Und wieder Chaos!
Das peinliche Ringen um die Luca-App
TEXT: Bernd Zimmermann |
Sie sollte die Kultur schnell wieder möglich machen, nun behindert das Gerangel um die Luca-App eine schnelle Einführung der digitalen Erfassung von Konzertbesuchern zur effektiven Nachverfolgung von Infektionen.
Entscheidung und Klärung auf unbestimmte Zeit vertagt
Medienwirksam forderte Smudo von den Fanta4 in den letzten Wochen den bundesweiten Einsatz der von ihm und SAP-nahen Entwicklern erstellten Luca-App. Aktuell bricht, wie zu erwarten war, unter dem großen Interesse von Konzertveranstaltern, Gastronomen, Einzelhändlern und vielen anderen Bereichen die mit Kunden und Besuchern zu tun haben und dem zähen Bemühen die Gesundheitsämter davon zu überzeugen sich mit Luca zu verbinden die Organisation zusammen. An den Telefonen der neXenio GmbH, einer Ausgründung des von SAP-Mitbegründer gegründeten Hasso-Plattner-Instituts laufen die Telefonansagen heiß. Auf Mails erfolgt eine automatische Antwort mit dem Hinweis, dass es mehrere Tage dauern kann, bis man eine Antwort erhält. Haben wir so viel Zeit?
Smudo, der selbsternannte Kulturretter tut dabei so, als wäre die Luca-App das einzige geniale Instrument zur effektiven Nachverfolgung des Infektionsgeschehens und damit zur Unterbrechung der Infektionsketten. Dabei bietet die Luca-App bis heute nicht einmal die so wichtige Schnittstelle zur Kontaktdatenverfolgungssoftware SORMAS, deren Anwendung in den Gesundheitsämtern schon längst eine Selbstverständlichkeit sein sollte, aber bis heute immer noch keine ist.
Geht's doch nur um die Kohle?
Nun wurde bekannt, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern für die Lizenz zur landesweiten Nutzung der App 440.000 Euro zahlt. Macht man eine extrem ungenaue Hochrechnung, würde das auf alle Bundesländer hochgerechnet mindestens 7.000.000 € bedeuten. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl, Anzahl der Gesundheitsämter und in Frage kommenden Nutzer der App würde wohl eine Lizenz für NRW um ein Vielfaches mehr kosten. Steckt also hinter alldem letztendlich auch nur finanzielle Interessen?
So komisch es vielleicht klingt, wäre das sogar nicht sonderlich schlimm, denn schließlich geht es darum, möglichst schnell mit intelligenten Systemen die Nachverfolgung und damit effiziente Unterbrechung von Infektionsketten wieder zu ermöglichen. Wenn Smudo & Co jetzt aber mit aller Macht versuchen, das Monopol in Deutschland zu bekommen und mit fadenscheinigen Argumenten wie "verschiedene Apps würde die Menschen nur verwirren", gleichzeitig aber die wichtige Schnittstelle zur zum Kontaktpersonenmanagementsystem SORMAS nicht anbietet und auch nicht bereit ist die Schnittstelle für andere App-Anbieter zu öffnen oder sich an der Festlegung eines gemeinsamen Standards zu beteiligen, wird eine schnelle Einführung der digitalen Kontaktpersonen-Erfassung massiv behindert. Denn neben der Luca-App - oder besser lange vor der Luca-App - gibt und gab es viele, zum Teil in der Entwicklung weiter fortgeschrittenere und bereits in der Praxis bewerte Apps auf dem Markt, die sogar eine Schnittstelle zu SORMAS bieten.
Probleme mit den Gesundheitsämtern
Wie bereits zu Beginn erwähnt, scheint es aktuell - wie kann es auch anders sein - Probleme zu geben, die Gesundheitsämter an Luca anzubinden. Kein Wunder - denn so manche arbeiten bereits mit anderen Apps. Auf der Luca-Website (https://www.luca-app.de/mein-luca/) kann gecheckt werden, ob ein Gesundheitsamt bereits an Luca angeschlossen ist. Ohne diese Anbindung macht der Einsatz keinen Sinn.
Mögliche Konsequenzen
Das Verhalten von Smudo & Co. hat so gar nichts mehr mit dem selbst formulierten Anspruch zu tun, mit digitalen Mitteln für die Kultur wieder die Türen zu öffnen. Im Gegenteil: Das Beharren auf die Alleinstellung und die Weigerung zur Kooperation mit anderen Anbietern verzögert nun in nicht zu verantwortender Weise eine schnelle, flächendeckende Einführung und Nutzung.
Sollte nun jemand auf die Idee kommen, Kulturveranstaltungen unter der Voraussetzung einer effektiven elektronischen Besuchererfassung wieder zu öffnen, könnte dann diese Haltung Grund für eine weitere Verzögerung sein. Die Alternative wieder Zettel ausfüllen zu lassen ist in der derzeitigen Lage vollkommen sinnlos.
Wäre es da nicht besser gewesen mit Öffnungen noch mindestens 10 Tage zu warten und in dieser Zeit die App-Entwickler zu zwingen einen gemeinsamen Standard festzulegen?.