Pascal Niggenkemper
Umtriebiger Artist in residence im ORT in Wuppertal
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker
Der Deutsch-Franzose Pascal Niggenkemper gilt als einer der interessantesten und abenteuerlichsten Kontrabassisten im Spannungsfeld zwischen improvisierter und zeitgenössischer Musik mit einer ihm eigenen Sprache. In Wuppertal ist er bis zum 9. Oktober Artist in Residence. Für den in Paris und New York lebenden Musiker ist Wuppertal kein unbekanntes Terrain: Er war bereits im Mai bei der Eröffnung der diesjährigen KlangArt-Saison in Tony Craggs Skulpturenpark Waldfrieden einer der Akteure des beliebten Wandel-Konzertes. Seine ORT-Residency gestaltet Pascal Niggenkemper wie alle KünstlerInnen vor ihm vollkommen frei, niemand hat dies jedoch bisher „mit vollem Programm“ so exzessiv genutzt.
Das Interview mit Pascal Niggenkemper führt Heinrich Brinkmöller-Becker.
Wie fühlt man sich als Artist in Residence in Wuppertal?
Voller Vorfreude auf die anstehenden Konzerte und Begegnungen. Ich bin glücklich, ein Monat im ORT in Wuppertal zu sein, Zeit zu haben, um an meiner Musik und Ideen zu arbeiten, mit Mitmusikern zu spielen und die Wuppertaler Musikszene kennen zu lernen.
Wie kam es zu der „Residenzschaft“?
Ich habe in New York zufällig Mitglieder des ORTs getroffen, und so kam es zu der Idee.
Spielte bei der deiner Zusage zur residence der Ort - das ORT - mit besonderem Bezug zu Peter Kowald dieser eine Rolle?
Auf jeden Fall. Peter Kowald ist ein großer Musiker, der mich inspiriert hat. Er hat die Musikszene in Deutschland und international geprägt und ist Mitbegründer/Entwickler des europäischen Free Jazz. Viele Musiker, die ich während meiner USA-Tourneen kennen gelernt habe, kennen Peter Kowald und seine Musik.
Siehst du Unterschiede zwischen der Musik von Peter Kowald und der Generation von Peter Kowald und dem, was du machst, Parallelen?
Es ist schwierig mich mit Peter Kowald zu vergleichen…
Peter Kowald war ein Visionär, der neue Wege aufzeigen konnte, sehr inspirierend war und Menschen direkt berühren konnte. Ein Musiker in Kommunikation mit verschiedenen Kulturen, den Dialog suchend. Eine Persönlichkeit, deren Musik etwas Klares ausstrahlt mit einem starken Statement.
Dinge die sich eventuell überschneiden:
Ich bin wie Peter Kowald am Solospiel interessiert und arbeite im Solo wie in verschiedenen Ensembles an eigenen Spielideen und einer eigenen Sprache.
Auch ist es mir wichtig, Kommunikation mit Musikern aus anderen Ländern und Kulturen anzustoßen.
Unterschiedlich ist eventuell, dass ich dies auch in der geschriebenen Musik suche, mich gerne im Spannungsfeld mit Neuer Musik sowie experimenteller Musik umgebe und mit Präparationen arbeite.
Als artist in residence wartest du mit „vollem Programm“ auf: Wie kam es zur Auswahl der jeweiligen Mitstreiter?
Ich habe wie folgt meine Musiker ausgesucht:
- Musiker, mit denen ich an bestehenden Ideen arbeiten werde. z.B. Liz Kosack und Philip Zoubek werden in den ORT kommen und wir werden Konzerte spielen. Beide sind Teil meines Sextetts ‘le 7ème continent’, und wir arbeiten an einem neuen Programm mit Synthesizern und Clavichorden, welches wir in Prag im November präsentieren werden;
- Musiker, mit denen ich schon immer zusammen spielen wollte und die anreisen werden wie Toma Gouband und John Butcher;
- Musiker aus der Wuppertaler Szene, die ich musikalisch kennen lernen werde: Ute Völker, Maik Ollhoff, Gunda Gottschalk, das Ossenbeck Quartet sowie den Tänzer Milton Camilon, mit denen ich immer schon mal spielen wollte.
- Musiker, die ich kennen lernen werde und die im Moment auf Tour sind: East-West Trio
- Künstler, die ich aus NYC kenne und die auf der Durchreise sind: Steve Dalachinsky & Yuko Otomo.
Du bist ein umtriebiger Musiker mit internationaler Erfahrung.
Wie nimmst du die Jazzszene in Deutschland/in Nordrhein-Westfalen wahr?
Da ich seit 2005 in NYC und seit letztem Jahr in Paris lebe, habe ich nicht wirklich einen guten Überblick. Es freut mich zu sehen, dass es in Köln das IMPAKT Kollektiv gibt.
Wie reagiert das Publikum international auf deine Musik?
Generell bin ich überrascht zu sehen, dass das Publikum keine Berührungsängste mit ihm unbekannter und 'freier' Musik hat.
Dein letztes Album `7ème continent’ spielt vom Titel und den einzelnen Tracknamen auf die Müllkatastrophe der Weltmeere an. Verstehst du dich als politischer Musiker?
ich sehe mich als Musiker, der seine Ideen vermittelt. Dazu gehört in meinem Fall die Reflexion über Gesellschaft und Umwelt. Dadurch kommen zwangsläufig aktuelle Themen zum Ausdruck.
Hast du besondere Erwartungen/Wünsche zur residence in Wuppertal?
Meine neue Soloideen fertig zu stellen.
In welcher „Traum-Combo“ würdest du am liebsten spielen?
Mit Roscoe Mitchell, Pauline Oliveros und Jaki Liebezeit.