockiert Euch auch nicht die klaren ausgeschrieben Linien auf der Platte und die anders klingenden Improvisationsstellen!
So könnt Ihr sagen: ´Das Konzert war klasse und jetzt habe ich auch die Platte und kann die schönen Melodien jeder Zeit überall genießen!´“

 

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