Außergewöhnliche, künstlerische und innovative Leistungen
Deutscher Jazzpreis 2024
TEXT: Vera Marzinski | FOTO: Niclas Weber
Bereits zum vierten Mal wurde der Deutsche Jazzpreis vergeben. Moderiert wurde der Abend im ausverkauften Kölner E-Werk von Hadnet Tesfai und Götz Bühler.
480.000 € Preis- und Nominierungsgelder für künstlerische und innovative Leistungen in 22 Kategorien gab es, wobei jeder der Nominierten 4000 € erhielt. Die vierte Ausgabe des deutschen Jazzpreises fand am 18. April in Kooperation mit der Stadt Köln und dem Land Nord Nordrhein-Westfalen im E-Werk statt und zeigte die Vielfalt der Szene. Das konnten die Gäste schon bei den Live-Acts erleben. Das „Omer Klein Trio“ mit klarer, melodiöser Tonsprache und raffinierten harmonischen sowie rhythmischen Umbrüchen. Ganz anders Saxophonistin Angelika Niescier mit ihrer grenzenlosen Energie, einer reichen Palette an Farben und virtuoser Technik, die gemeinsam mit Pianist Alexander Hawkins die Konturen des europäischen Jazz neu zu definieren scheint. Wiederum ganz anders der dritte Live-Act. Als bester internationaler Künstler wurde der US-amerikanische Jazz-Pianist Kenny Barron ausgezeichnet, der eine Kostprobe seines Könnens gab.
Der 1943 in Philadelphia geborene Barron experimentierte an der Seite von Größen wie Dizzy Gillespie, Chet Baker, Freddie Hubbard und auch Sten Getz mit nahezu allen Spielarten des zeitgenössischen Jazz. Bei der Preisverleihung im E-Werk ließ er das Publikum spüren, weshalb er seit Jahrzehnten zu den einflussreichsten Vertretern des modernen Jazz-Pianos zählt. Nicht minder beeindruckend eine weitere Jazzgröße: Eine „Legende in der deutschen Jazzszene“, hieß es in der Begründung zur Auszeichnung von Alexander von Schlippenbach für sein Lebenswerk, der zudem in der Kategorie „Piano/Tasteninstrumente“ gewann. Für ihn sei es immer wichtig, Entwicklungen im Jazz nicht nur nachzuvollziehen, sondern sie mitzugestalten, hieß es in der Laudatio. Mit seinem Trio zog er Klangspuren in der Internationalen Jazzszene. Diese Musik ist ein ziemlich gutes Antidepressivum, habe eine Zuschauerin einmal betont. Weitere Preise gingen an das Shuteen Erdenebaatar Quartet, das zum „Ensemble des Jahres“ gekürt wurde, als „Album des Jahres“ konnte sich „Awake“ der Berlinerin Mirna Bogdanović durchsetzen. In der Kategorie "Künstler des Jahres" gewann der Jazz-Saxophonist und Komponist Bendik Giske.
Viele herausragende Künstlerische Leistungen
„Diese Auszeichnungen, die die herausragendsten künstlerischen Leistungen in Deutschland und weit darüber hinaus würdigen, sind schnell zu einem vertrauenswürdigen Maßstab auf der ganzen Welt geworden. Ich bin geehrt, dieses Jahr zum zweiten Mal, nun als Teil der Hauptjury, daran mitzuwirken.“, so der US-amerikanische Musikkritiker und Autor Nate Chinen über den Deutschen Jazzpreis und seine Aufgabe als Mitglied der Hauptjury. Claudia Roth, MdB Staatsministerin für Kultur und Medien, war leider nicht persönlich anwesend, betonte aber in ihrer Videobotschaft: „ Jazz, bedeutet für viele Musiker:innen und für viele Zuhörer:innen pure Freiheit Jazz kann uns an den Wert der Freiheit erinnern. Er kann uns Mut machen und Kraft schenken.“ Die Initiative Musik richte den Preis aus und stehe als Einrichtung verbindlich für die Werte des Jazz und positioniere sich unmissverständlich für Vielfalt und Demokratie, so Roth. Durch die Kooperation mit der „jazzahead!“ und der „Cologne Jazz Week“ sei der Deutsche Jazzpreis gleich ein halbes Jahr – vom Frühjahr bis zum Herbst - präsent.
Jazz gehöre seit Jahrzehnten zu Köln, so Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Köln könne auf eine lange Jazz-Tradition zurückblicken und verfüge über eine der kreativsten und lebendigsten Jazzszenen in Europa. Viele Studierende kämen hier an die Hochschule. Zu denen gehörte auch Janning Trumann , der in Köln studierte und nicht nur den Preis in der Kategorie „Blechblasinstrument“ erhielt, sondern dessen vielseitiges Engagement weit über das Spiel hinausgeht, wie es auch in der Laudatio hieß. So gehört er zum Kopf der „Cologne Jazz Week“, bei der vom 31. August bis 7. September auch einige der Preisträger des Deutschen Jazzpreises auftreten werden.
Es gab auch noch neben dem Sonderpreis für von Schlippenbachs Lebenswerk zwei weitere Sonderpreise - zum einen für die journalistische Leistung von „#Challenge 1923“ Ulrich Habersetzer sowie der Sonderpreis der Jury, der an „The Creative Music Studio CEO Foundation by Karl Berger“ ging. Das 1973 gegründete Creative Music Studio in Woodstock fördert die Auseinandersetzung des Jazz mit internationalen Musikkulturen und prägte dadurch die Spielweise vieler US-Jazzmusiker. Dazu eine Danksagung per Video von Karl Bergers Ehefrau und Jazzsängerin Ingrid Sertso und Tochter Savia, die vom Lebensweg des 2023 verstorbenen Berger erzählten und der Gründung von CMS. Es gehe nicht nur um Unterricht, sondern die Musiker zu stärken und entdecken zu lassen, was in ihnen sei, betonte Sertso.
Das aktuelle und kreative Spannungsfeld innerhalb des Jazz präsentierte der Deutsche Jazzpreis wie in einem Spotlight. Sozusagen ein enormes Potenzial an erneuerbaren Energien. Die Preise seien eine großartige Möglichkeit, die Aufmerksamkeit auf Jazz zu lenken, so Nate Chinen, Sprecher der Jury. „Die Welten des Jazz und der improvisierten Musik umfassen im Jahr 2024 ein atemberaubendes Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten, eine Realität, die sich in den Nominierungen für den diesjährigen deutschen Jazzpreis manifestiert“. In einer Zeit, in der so vieles in unserer Kultur und Politik spalte, zeige uns die Musik einen Weg nach vorn. „Vor allem, wenn sie mit so viel Integrität und Gefühl Tiefe geschaffen und geteilt wird“.
Deutscher Jazzpreis 2025 wieder in Köln
Seit 2021 wird der Deutsche Jazzpreis von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (damals Monika Grütters, heute Claudia Roth) vergebenen. Zunächst in insgesamt 31 Kategorien, die nun auf 22 reduziert wurden. Und nächstes Jahr findet der Deutsche Jazzpreis wieder in Köln statt, verriet Kölns Oberbürgermeisterin.
Eine Aufzeichnung der Preisverleihung gibt es in der ARD Mediathek und auf dem YouTube-Channel des Deutschen Jazzpreises. In Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Preisträger in der Kategorie „Festival des Jahres“ präsentiert der Deutsche Jazzpreis am 6. September 2024 im WDR Funkhaus, im Stadtgarten und im Loft Konzerte von: Frank Gratkowski (nominiert “Holzblasinstrumente”) mit In Cahoots feat. Ingrid Laubrock Immanuel Wilkins Quartet (Preisträger „Live Act des Jahres international“) Jakob Bänsch (Preisträger „Debüt-Album des Jahres“) Lesley Mok (Preisträger:in „Debüt-Album des Jahres international“) Alexander von Schlippenbach (Preisträger „Lebenswerk“ und “Piano/Tasteninstrumente”). Tickets für die Konzerte sind auf der Website der Cologne Jazzweek erhältlich.